Aehnliches entwickelt sich im Kunstgewerbe weiblicher Kräfte, wenn auch hier als Folge alter Gewohnheiten die berufsmäßige Schulung und die nur hiedurch zu erreichende berufsmäßige Tüchtigkeit vielfach noch die Ausnahme, ein ungeschulter Di- lettantismus die Regel ist.
Ebenso wie in den darstellenden Künsten ist es in der Tagesliteratur. Jn dieser letzteren zumal erweist sich, ähnlich wie in den Künsten, die Gunst des freien Zutritts förderlich, die wenigstens nicht durch die Schranken amtlicher Vorschriften, sondern nur durch elastische Hindernisse beeinträchtigt wird und ge- rade neuerdings sich mehr und mehr davon frei zu machen beginnt. Kann doch die vortreffliche englische Schriftstellerin, Margaret Bateson, in ihrer Umschau über diesen Frauenberuf (Pro- fessional women upon their professions, London, Horace Cox, 1895) den Satz aufstellen: "Jm Journalismus haben die Frauen eine gesichertere Stellung als fast in irgend einer andern Berufsart." Mit ein wenig Geschick und Fleiß erwirbt heute in England eine Journalistin zweihundert bis vierhundert Pfund Sterling jährlich, einzelne viel mehr.
Jn Kürschner's Deutschem Literatur-Kalender für das Jahr 1895 finden sich 1074 weibliche Namen, etwa zwei gleiche Hälften von Verheiratheten und von Unverheiratheten. Aber den deutschen in der Leistungsfähigkeit und im Ansehen voran sind zur Zeit noch die englischen und zumal die amerikanischen Schriftstellerinnen. Schon im Jahre 1891 zählte man in England 800 Journalistinnen (deren es dort im Jahre 1845 nur 15 gegeben hatte). Das (Englishwoman's Yearbook für das Jahr 1896 gibt die Namen von nicht weniger als 56 Zeit-
Aehnliches entwickelt sich im Kunstgewerbe weiblicher Kräfte, wenn auch hier als Folge alter Gewohnheiten die berufsmäßige Schulung und die nur hiedurch zu erreichende berufsmäßige Tüchtigkeit vielfach noch die Ausnahme, ein ungeschulter Di- lettantismus die Regel ist.
Ebenso wie in den darstellenden Künsten ist es in der Tagesliteratur. Jn dieser letzteren zumal erweist sich, ähnlich wie in den Künsten, die Gunst des freien Zutritts förderlich, die wenigstens nicht durch die Schranken amtlicher Vorschriften, sondern nur durch elastische Hindernisse beeinträchtigt wird und ge- rade neuerdings sich mehr und mehr davon frei zu machen beginnt. Kann doch die vortreffliche englische Schriftstellerin, Margaret Bateson, in ihrer Umschau über diesen Frauenberuf (Pro- fessional women upon their professions, London, Horace Cox, 1895) den Satz aufstellen: „Jm Journalismus haben die Frauen eine gesichertere Stellung als fast in irgend einer andern Berufsart.“ Mit ein wenig Geschick und Fleiß erwirbt heute in England eine Journalistin zweihundert bis vierhundert Pfund Sterling jährlich, einzelne viel mehr.
Jn Kürschner's Deutschem Literatur-Kalender für das Jahr 1895 finden sich 1074 weibliche Namen, etwa zwei gleiche Hälften von Verheiratheten und von Unverheiratheten. Aber den deutschen in der Leistungsfähigkeit und im Ansehen voran sind zur Zeit noch die englischen und zumal die amerikanischen Schriftstellerinnen. Schon im Jahre 1891 zählte man in England 800 Journalistinnen (deren es dort im Jahre 1845 nur 15 gegeben hatte). Das (Englishwoman’s Yearbook für das Jahr 1896 gibt die Namen von nicht weniger als 56 Zeit-
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Aehnliches entwickelt sich im Kunstgewerbe weiblicher Kräfte,
wenn auch hier als Folge alter Gewohnheiten die berufsmäßige
Schulung und die nur hiedurch zu erreichende berufsmäßige
Tüchtigkeit vielfach noch die Ausnahme, ein ungeschulter Di-
lettantismus die Regel ist.
Ebenso wie in den darstellenden Künsten ist es in der
Tagesliteratur. Jn dieser letzteren zumal erweist sich, ähnlich
wie in den Künsten, die Gunst des freien Zutritts förderlich,
die wenigstens nicht durch die Schranken amtlicher Vorschriften,
sondern nur durch elastische Hindernisse beeinträchtigt wird und ge-
rade neuerdings sich mehr und mehr davon frei zu machen beginnt.
Kann doch die vortreffliche englische Schriftstellerin, Margaret
Bateson, in ihrer Umschau über diesen Frauenberuf (Pro-
fessional women upon their professions, London, Horace
Cox, 1895) den Satz aufstellen: „Jm Journalismus haben die
Frauen eine gesichertere Stellung als fast in irgend einer andern
Berufsart.“ Mit ein wenig Geschick und Fleiß erwirbt heute
in England eine Journalistin zweihundert bis vierhundert Pfund
Sterling jährlich, einzelne viel mehr.
Jn Kürschner's Deutschem Literatur-Kalender für das Jahr
1895 finden sich 1074 weibliche Namen, etwa zwei gleiche
Hälften von Verheiratheten und von Unverheiratheten. Aber
den deutschen in der Leistungsfähigkeit und im Ansehen voran
sind zur Zeit noch die englischen und zumal die amerikanischen
Schriftstellerinnen. Schon im Jahre 1891 zählte man in
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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/176>, abgerufen am 19.02.2025.
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