Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

p2c_692.001
ist ein Mißgriff und contrastirt mit dem eigentlichen Wesen p2c_692.002
dieser Dichtungsart. So wie die Alten zuweilen das p2c_692.003
Wunderbare in ihre Jdylle aufnahmen, so haben neuere p2c_692.004
Nazionen das romantische und galante hineingelegt, p2c_692.005
besonders die Spanier, Jtaliener, Franzosen. Dies ist der p2c_692.006
Charakter der Schäferromane von Cervantes, Florian u. s. w. p2c_692.007
Schon in Moschus und Bion ist eine Spur hiervon.

p2c_692.008
Anmerk. 3. Der Styl der Jdylle muß einfach p2c_692.009
seyn, ohne alle Figuren und Metaphern. Denn der p2c_692.010
Gegenstand im Ganzen ist schon Gemälde. Die Phantasie p2c_692.011
würde bey einem zu lyrischen Styl ermüden. Auch p2c_692.012
paßt der einfache Styl am besten für den gewöhnlichen p2c_692.013
Stoff dieser Dichtungsart. Hallers Alpen sind mehr p2c_692.014
Jdylle als erhabenes beschreibendes Gedicht. Der Styl ist p2c_692.015
aber etwas zu bunt. Eben so ist Popes Styl, zuweilen p2c_692.016
selbst Geßners Ausdruck nicht einfach genug. Das Metrum p2c_692.017
der Jdylle muß für sinnliche Beschreibungen p2c_692.018
passen. Daher die Alten und auch die meisten Neuern den p2c_692.019
Hexameter hier gewählt haben. Der Reim scheint am p2c_692.020
wenigsten hier anwendbar zu seyn, wenn die Jdylle nicht die p2c_692.021
Form des Liedes hat. Geßners Prosa ist besser, für p2c_692.022
Geßners Manier, als die Hexameter, zu welchen Ramler p2c_692.023
sie unformte.

p2c_692.024
Anmerk. 4. Die Jdylle nimmt verschiedene zufällige p2c_692.025
Formen an. Die dramatisirende, die Erzählung, p2c_692.026
die Ledersorm. Es giebt sogar Schäferromane, Schäferepopöen

p2c_692.001
ist ein Mißgriff und contrastirt mit dem eigentlichen Wesen p2c_692.002
dieser Dichtungsart. So wie die Alten zuweilen das p2c_692.003
Wunderbare in ihre Jdylle aufnahmen, so haben neuere p2c_692.004
Nazionen das romantische und galante hineingelegt, p2c_692.005
besonders die Spanier, Jtaliener, Franzosen. Dies ist der p2c_692.006
Charakter der Schäferromane von Cervantes, Florian u. s. w. p2c_692.007
Schon in Moschus und Bion ist eine Spur hiervon.

p2c_692.008
Anmerk. 3. Der Styl der Jdylle muß einfach p2c_692.009
seyn, ohne alle Figuren und Metaphern. Denn der p2c_692.010
Gegenstand im Ganzen ist schon Gemälde. Die Phantasie p2c_692.011
würde bey einem zu lyrischen Styl ermüden. Auch p2c_692.012
paßt der einfache Styl am besten für den gewöhnlichen p2c_692.013
Stoff dieser Dichtungsart. Hallers Alpen sind mehr p2c_692.014
Jdylle als erhabenes beschreibendes Gedicht. Der Styl ist p2c_692.015
aber etwas zu bunt. Eben so ist Popes Styl, zuweilen p2c_692.016
selbst Geßners Ausdruck nicht einfach genug. Das Metrum p2c_692.017
der Jdylle muß für sinnliche Beschreibungen p2c_692.018
passen. Daher die Alten und auch die meisten Neuern den p2c_692.019
Hexameter hier gewählt haben. Der Reim scheint am p2c_692.020
wenigsten hier anwendbar zu seyn, wenn die Jdylle nicht die p2c_692.021
Form des Liedes hat. Geßners Prosa ist besser, für p2c_692.022
Geßners Manier, als die Hexameter, zu welchen Ramler p2c_692.023
sie unformte.

p2c_692.024
Anmerk. 4. Die Jdylle nimmt verschiedene zufällige p2c_692.025
Formen an. Die dramatisirende, die Erzählung, p2c_692.026
die Ledersorm. Es giebt sogar Schäferromane, Schäferepopöen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0216" n="692"/><lb n="p2c_692.001"/>
ist ein <hi rendition="#g">Mißgriff</hi> und contrastirt mit dem eigentlichen Wesen <lb n="p2c_692.002"/>
dieser Dichtungsart. So wie die Alten zuweilen das <lb n="p2c_692.003"/> <hi rendition="#g">Wunderbare</hi> in ihre Jdylle aufnahmen, so haben neuere <lb n="p2c_692.004"/>
Nazionen das <hi rendition="#g">romantische</hi> und <hi rendition="#g">galante</hi> hineingelegt, <lb n="p2c_692.005"/>
besonders die Spanier, Jtaliener, Franzosen. Dies ist der <lb n="p2c_692.006"/>
Charakter der Schäferromane von Cervantes, Florian u. s. w. <lb n="p2c_692.007"/>
Schon in Moschus und Bion ist eine Spur hiervon.</p>
            <p><lb n="p2c_692.008"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> 3. Der <hi rendition="#g">Styl</hi> der <hi rendition="#g">Jdylle</hi> muß <hi rendition="#g">einfach</hi> <lb n="p2c_692.009"/>
seyn, ohne alle Figuren und Metaphern. Denn der <lb n="p2c_692.010"/>
Gegenstand im Ganzen ist schon <hi rendition="#g">Gemälde.</hi> Die Phantasie <lb n="p2c_692.011"/>
würde bey einem zu <hi rendition="#g">lyrischen</hi> Styl ermüden. Auch <lb n="p2c_692.012"/>
paßt der einfache <hi rendition="#g">Styl</hi> am besten für den gewöhnlichen <lb n="p2c_692.013"/>
Stoff dieser Dichtungsart. Hallers <hi rendition="#g">Alpen</hi> sind mehr <lb n="p2c_692.014"/>
Jdylle als erhabenes beschreibendes Gedicht. Der Styl ist <lb n="p2c_692.015"/>
aber etwas zu bunt. Eben so ist Popes Styl, zuweilen <lb n="p2c_692.016"/>
selbst Geßners Ausdruck nicht einfach genug. Das <hi rendition="#g">Metrum</hi> <lb n="p2c_692.017"/>
der <hi rendition="#g">Jdylle</hi> muß für <hi rendition="#g">sinnliche</hi> Beschreibungen <lb n="p2c_692.018"/>
passen. Daher die Alten und auch die meisten Neuern den <lb n="p2c_692.019"/>
Hexameter hier gewählt haben. Der <hi rendition="#g">Reim</hi> scheint am <lb n="p2c_692.020"/>
wenigsten hier anwendbar zu seyn, wenn die Jdylle nicht die <lb n="p2c_692.021"/>
Form des <hi rendition="#g">Liedes</hi> hat. <hi rendition="#g">Geßners</hi> Prosa ist besser, für <lb n="p2c_692.022"/>
Geßners Manier, als die Hexameter, zu welchen Ramler <lb n="p2c_692.023"/>
sie unformte.</p>
            <p><lb n="p2c_692.024"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> 4. Die <hi rendition="#g">Jdylle</hi> nimmt verschiedene zufällige <lb n="p2c_692.025"/>
Formen an. Die dramatisirende, die Erzählung,     <lb n="p2c_692.026"/>
die Ledersorm. Es giebt sogar Schäferromane, Schäferepopöen
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[692/0216] p2c_692.001 ist ein Mißgriff und contrastirt mit dem eigentlichen Wesen p2c_692.002 dieser Dichtungsart. So wie die Alten zuweilen das p2c_692.003 Wunderbare in ihre Jdylle aufnahmen, so haben neuere p2c_692.004 Nazionen das romantische und galante hineingelegt, p2c_692.005 besonders die Spanier, Jtaliener, Franzosen. Dies ist der p2c_692.006 Charakter der Schäferromane von Cervantes, Florian u. s. w. p2c_692.007 Schon in Moschus und Bion ist eine Spur hiervon. p2c_692.008 Anmerk. 3. Der Styl der Jdylle muß einfach p2c_692.009 seyn, ohne alle Figuren und Metaphern. Denn der p2c_692.010 Gegenstand im Ganzen ist schon Gemälde. Die Phantasie p2c_692.011 würde bey einem zu lyrischen Styl ermüden. Auch p2c_692.012 paßt der einfache Styl am besten für den gewöhnlichen p2c_692.013 Stoff dieser Dichtungsart. Hallers Alpen sind mehr p2c_692.014 Jdylle als erhabenes beschreibendes Gedicht. Der Styl ist p2c_692.015 aber etwas zu bunt. Eben so ist Popes Styl, zuweilen p2c_692.016 selbst Geßners Ausdruck nicht einfach genug. Das Metrum p2c_692.017 der Jdylle muß für sinnliche Beschreibungen p2c_692.018 passen. Daher die Alten und auch die meisten Neuern den p2c_692.019 Hexameter hier gewählt haben. Der Reim scheint am p2c_692.020 wenigsten hier anwendbar zu seyn, wenn die Jdylle nicht die p2c_692.021 Form des Liedes hat. Geßners Prosa ist besser, für p2c_692.022 Geßners Manier, als die Hexameter, zu welchen Ramler p2c_692.023 sie unformte. p2c_692.024 Anmerk. 4. Die Jdylle nimmt verschiedene zufällige p2c_692.025 Formen an. Die dramatisirende, die Erzählung, p2c_692.026 die Ledersorm. Es giebt sogar Schäferromane, Schäferepopöen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/216
Zitationshilfe: Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/216>, abgerufen am 04.12.2024.