p1c_390.001 nichts als eilf Hauptsylben übrig, die von gleicher Länge p1c_390.002 angenommen werden. Giebt man ihnen Quantität, so kann p1c_390.003 man oft eben so gut Jamben herausscandiren, als den ächten p1c_390.004 Hendecasyllabus Phalaeceus. Verse, wie der: p1c_390.005 E questo pianto, ond ho i tuoi piedi aspersi, beym p1c_390.006 Tasso, nähern sich dem Alexandriner. Man findet also p1c_390.007 weder bey den Franzosen, noch bey den Jtalienern und Engländern p1c_390.008 Aufmerksamkeit auf die Quantität der Sylben. Jndessen p1c_390.009 ist zwischen allen neuern Sprachen in Ansehung des p1c_390.010 Zeitmaaßes kein kleiner Unterschied. Die italienischen Worte p1c_390.011 haben oft die Arsis auf der ersten Sylbe und trochäische Ausgänge. p1c_390.012 Dies ist allemal ein Vorzug in Absicht auf das Metrum. p1c_390.013 Daher sagt Klopstock mit Recht: "Hesperien schläft. p1c_390.014 O sie wecke nie die Sayt und das Horn Bragas auf. Flögen p1c_390.015 sie einst deinen Flug Schwan des Glasoor, neidet' ich p1c_390.016 sie." - Jndessen scheint es den Jtalienern an Kürzen, p1c_390.017 die zusammen stehen, zu fehlen. Jhre Daktylen sind schon p1c_390.018 mehr cretici - sola rosseggia e semplice la rosa. - p1c_390.019 nel solitario amico rio. - Die englische Sprache ist p1c_390.020 durch ihr Verschlucken der letzten Sylben in den Worten sehr p1c_390.021 jambisch geworden, wenn sie gleich öfter den Jctus auf p1c_390.022 der ersten Wortsylbe hat, als die deutsche, z. B. nature, p1c_390.023 Natur. Die Engländer haben also Längen und Kürzen, p1c_390.024 aber die Kürzen nur vorn in den Worten. Die daktylischenp1c_390.025 Metra werden für sie, eben wegen des Verschluckens p1c_390.026 der kurzen Endsylben, so schwer, und schwerer seyn, als
p1c_390.001 nichts als eilf Hauptsylben übrig, die von gleicher Länge p1c_390.002 angenommen werden. Giebt man ihnen Quantität, so kann p1c_390.003 man oft eben so gut Jamben herausscandiren, als den ächten p1c_390.004 Hendecasyllabus Phalaeceus. Verse, wie der: p1c_390.005 E questo pianto, ond ho i tuoi piedi aspersi, beym p1c_390.006 Tasso, nähern sich dem Alexandriner. Man findet also p1c_390.007 weder bey den Franzosen, noch bey den Jtalienern und Engländern p1c_390.008 Aufmerksamkeit auf die Quantität der Sylben. Jndessen p1c_390.009 ist zwischen allen neuern Sprachen in Ansehung des p1c_390.010 Zeitmaaßes kein kleiner Unterschied. Die italienischen Worte p1c_390.011 haben oft die Arsis auf der ersten Sylbe und trochäische Ausgänge. p1c_390.012 Dies ist allemal ein Vorzug in Absicht auf das Metrum. p1c_390.013 Daher sagt Klopstock mit Recht: „Hesperien schläft. p1c_390.014 O sie wecke nie die Sayt und das Horn Bragas auf. Flögen p1c_390.015 sie einst deinen Flug Schwan des Glasoor, neidet' ich p1c_390.016 sie.“ ─ Jndessen scheint es den Jtalienern an Kürzen, p1c_390.017 die zusammen stehen, zu fehlen. Jhre Daktylen sind schon p1c_390.018 mehr cretici ─ sola rossēggĭă e sēm̆plĭce la rosa. ─ p1c_390.019 nel solitārĭŏ amico rio. ─ Die englische Sprache ist p1c_390.020 durch ihr Verschlucken der letzten Sylben in den Worten sehr p1c_390.021 jambisch geworden, wenn sie gleich öfter den Jctus auf p1c_390.022 der ersten Wortsylbe hat, als die deutsche, z. B. náture, p1c_390.023 Nătur. Die Engländer haben also Längen und Kürzen, p1c_390.024 aber die Kürzen nur vorn in den Worten. Die daktylischenp1c_390.025 Metra werden für sie, eben wegen des Verschluckens p1c_390.026 der kurzen Endsylben, so schwer, und schwerer seyn, als
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/448>, abgerufen am 23.11.2024.
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