p1c_445.001 wieder aufgehoben wird. Der Dichter hatte seinen guten p1c_445.002 Grund, warum er einen herrschenden Hauptfußp1c_445.003 wählte. Der Deklamator muß also den Gang dieses p1c_445.004 herrschenden Fußes ausdrücken und das Ohr daran gewöhnen. p1c_445.005 Zugleich muß er aber auch alle Schönheiten der mannichfaltigen p1c_445.006 Cäsur ausdrücken, mit welcher der freye Rhythmus p1c_445.007 in das Versmaaß eingreift. Der Deklamator muß p1c_445.008 den Vers durch Hauptcäsuren ungleich eintheilen, doch p1c_445.009 in jeder so abgeschnittnen Tonreihe das metrische Gesetz hören p1c_445.010 lassen. Hat der Dichter eine Hauptcäsur zu viel gebraucht, p1c_445.011 muß der Deklamator dies freylich verbergen. Auch p1c_445.012 durch besondre Nebencäsuren, welche von den kunstmäßigen p1c_445.013 Hauptfüßen verschiedene Wortfüße bilden, muß p1c_445.014 er das Metrum zuweilen aufheben, jedoch den regelmäßigen p1c_445.015 Gang immer wieder herstellen. Was für Worte der Empfindung p1c_445.016 nach metrisch zusammen gehören, um einen vom p1c_445.017 künstlichen Fuß verschiedenen Wortfuß hervorzubringen, p1c_445.018 darüber wird dem Deklamator mehr die Natur, als p1c_445.019 die Regel Auskunft geben. So wird jeder Vorleser von p1c_445.020 Gefühl den Vers des Homer Il. a. 52 durch eine Nebencäsur p1c_445.021 folgendermaßen theilen: Ball' | aiei de purai nekuon p1c_445.022 kaionto thameiai. Er wird den letzten Theil des Verses p1c_445.023 ohne alle weitere Cäsur lesen, weil dadurch das Bild der p1c_445.024 immer fort brennenden Scheiterhaufen am besten ausgedrückt p1c_445.025 wird. Die Elegie von Klopstock: Die künftige p1c_445.026 Geliebte, endet mit folgendem Distichon: "Kaum daß p1c_445.027 noch die fühlende selbst, die unsterbliche Seele - ganz p1c_445.028 die | volle Gewalt | dieser Empfindungen faßt." Wollte
p1c_445.001 wieder aufgehoben wird. Der Dichter hatte seinen guten p1c_445.002 Grund, warum er einen herrschenden Hauptfußp1c_445.003 wählte. Der Deklamator muß also den Gang dieses p1c_445.004 herrschenden Fußes ausdrücken und das Ohr daran gewöhnen. p1c_445.005 Zugleich muß er aber auch alle Schönheiten der mannichfaltigen p1c_445.006 Cäsur ausdrücken, mit welcher der freye Rhythmus p1c_445.007 in das Versmaaß eingreift. Der Deklamator muß p1c_445.008 den Vers durch Hauptcäsuren ungleich eintheilen, doch p1c_445.009 in jeder so abgeschnittnen Tonreihe das metrische Gesetz hören p1c_445.010 lassen. Hat der Dichter eine Hauptcäsur zu viel gebraucht, p1c_445.011 muß der Deklamator dies freylich verbergen. Auch p1c_445.012 durch besondre Nebencäsuren, welche von den kunstmäßigen p1c_445.013 Hauptfüßen verschiedene Wortfüße bilden, muß p1c_445.014 er das Metrum zuweilen aufheben, jedoch den regelmäßigen p1c_445.015 Gang immer wieder herstellen. Was für Worte der Empfindung p1c_445.016 nach metrisch zusammen gehören, um einen vom p1c_445.017 künstlichen Fuß verschiedenen Wortfuß hervorzubringen, p1c_445.018 darüber wird dem Deklamator mehr die Natur, als p1c_445.019 die Regel Auskunft geben. So wird jeder Vorleser von p1c_445.020 Gefühl den Vers des Homer Il. α. 52 durch eine Nebencäsur p1c_445.021 folgendermaßen theilen: Βαλλ' | αἰει δε πυραι νεκυων p1c_445.022 καιοντο θαμειαι. Er wird den letzten Theil des Verses p1c_445.023 ohne alle weitere Cäsur lesen, weil dadurch das Bild der p1c_445.024 immer fort brennenden Scheiterhaufen am besten ausgedrückt p1c_445.025 wird. Die Elegie von Klopstock: Die künftige p1c_445.026 Geliebte, endet mit folgendem Distichon: „Kaum daß p1c_445.027 noch die fühlende selbst, die unsterbliche Seele ─ ganz p1c_445.028 die | volle Gewalt | dieser Empfindungen faßt.“ Wollte
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/503>, abgerufen am 24.11.2024.
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