Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_561.001 p2c_561.004 p2c_561.005 p2c_561.018 p2c_561.001 p2c_561.004 p2c_561.005 p2c_561.018 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0085" n="561"/><lb n="p2c_561.001"/> der Dichter selbst spricht. Die <hi rendition="#g">Elegie</hi> correspondirt also <lb n="p2c_561.002"/> völlig der <hi rendition="#g">Ode.</hi> Sie ist für die niedere lyrische Poesie, was <lb n="p2c_561.003"/> die Ode für die höhere ist.</p> <p> <hi rendition="#c"><lb n="p2c_561.004"/> §. 2.</hi> </p> <p><lb n="p2c_561.005"/><hi rendition="#aq">I</hi>. Theorie der <hi rendition="#g">Elegie.</hi> 1) Da die Elegie <lb n="p2c_561.006"/> ein <hi rendition="#g">lyrisches</hi> Gedicht ist, so wird die Gedankenreihe <lb n="p2c_561.007"/> nicht durch einen äußern Gegenstand, der dargestellt <lb n="p2c_561.008"/> werden soll, sondern durch die Gemüthsstimmung <lb n="p2c_561.009"/> des Dichters bestimmt. Alle <hi rendition="#g">Einheit,</hi> welche <lb n="p2c_561.010"/> diese Dichtungsart verlangt, ist, daß die Empfindung <lb n="p2c_561.011"/> des <hi rendition="#g">niedern</hi> Schönen in ihr herrschend sey. Da <lb n="p2c_561.012"/> es aber mehrere Unterarten des niedern Schönen giebt, <lb n="p2c_561.013"/> das Sanfte, die Grazie, das Niedliche, das Naive, <lb n="p2c_561.014"/> so können alle diese darinnen abwechseln. Selbst das <lb n="p2c_561.015"/> <hi rendition="#g">höhere</hi> Schöne kann darinn statt finden. Nur muß <lb n="p2c_561.016"/> es so <hi rendition="#g">modificirt</hi> seyn, daß kein Contrast, keine <lb n="p2c_561.017"/> Stöhrung dadurch veranlaßt werde.</p> <p><lb n="p2c_561.018"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> „Die <hi rendition="#g">Elegie,</hi> sagt ein Kritiker, ist ein <lb n="p2c_561.019"/> <hi rendition="#g">leidenschaftliches</hi> Selbstgespräch.“ Dies ist richtig, <lb n="p2c_561.020"/> in sofern die Leidenschaft nicht <hi rendition="#g">heftig</hi> ist. Die Elegie <lb n="p2c_561.021"/> unterscheidet sich von der Ode dadurch, daß der Dichter <lb n="p2c_561.022"/> sich seiner Leidenschaft mehr überläßt. Der Schwung der <lb n="p2c_561.023"/> Phantasie ist gebundener. Die Vorstellkraft nicht so lebhaft. <lb n="p2c_561.024"/> ─ Das Herz ist mehr durch irgend einen begehrten Gegenstand </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [561/0085]
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der Dichter selbst spricht. Die Elegie correspondirt also p2c_561.002
völlig der Ode. Sie ist für die niedere lyrische Poesie, was p2c_561.003
die Ode für die höhere ist.
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§. 2.
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I. Theorie der Elegie. 1) Da die Elegie p2c_561.006
ein lyrisches Gedicht ist, so wird die Gedankenreihe p2c_561.007
nicht durch einen äußern Gegenstand, der dargestellt p2c_561.008
werden soll, sondern durch die Gemüthsstimmung p2c_561.009
des Dichters bestimmt. Alle Einheit, welche p2c_561.010
diese Dichtungsart verlangt, ist, daß die Empfindung p2c_561.011
des niedern Schönen in ihr herrschend sey. Da p2c_561.012
es aber mehrere Unterarten des niedern Schönen giebt, p2c_561.013
das Sanfte, die Grazie, das Niedliche, das Naive, p2c_561.014
so können alle diese darinnen abwechseln. Selbst das p2c_561.015
höhere Schöne kann darinn statt finden. Nur muß p2c_561.016
es so modificirt seyn, daß kein Contrast, keine p2c_561.017
Stöhrung dadurch veranlaßt werde.
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Anmerk. „Die Elegie, sagt ein Kritiker, ist ein p2c_561.019
leidenschaftliches Selbstgespräch.“ Dies ist richtig, p2c_561.020
in sofern die Leidenschaft nicht heftig ist. Die Elegie p2c_561.021
unterscheidet sich von der Ode dadurch, daß der Dichter p2c_561.022
sich seiner Leidenschaft mehr überläßt. Der Schwung der p2c_561.023
Phantasie ist gebundener. Die Vorstellkraft nicht so lebhaft. p2c_561.024
─ Das Herz ist mehr durch irgend einen begehrten Gegenstand
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