p1c_033.001 , durch Vernachläßigung der äußern p1c_033.002 Verhältnisse, z. B. im Schauspiel, beleidigen, die Hauptregeln p1c_033.003 der Sprache in Absicht auf Richtigkeit und Verständlichkeit p1c_033.004 nicht aus den Augen setzen, die Sprache für p1c_033.005 das Ohr nicht unangenehm werden lassen. Diese Regeln p1c_033.006 giebt sie; kategorisch positive Jmperative hat p1c_033.007 aber die Poetik nicht. Sie kann nicht angeben, wie ein p1c_033.008 Kunstwerk schöner zu machen, wie eine Dichtungsart zu organisiren p1c_033.009 sey. So wenig, wie sie das höchste Maaß des Schönen p1c_033.010 bestimmen kann, eben so wenig kann sie die Grade der Approximation p1c_033.011 in den einzelnen Kunstwerken durch Begriffe p1c_033.012 angeben. Jhr höchster ästhetischer Jmperativ ist schaffe,p1c_033.013 erhebe dein Kunstwerk zur schönsten lebendigsten Organisation, p1c_033.014 non satis est pulcra esse poemata, dulcia p1c_033.015 sunto. Horat. Und dieser Jmperativ ist nur ein Echo der p1c_033.016 innern Stimme, welche das Genie lange vor dem Poetiker p1c_033.017 vernahm. Was die Poetik Positives hat, ist also p1c_033.018 Theorie, classifizirte Betrachtungen, abstrahirt p1c_033.019 von den daseyenden Werken. Definitionen, nicht Urbegriffe p1c_033.020 noch Regeln. Sie beschreibt jede Dichtungsart, p1c_033.021 wie sie der menschliche Geist nach und nach organisirt zu p1c_033.022 haben scheint, nach ihrem innern Zusammenhange, entwikkelt p1c_033.023 die Begriffe, die im Keim der Dichtungsart zu liegen p1c_033.024 scheinen, ohne doch die Dichtungsarten ganz unwiderruflich p1c_033.025 bestimmen zu können, da das Genie immer neue Blumen p1c_033.026 hervorbringt. Positive für das Genie gegebene Regeln p1c_033.027 der Poetik sind Krücken, auf denen der Lahme einhergeht, p1c_033.028 während sie der Gesunde wegwirft. Wenn der Dichter bey
p1c_033.001 , durch Vernachläßigung der äußern p1c_033.002 Verhältnisse, z. B. im Schauspiel, beleidigen, die Hauptregeln p1c_033.003 der Sprache in Absicht auf Richtigkeit und Verständlichkeit p1c_033.004 nicht aus den Augen setzen, die Sprache für p1c_033.005 das Ohr nicht unangenehm werden lassen. Diese Regeln p1c_033.006 giebt sie; kategorisch positive Jmperative hat p1c_033.007 aber die Poetik nicht. Sie kann nicht angeben, wie ein p1c_033.008 Kunstwerk schöner zu machen, wie eine Dichtungsart zu organisiren p1c_033.009 sey. So wenig, wie sie das höchste Maaß des Schönen p1c_033.010 bestimmen kann, eben so wenig kann sie die Grade der Approximation p1c_033.011 in den einzelnen Kunstwerken durch Begriffe p1c_033.012 angeben. Jhr höchster ästhetischer Jmperativ ist schaffe,p1c_033.013 erhebe dein Kunstwerk zur schönsten lebendigsten Organisation, p1c_033.014 non satis est pulcra esse poemata, dulcia p1c_033.015 sunto. Horat. Und dieser Jmperativ ist nur ein Echo der p1c_033.016 innern Stimme, welche das Genie lange vor dem Poetiker p1c_033.017 vernahm. Was die Poetik Positives hat, ist also p1c_033.018 Theorie, classifizirte Betrachtungen, abstrahirt p1c_033.019 von den daseyenden Werken. Definitionen, nicht Urbegriffe p1c_033.020 noch Regeln. Sie beschreibt jede Dichtungsart, p1c_033.021 wie sie der menschliche Geist nach und nach organisirt zu p1c_033.022 haben scheint, nach ihrem innern Zusammenhange, entwikkelt p1c_033.023 die Begriffe, die im Keim der Dichtungsart zu liegen p1c_033.024 scheinen, ohne doch die Dichtungsarten ganz unwiderruflich p1c_033.025 bestimmen zu können, da das Genie immer neue Blumen p1c_033.026 hervorbringt. Positive für das Genie gegebene Regeln p1c_033.027 der Poetik sind Krücken, auf denen der Lahme einhergeht, p1c_033.028 während sie der Gesunde wegwirft. Wenn der Dichter bey
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/91>, abgerufen am 25.11.2024.
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