p2c_579.001 ist, und eine Gemüthsstimmung ausdrückt. Die p2c_579.002 Epistolarform findet sich zwar auch bey Lehrgedichten,p2c_579.003 z. B. Horat. de Arte poetic. Pope Versuch über den p2c_579.004 Menschen. Allein eigentlich sind dies keine poetische Episteln, p2c_579.005 denn der Hauptzweck ist die Darstellung eines p2c_579.006 Systems, welches seiner zufälligen Form nach jemanden p2c_579.007 dedicirt ist. Die Natur einer poetischen Epistel verlangt p2c_579.008 eine freye vertrauliche Unterhaltung, ohne bestimmten p2c_579.009 darstellenden Jnnhalt; hohen lyrischen Ton darf man also p2c_579.010 hier nicht suchen. Vielmehr ist er dem Briefstyl zuwider. p2c_579.011 Ja es scheint zu der poetischen Epistel im engen Sinn des p2c_579.012 Worts, der Scherz nothwendig zu gehören. Denn es p2c_579.013 ist schon eine Art Scherz darinnen, in vertrauten Situationen p2c_579.014 des Lebens den poetischen Ton anzunehmen. Ovids p2c_579.015 Epistolae ex Ponto sind für wahre Elegieen nicht lyrisch p2c_579.016 genug, und für poetische Briefe zu ernsthaft. Man kann p2c_579.017 nicht begreifen, warum der Dichter gewöhnliche Klagen in p2c_579.018 Gedichte bringe. Es fällt einem dabey die Geschichte aus p2c_579.019 des Dichters Jugend ein, wie er bey den Schlägen seines p2c_579.020 Vaters, der ihm die poetischen Grillen austreiben wollte, p2c_579.021 unwillkührlich in einen Hexameter ausbrach. Eben so sind p2c_579.022 Gottscheds und anderer pindarische Lobepisteln eine traurige p2c_579.023 Jdee. Also muß der Dichter, der poetische Episteln p2c_579.024 schreibt, mit einer Art Jronie über sich selbst seinen Einfall p2c_579.025 durchführen. Wollte er auch den schwärmerischen Ton annehmen, p2c_579.026 so muß doch eine gewisse Nüchternheit durchblicken, p2c_579.027 mit der er sich selbst beurtheilt. Das Scherzhafte ist p2c_579.028 in dieser Dichtungsart sonach als herrschender ästhetischer
p2c_579.001 ist, und eine Gemüthsstimmung ausdrückt. Die p2c_579.002 Epistolarform findet sich zwar auch bey Lehrgedichten,p2c_579.003 z. B. Horat. de Arte poetic. Pope Versuch über den p2c_579.004 Menschen. Allein eigentlich sind dies keine poetische Episteln, p2c_579.005 denn der Hauptzweck ist die Darstellung eines p2c_579.006 Systems, welches seiner zufälligen Form nach jemanden p2c_579.007 dedicirt ist. Die Natur einer poetischen Epistel verlangt p2c_579.008 eine freye vertrauliche Unterhaltung, ohne bestimmten p2c_579.009 darstellenden Jnnhalt; hohen lyrischen Ton darf man also p2c_579.010 hier nicht suchen. Vielmehr ist er dem Briefstyl zuwider. p2c_579.011 Ja es scheint zu der poetischen Epistel im engen Sinn des p2c_579.012 Worts, der Scherz nothwendig zu gehören. Denn es p2c_579.013 ist schon eine Art Scherz darinnen, in vertrauten Situationen p2c_579.014 des Lebens den poetischen Ton anzunehmen. Ovids p2c_579.015 Epistolae ex Ponto sind für wahre Elegieen nicht lyrisch p2c_579.016 genug, und für poetische Briefe zu ernsthaft. Man kann p2c_579.017 nicht begreifen, warum der Dichter gewöhnliche Klagen in p2c_579.018 Gedichte bringe. Es fällt einem dabey die Geschichte aus p2c_579.019 des Dichters Jugend ein, wie er bey den Schlägen seines p2c_579.020 Vaters, der ihm die poetischen Grillen austreiben wollte, p2c_579.021 unwillkührlich in einen Hexameter ausbrach. Eben so sind p2c_579.022 Gottscheds und anderer pindarische Lobepisteln eine traurige p2c_579.023 Jdee. Also muß der Dichter, der poetische Episteln p2c_579.024 schreibt, mit einer Art Jronie über sich selbst seinen Einfall p2c_579.025 durchführen. Wollte er auch den schwärmerischen Ton annehmen, p2c_579.026 so muß doch eine gewisse Nüchternheit durchblicken, p2c_579.027 mit der er sich selbst beurtheilt. Das Scherzhafte ist p2c_579.028 in dieser Dichtungsart sonach als herrschender ästhetischer
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/103>, abgerufen am 16.07.2024.
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