Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_543.001 p2c_543.025 p2c_543.026 p2c_543.001 p2c_543.025 p2c_543.026 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0067" n="543"/><lb n="p2c_543.001"/> Symbol einer höhern Gemüthsstimmung ist, so ist sein <lb n="p2c_543.002"/> Gedicht dennoch eine <hi rendition="#g">Ode,</hi> z. B. die beyden Musen; <lb n="p2c_543.003"/> Skulda von Klopstock; <hi rendition="#aq">Bachum in remotis rupibus vidi. <lb n="p2c_543.004"/> <hi rendition="#g">Hor</hi></hi>. Es ist ein kleines vollendetes Gemälde von einer Empfindung <lb n="p2c_543.005"/> des höhern <hi rendition="#g">Schönen,</hi> die nicht an einen äußern <lb n="p2c_543.006"/> Gegenstand als Jdeal fixirt ist. Was erzählt wird, erregt <lb n="p2c_543.007"/> <hi rendition="#g">als Handlung</hi> nicht das Hauptinteresse, ist auch nicht <lb n="p2c_543.008"/> objektivisirte Jdee, sondern ist nur die Schilderung, das <lb n="p2c_543.009"/> Sinnbild einer interessanten Gemüthsstimmung. ─ Uzens <lb n="p2c_543.010"/> Theodizee, und Drydens Ode auf den Cecilientag stehen <lb n="p2c_543.011"/> vielleicht gerade auf der Gränze zwischen dem Lehrgedicht, <lb n="p2c_543.012"/> der Erzählung und der Ode. ─ Eben wegen der nothwendigen <lb n="p2c_543.013"/> Kürze, welche die Ode verlangt, ist ein großer Dichter <lb n="p2c_543.014"/> an nichts leichter zu erkennen, als an der Art, wie er zu <lb n="p2c_543.015"/> schließen versteht. ─ Der Styl der Ode muß kräftig und <lb n="p2c_543.016"/> gedrängt seyn, kann ans Außerordentliche gränzen. Denn <lb n="p2c_543.017"/> in der Ode koncentrirt sich so zu sagen die Quintessenz der <lb n="p2c_543.018"/> Dichtkunst. Wenn der Styl auch zuweilen seinem Gegenstande <lb n="p2c_543.019"/> zufolge natürlicher ist, so darf er doch nie gedehnt seyn, <lb n="p2c_543.020"/> wie der elegische. Daher das, was die Theoretiker bey den <lb n="p2c_543.021"/> Uebergängen den lyrischen <hi rendition="#g">Sprung</hi> nennen. Alle gewöhnliche <lb n="p2c_543.022"/> Mittelideen werden weggelassen. Kein andrer Dichter <lb n="p2c_543.023"/> wie der Odendichter darf mehr so denken wie Rousseau: <hi rendition="#aq">Lecteur, <lb n="p2c_543.024"/> s'il faut tout vous dire, ne me lisez point</hi>.</p> <p> <hi rendition="#c"><lb n="p2c_543.025"/> §. 5.</hi> </p> <p><lb n="p2c_543.026"/> 4) Da der Styl der Ode gedrängt, kurz und <lb n="p2c_543.027"/> kräftig ist, so paßt für sie auch nur ein Metrum von </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [543/0067]
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Symbol einer höhern Gemüthsstimmung ist, so ist sein p2c_543.002
Gedicht dennoch eine Ode, z. B. die beyden Musen; p2c_543.003
Skulda von Klopstock; Bachum in remotis rupibus vidi. p2c_543.004
Hor. Es ist ein kleines vollendetes Gemälde von einer Empfindung p2c_543.005
des höhern Schönen, die nicht an einen äußern p2c_543.006
Gegenstand als Jdeal fixirt ist. Was erzählt wird, erregt p2c_543.007
als Handlung nicht das Hauptinteresse, ist auch nicht p2c_543.008
objektivisirte Jdee, sondern ist nur die Schilderung, das p2c_543.009
Sinnbild einer interessanten Gemüthsstimmung. ─ Uzens p2c_543.010
Theodizee, und Drydens Ode auf den Cecilientag stehen p2c_543.011
vielleicht gerade auf der Gränze zwischen dem Lehrgedicht, p2c_543.012
der Erzählung und der Ode. ─ Eben wegen der nothwendigen p2c_543.013
Kürze, welche die Ode verlangt, ist ein großer Dichter p2c_543.014
an nichts leichter zu erkennen, als an der Art, wie er zu p2c_543.015
schließen versteht. ─ Der Styl der Ode muß kräftig und p2c_543.016
gedrängt seyn, kann ans Außerordentliche gränzen. Denn p2c_543.017
in der Ode koncentrirt sich so zu sagen die Quintessenz der p2c_543.018
Dichtkunst. Wenn der Styl auch zuweilen seinem Gegenstande p2c_543.019
zufolge natürlicher ist, so darf er doch nie gedehnt seyn, p2c_543.020
wie der elegische. Daher das, was die Theoretiker bey den p2c_543.021
Uebergängen den lyrischen Sprung nennen. Alle gewöhnliche p2c_543.022
Mittelideen werden weggelassen. Kein andrer Dichter p2c_543.023
wie der Odendichter darf mehr so denken wie Rousseau: Lecteur, p2c_543.024
s'il faut tout vous dire, ne me lisez point.
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§. 5.
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4) Da der Styl der Ode gedrängt, kurz und p2c_543.027
kräftig ist, so paßt für sie auch nur ein Metrum von
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