Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_631.001 p2c_631.015 p2c_631.001 p2c_631.015 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0155" n="631"/><lb n="p2c_631.001"/> , die sich auf Schrecken und Mitleid gründen, und <lb n="p2c_631.002"/> die man insbesondre <hi rendition="#g">tragisch</hi> nennt, finden hier <lb n="p2c_631.003"/> statt. Die <hi rendition="#g">herrschende</hi> Hauptempfindung muß <lb n="p2c_631.004"/> das <hi rendition="#g">eigentlich Erhabene</hi> seyn, weil die Handlung <lb n="p2c_631.005"/> concentrirt ist, und Freyheit und Schicksal in <lb n="p2c_631.006"/> einem Kampfe zeigt, der sich doch durch die Hoheit <lb n="p2c_631.007"/> des Helden harmonisch enden soll. Alle andre Empfindungen <lb n="p2c_631.008"/> müssen sich darnach richten, müssen diesen <lb n="p2c_631.009"/> Charakter annehmen. Was den Gang in Abwechslung <lb n="p2c_631.010"/> der ästhetischen Gefühle betrifft, so läßt sich folgende <lb n="p2c_631.011"/> Regel behaupten. Die Tragödie muß mit einer <lb n="p2c_631.012"/> <hi rendition="#g">großen</hi> Stimmung beginnen, auf das <hi rendition="#g">Starke, <lb n="p2c_631.013"/> Heftige, Schreckliche</hi> fortgehn, und mit dem <lb n="p2c_631.014"/> <hi rendition="#g">Erhabenen</hi> schließen.</p> <p><lb n="p2c_631.015"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> Die besten Trauerspiele beginnen mit dem <lb n="p2c_631.016"/> <hi rendition="#g">ästhetisch Großen.</hi> Denn es muß eine schauerliche <lb n="p2c_631.017"/> Erwartung erregt werden von den Dingen die kommen <lb n="p2c_631.018"/> sollen. Sophocles versteht dies am besten. Jm Oedipus <lb n="p2c_631.019"/> Tyrannus, das bittende Volk vor dem Könige auf den <lb n="p2c_631.020"/> Knieen mit Zweigen in den Händen. Jm Oedipus Coloneus, <lb n="p2c_631.021"/> der hohe blinde Greis geführt von seiner Tochter in <lb n="p2c_631.022"/> einer einsamen Gegend, sich nahend dem Ort, wo sein <lb n="p2c_631.023"/> Schicksal erfüllt werden soll. Die Antigone, welche im <lb n="p2c_631.024"/> Vorhof in der Nacht der Jsmene ihren Entschluß mittheilt. <lb n="p2c_631.025"/> ─ Jn der Elektra der Pädagog, welcher den Orest in die </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [631/0155]
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, die sich auf Schrecken und Mitleid gründen, und p2c_631.002
die man insbesondre tragisch nennt, finden hier p2c_631.003
statt. Die herrschende Hauptempfindung muß p2c_631.004
das eigentlich Erhabene seyn, weil die Handlung p2c_631.005
concentrirt ist, und Freyheit und Schicksal in p2c_631.006
einem Kampfe zeigt, der sich doch durch die Hoheit p2c_631.007
des Helden harmonisch enden soll. Alle andre Empfindungen p2c_631.008
müssen sich darnach richten, müssen diesen p2c_631.009
Charakter annehmen. Was den Gang in Abwechslung p2c_631.010
der ästhetischen Gefühle betrifft, so läßt sich folgende p2c_631.011
Regel behaupten. Die Tragödie muß mit einer p2c_631.012
großen Stimmung beginnen, auf das Starke, p2c_631.013
Heftige, Schreckliche fortgehn, und mit dem p2c_631.014
Erhabenen schließen.
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Anmerk. Die besten Trauerspiele beginnen mit dem p2c_631.016
ästhetisch Großen. Denn es muß eine schauerliche p2c_631.017
Erwartung erregt werden von den Dingen die kommen p2c_631.018
sollen. Sophocles versteht dies am besten. Jm Oedipus p2c_631.019
Tyrannus, das bittende Volk vor dem Könige auf den p2c_631.020
Knieen mit Zweigen in den Händen. Jm Oedipus Coloneus, p2c_631.021
der hohe blinde Greis geführt von seiner Tochter in p2c_631.022
einer einsamen Gegend, sich nahend dem Ort, wo sein p2c_631.023
Schicksal erfüllt werden soll. Die Antigone, welche im p2c_631.024
Vorhof in der Nacht der Jsmene ihren Entschluß mittheilt. p2c_631.025
─ Jn der Elektra der Pädagog, welcher den Orest in die
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