Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_651.001 p2c_651.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0175" n="651"/><lb n="p2c_651.001"/> durchgeführt wird. 1) Der <hi rendition="#g">objektive</hi> Jnnhalt ist eine <lb n="p2c_651.002"/> unwichtige Begebenheit, ein kleiner scherzhafter Vorfall, <lb n="p2c_651.003"/> eine abentheuerliche Erdichtung, deren Helden Karrikaturen <lb n="p2c_651.004"/> und aus widersinnigen Prädicaten zusammengesetzt sind. <lb n="p2c_651.005"/> Z. B. Homers Batrachomyomachie, oder Frösch- und Mäuse= <lb n="p2c_651.006"/> Krieg, der Streit zweyer Staaten über einen geraubten <lb n="p2c_651.007"/> Wassereymer (von Tassoni) ─ Zachariäs Renomist, Murner <lb n="p2c_651.008"/> in der Hölle. ─ Zuweilen ist die Begebenheit an sich <lb n="p2c_651.009"/> auch wichtig. Voltaires Pucelle, sie ist aber doch von einer <lb n="p2c_651.010"/> lächerlichen Seite gefaßt. 2) Der ästhetische Jnhalt ist <lb n="p2c_651.011"/> das <hi rendition="#g">Lächerliche,</hi> dieses wird bewirkt, sowol durch das <lb n="p2c_651.012"/> Komische im Stoff selbst, als auch durch den wichtigen Ton, <lb n="p2c_651.013"/> der auf eine Kleinigkeit angewendet wird. Zuweilen herrscht <lb n="p2c_651.014"/> eine harmlose Lustigkeit, z. B. in Thümmels Wilhelmine, <lb n="p2c_651.015"/> zuweilen der Ton der <hi rendition="#g">Satyre</hi> gegen einen gewissen Stand <lb n="p2c_651.016"/> z. B. in Boileaus Lutrin gegen die Geistlichkeit, gegen einzelne <lb n="p2c_651.017"/> Menschen, Rosts Vorspiel gegen Gottsched. 3) Der <lb n="p2c_651.018"/> Styl <hi rendition="#g">parodirt</hi> ganz das ernsthasre Heldengedicht. Feyerliche <lb n="p2c_651.019"/> Anrufungen, Beschreibungen, Vergleichungen, alles <lb n="p2c_651.020"/> wird angewendet, um der Erzählung eine komische Würde <lb n="p2c_651.021"/> zu geben. 4) Das Metrum ist, wie das der Epopöe. Zuweilen <lb n="p2c_651.022"/> thut auch eine sogenannte <hi rendition="#g">poetische Prosa</hi> hier <lb n="p2c_651.023"/> gute Wirkung, wie in Thümmels Wilhelmine. Diese kann <lb n="p2c_651.024"/> auch wohl mit Versen abwechseln. 5) Zu dem <hi rendition="#g">komischen</hi> <lb n="p2c_651.025"/> Heldengedicht kann man auch als zufällige Form das <lb n="p2c_651.026"/> <hi rendition="#g">travestirte</hi> heroische Gedicht rechnen. Jn der eigentlichen <lb n="p2c_651.027"/> komischen Epopöe wird ein <hi rendition="#g">komischer</hi> Gedanke ernsthaft <lb n="p2c_651.028"/> vorgetragen, folglich ist das eine <hi rendition="#g">parodirte</hi> Epopöe, </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [651/0175]
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durchgeführt wird. 1) Der objektive Jnnhalt ist eine p2c_651.002
unwichtige Begebenheit, ein kleiner scherzhafter Vorfall, p2c_651.003
eine abentheuerliche Erdichtung, deren Helden Karrikaturen p2c_651.004
und aus widersinnigen Prädicaten zusammengesetzt sind. p2c_651.005
Z. B. Homers Batrachomyomachie, oder Frösch- und Mäuse= p2c_651.006
Krieg, der Streit zweyer Staaten über einen geraubten p2c_651.007
Wassereymer (von Tassoni) ─ Zachariäs Renomist, Murner p2c_651.008
in der Hölle. ─ Zuweilen ist die Begebenheit an sich p2c_651.009
auch wichtig. Voltaires Pucelle, sie ist aber doch von einer p2c_651.010
lächerlichen Seite gefaßt. 2) Der ästhetische Jnhalt ist p2c_651.011
das Lächerliche, dieses wird bewirkt, sowol durch das p2c_651.012
Komische im Stoff selbst, als auch durch den wichtigen Ton, p2c_651.013
der auf eine Kleinigkeit angewendet wird. Zuweilen herrscht p2c_651.014
eine harmlose Lustigkeit, z. B. in Thümmels Wilhelmine, p2c_651.015
zuweilen der Ton der Satyre gegen einen gewissen Stand p2c_651.016
z. B. in Boileaus Lutrin gegen die Geistlichkeit, gegen einzelne p2c_651.017
Menschen, Rosts Vorspiel gegen Gottsched. 3) Der p2c_651.018
Styl parodirt ganz das ernsthasre Heldengedicht. Feyerliche p2c_651.019
Anrufungen, Beschreibungen, Vergleichungen, alles p2c_651.020
wird angewendet, um der Erzählung eine komische Würde p2c_651.021
zu geben. 4) Das Metrum ist, wie das der Epopöe. Zuweilen p2c_651.022
thut auch eine sogenannte poetische Prosa hier p2c_651.023
gute Wirkung, wie in Thümmels Wilhelmine. Diese kann p2c_651.024
auch wohl mit Versen abwechseln. 5) Zu dem komischen p2c_651.025
Heldengedicht kann man auch als zufällige Form das p2c_651.026
travestirte heroische Gedicht rechnen. Jn der eigentlichen p2c_651.027
komischen Epopöe wird ein komischer Gedanke ernsthaft p2c_651.028
vorgetragen, folglich ist das eine parodirte Epopöe,
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