Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.die Hindernisse des Rechts mit den sachlichen Hindernissen Namentlich in den gebildeten Classen treffe das zu; sie die Hindernisse des Rechts mit den sachlichen Hindernissen Namentlich in den gebildeten Classen treffe das zu; sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0044" n="28"/> die Hindernisse des Rechts mit den sachlichen Hindernissen<lb/> zusammenhingen, die wiederum den verschiedenen Ansichten von<lb/> der erstrebten Reform entsprangen. Jn dieser Hinsicht wurde<lb/> namentlich von der äußersten Linken des Reichstages her-<lb/> energisch eingegriffen, und zwar mit folgenden Erwägungen.<lb/> Es sei eine große Täuschung, wenn man meine, es seien ein-<lb/> zelne Agitatoren, die solche Fragen aufs Tapet brächten. Es<lb/> handle sich vielmehr um eine schwerwiegende sociale Frage.<lb/> Jn weiten Frauenkreisen bestehe das Bedürfniß nach socialer<lb/> Selbständigkeit. Einzig die Thatsache, daß wir nach der letzten<lb/> Volkszählung im Reiche über eine Million weiblicher Reichs-<lb/> angehöriger mehr haben, als Männer, zwinge eine Menge von<lb/> Frauen, die nicht in die Lage kommen, ihren sogenannten Natur-<lb/> beruf als Hausfrauen und Mütter zu erfüllen, sich eine selbst-<lb/> ständige Lebensstellung zu erobern.</p><lb/> <p>Namentlich in den gebildeten Classen treffe das zu; sie<lb/> können nicht heirathen und wollen doch existiren. Für diese<lb/> Classen sei die vorliegende Frage besonders wichtig; die eigent-<lb/> lichen Proletarierinnen seien es nicht, die gerade diese Frage<lb/> anregen. Sie fordern vor allem, das Studium auf den Uni-<lb/> versitäten gleich den Männern absolviren zu können; sie wollen<lb/> ihre Kräfte in höheren Berufen für die Gesammtheit nützlich<lb/> und für ihre Person vortheilhaft verwenden können. Von Jahr-<lb/> zehnt zu Jahrzehnt werde diese Forderung dringender; immer<lb/> größer werde die Zahl der Frauen in den höheren Classen der<lb/> Gesellschaft, welche diese Zulassung verlangen. Ein erheblicher<lb/> Theil der jungen Männerwelt, die sich heute dem Studium<lb/> widmet und nur deshalb widmet, weil es ihr so standesgemäß<lb/> erscheint, thäte besser, den Universitäten fern zu bleiben, denn<lb/> das, was sie dort thun, habe wenig mit höherem Streben und<lb/> dem Verlangen nach höherer Bildung zu schaffen. Schließlich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0044]
die Hindernisse des Rechts mit den sachlichen Hindernissen
zusammenhingen, die wiederum den verschiedenen Ansichten von
der erstrebten Reform entsprangen. Jn dieser Hinsicht wurde
namentlich von der äußersten Linken des Reichstages her-
energisch eingegriffen, und zwar mit folgenden Erwägungen.
Es sei eine große Täuschung, wenn man meine, es seien ein-
zelne Agitatoren, die solche Fragen aufs Tapet brächten. Es
handle sich vielmehr um eine schwerwiegende sociale Frage.
Jn weiten Frauenkreisen bestehe das Bedürfniß nach socialer
Selbständigkeit. Einzig die Thatsache, daß wir nach der letzten
Volkszählung im Reiche über eine Million weiblicher Reichs-
angehöriger mehr haben, als Männer, zwinge eine Menge von
Frauen, die nicht in die Lage kommen, ihren sogenannten Natur-
beruf als Hausfrauen und Mütter zu erfüllen, sich eine selbst-
ständige Lebensstellung zu erobern.
Namentlich in den gebildeten Classen treffe das zu; sie
können nicht heirathen und wollen doch existiren. Für diese
Classen sei die vorliegende Frage besonders wichtig; die eigent-
lichen Proletarierinnen seien es nicht, die gerade diese Frage
anregen. Sie fordern vor allem, das Studium auf den Uni-
versitäten gleich den Männern absolviren zu können; sie wollen
ihre Kräfte in höheren Berufen für die Gesammtheit nützlich
und für ihre Person vortheilhaft verwenden können. Von Jahr-
zehnt zu Jahrzehnt werde diese Forderung dringender; immer
größer werde die Zahl der Frauen in den höheren Classen der
Gesellschaft, welche diese Zulassung verlangen. Ein erheblicher
Theil der jungen Männerwelt, die sich heute dem Studium
widmet und nur deshalb widmet, weil es ihr so standesgemäß
erscheint, thäte besser, den Universitäten fern zu bleiben, denn
das, was sie dort thun, habe wenig mit höherem Streben und
dem Verlangen nach höherer Bildung zu schaffen. Schließlich
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(2021-02-18T15:54:56Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition.
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