Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

ein Drittel seiner Länder hinter sich hat. Übrigens kommt
dabei noch der innere Werth in Betrachtung, den die Pro-
vinzen in Beziehung auf den Krieg haben.

Eben so muß der 4. Vortheil mit dem Vorschreiten
wachsen.

Aber es ist von diesen beiden letzten zu bemerken,
daß ihr Einfluß auf die im Kampf begriffenen Streit-
kräfte selten schnell fühlbar ist, sondern daß sie erst lang-
samer auf einem Umwege wirken und daß man also um
ihrer willen den Bogen nicht zu scharf spannen, d. h. sich
in keine zu gefährliche Lage begeben soll.

Der 5. Vortheil kommt wieder erst in Betracht wenn
man schon bedeutend vorgeschritten ist und die Gestalt des
feindlichen Landes Gelegenheit giebt, einige Provinzen von
der Hauptmasse zu trennen, die dann wie abgebundene
Glieder bald abzusterben pflegen.

Von dem 6. und 7. ist es wenigstens wahrscheinlich
daß sie mit dem Vorschreiten wachsen, wir werden übri-
gens von beiden weiter unten sprechen.

Gehen wir jetzt zu den Schwächungsursachen über.

1. Das Belagern, Berennen und Einschließen der Fe-
stungen wird in den meisten Fällen mit dem Vorschreiten
wachsen. Diese Schwächung allein wirkt auf den augen-
blicklichen Stand der Streitkräfte
so mächtig daß sie
in dieser Beziehung leicht alle Vortheile aufwiegen kann. Frei-
lich hat man in neueren Zeiten angefangen Festungen mit
sehr wenigem Volk zu berennen oder gar mit noch weni-
gerem zu beobachten; auch muß der Feind diese Festungen
mit Besatzungen versehen. Nichts desto weniger bleibt es
ein wichtiges Sicherungsprinzip. Die Besatzungen bestehen
gewöhnlich zur Hälfte aus Leuten die vorher nicht mit-

ein Drittel ſeiner Laͤnder hinter ſich hat. Übrigens kommt
dabei noch der innere Werth in Betrachtung, den die Pro-
vinzen in Beziehung auf den Krieg haben.

Eben ſo muß der 4. Vortheil mit dem Vorſchreiten
wachſen.

Aber es iſt von dieſen beiden letzten zu bemerken,
daß ihr Einfluß auf die im Kampf begriffenen Streit-
kraͤfte ſelten ſchnell fuͤhlbar iſt, ſondern daß ſie erſt lang-
ſamer auf einem Umwege wirken und daß man alſo um
ihrer willen den Bogen nicht zu ſcharf ſpannen, d. h. ſich
in keine zu gefaͤhrliche Lage begeben ſoll.

Der 5. Vortheil kommt wieder erſt in Betracht wenn
man ſchon bedeutend vorgeſchritten iſt und die Geſtalt des
feindlichen Landes Gelegenheit giebt, einige Provinzen von
der Hauptmaſſe zu trennen, die dann wie abgebundene
Glieder bald abzuſterben pflegen.

Von dem 6. und 7. iſt es wenigſtens wahrſcheinlich
daß ſie mit dem Vorſchreiten wachſen, wir werden uͤbri-
gens von beiden weiter unten ſprechen.

Gehen wir jetzt zu den Schwaͤchungsurſachen uͤber.

1. Das Belagern, Berennen und Einſchließen der Fe-
ſtungen wird in den meiſten Faͤllen mit dem Vorſchreiten
wachſen. Dieſe Schwaͤchung allein wirkt auf den augen-
blicklichen Stand der Streitkraͤfte
ſo maͤchtig daß ſie
in dieſer Beziehung leicht alle Vortheile aufwiegen kann. Frei-
lich hat man in neueren Zeiten angefangen Feſtungen mit
ſehr wenigem Volk zu berennen oder gar mit noch weni-
gerem zu beobachten; auch muß der Feind dieſe Feſtungen
mit Beſatzungen verſehen. Nichts deſto weniger bleibt es
ein wichtiges Sicherungsprinzip. Die Beſatzungen beſtehen
gewoͤhnlich zur Haͤlfte aus Leuten die vorher nicht mit-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0089" n="75"/>
ein Drittel &#x017F;einer La&#x0364;nder hinter &#x017F;ich hat. Übrigens kommt<lb/>
dabei noch der innere Werth in Betrachtung, den die Pro-<lb/>
vinzen in Beziehung auf den Krieg haben.</p><lb/>
            <p>Eben &#x017F;o muß der 4. Vortheil mit dem Vor&#x017F;chreiten<lb/>
wach&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Aber es i&#x017F;t von die&#x017F;en beiden letzten zu bemerken,<lb/>
daß ihr Einfluß auf die im Kampf begriffenen Streit-<lb/>
kra&#x0364;fte &#x017F;elten &#x017F;chnell fu&#x0364;hlbar i&#x017F;t, &#x017F;ondern daß &#x017F;ie er&#x017F;t lang-<lb/>
&#x017F;amer auf einem Umwege wirken und daß man al&#x017F;o um<lb/>
ihrer willen den Bogen nicht zu &#x017F;charf &#x017F;pannen, d. h. &#x017F;ich<lb/>
in keine zu gefa&#x0364;hrliche Lage begeben &#x017F;oll.</p><lb/>
            <p>Der 5. Vortheil kommt wieder er&#x017F;t in Betracht wenn<lb/>
man &#x017F;chon bedeutend vorge&#x017F;chritten i&#x017F;t und die Ge&#x017F;talt des<lb/>
feindlichen Landes Gelegenheit giebt, einige Provinzen von<lb/>
der Hauptma&#x017F;&#x017F;e zu trennen, die dann wie abgebundene<lb/>
Glieder bald abzu&#x017F;terben pflegen.</p><lb/>
            <p>Von dem 6. und 7. i&#x017F;t es wenig&#x017F;tens wahr&#x017F;cheinlich<lb/>
daß &#x017F;ie mit dem Vor&#x017F;chreiten wach&#x017F;en, wir werden u&#x0364;bri-<lb/>
gens von beiden weiter unten &#x017F;prechen.</p><lb/>
            <p>Gehen wir jetzt zu den Schwa&#x0364;chungsur&#x017F;achen u&#x0364;ber.</p><lb/>
            <p>1. Das Belagern, Berennen und Ein&#x017F;chließen der Fe-<lb/>
&#x017F;tungen wird in den mei&#x017F;ten Fa&#x0364;llen mit dem Vor&#x017F;chreiten<lb/>
wach&#x017F;en. Die&#x017F;e Schwa&#x0364;chung allein wirkt auf <hi rendition="#g">den augen-<lb/>
blicklichen Stand der Streitkra&#x0364;fte</hi> &#x017F;o ma&#x0364;chtig daß &#x017F;ie<lb/>
in die&#x017F;er Beziehung leicht alle Vortheile aufwiegen kann. Frei-<lb/>
lich hat man in neueren Zeiten angefangen Fe&#x017F;tungen mit<lb/>
&#x017F;ehr wenigem Volk zu berennen oder gar mit noch weni-<lb/>
gerem zu beobachten; auch muß der Feind die&#x017F;e Fe&#x017F;tungen<lb/>
mit Be&#x017F;atzungen ver&#x017F;ehen. Nichts de&#x017F;to weniger bleibt es<lb/>
ein wichtiges Sicherungsprinzip. Die Be&#x017F;atzungen be&#x017F;tehen<lb/>
gewo&#x0364;hnlich zur Ha&#x0364;lfte aus Leuten die vorher nicht mit-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0089] ein Drittel ſeiner Laͤnder hinter ſich hat. Übrigens kommt dabei noch der innere Werth in Betrachtung, den die Pro- vinzen in Beziehung auf den Krieg haben. Eben ſo muß der 4. Vortheil mit dem Vorſchreiten wachſen. Aber es iſt von dieſen beiden letzten zu bemerken, daß ihr Einfluß auf die im Kampf begriffenen Streit- kraͤfte ſelten ſchnell fuͤhlbar iſt, ſondern daß ſie erſt lang- ſamer auf einem Umwege wirken und daß man alſo um ihrer willen den Bogen nicht zu ſcharf ſpannen, d. h. ſich in keine zu gefaͤhrliche Lage begeben ſoll. Der 5. Vortheil kommt wieder erſt in Betracht wenn man ſchon bedeutend vorgeſchritten iſt und die Geſtalt des feindlichen Landes Gelegenheit giebt, einige Provinzen von der Hauptmaſſe zu trennen, die dann wie abgebundene Glieder bald abzuſterben pflegen. Von dem 6. und 7. iſt es wenigſtens wahrſcheinlich daß ſie mit dem Vorſchreiten wachſen, wir werden uͤbri- gens von beiden weiter unten ſprechen. Gehen wir jetzt zu den Schwaͤchungsurſachen uͤber. 1. Das Belagern, Berennen und Einſchließen der Fe- ſtungen wird in den meiſten Faͤllen mit dem Vorſchreiten wachſen. Dieſe Schwaͤchung allein wirkt auf den augen- blicklichen Stand der Streitkraͤfte ſo maͤchtig daß ſie in dieſer Beziehung leicht alle Vortheile aufwiegen kann. Frei- lich hat man in neueren Zeiten angefangen Feſtungen mit ſehr wenigem Volk zu berennen oder gar mit noch weni- gerem zu beobachten; auch muß der Feind dieſe Feſtungen mit Beſatzungen verſehen. Nichts deſto weniger bleibt es ein wichtiges Sicherungsprinzip. Die Beſatzungen beſtehen gewoͤhnlich zur Haͤlfte aus Leuten die vorher nicht mit-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/89
Zitationshilfe: Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/89>, abgerufen am 23.11.2024.