Collin, Heinrich Joseph von: Coriolan. Berlin, 1804.
Noch wilder spricht und handelt Marcius, Seit er vergebens um das Consulat, Trotz seiner Siege, bey den Bürgern warb. -- Wenn er aus Rache so gehandelt hätte -- -- --? Dann wehe mir! Ich wüßt' ihn lieber todt! Volumnia. O Mutter! nein! du siehst zu schwarz! o nein!! Sein Stolz verschmäht, an Niedern sich zu rächen. Veturia. Die Rache wirkt verborgen. -- Gutes Kind! Wer sagt von jeder Handlung sich den Grund? Eh dieser dem Bewußtseyn noch erscheint, Hat ihn die Eigenliebe schon verkleidet, Die listig, schnell, die heimlich wirkt und schafft; Und wenn der Edelste sein innres Herz Auf Einmal nackt und ungeschmückt erblickte; Und fände dann von mancher großen That Den kleinen Grund -- im Wallen seines Bluts, In Ehrsucht, Laune, Zufall, wo nicht gar Im schlauen Spiel des niedern Eigennutzes -- Versinken würd' er in sein Nichts, vor Scham Vergehen -- Volumnia. Mutter, dies Gespräch -- es taugt Für meine Stimmung nicht. Veturia. (unwillig und verweisend.) So soll ich all'
Noch wilder ſpricht und handelt Marcius, Seit er vergebens um das Conſulat, Trotz ſeiner Siege, bey den Bürgern warb. — Wenn er aus Rache ſo gehandelt hätte — — —? Dann wehe mir! Ich wüßt’ ihn lieber todt! Volumnia. O Mutter! nein! du ſiehſt zu ſchwarz! o nein!! Sein Stolz verſchmäht, an Niedern ſich zu rächen. Veturia. Die Rache wirkt verborgen. — Gutes Kind! Wer ſagt von jeder Handlung ſich den Grund? Eh dieſer dem Bewußtſeyn noch erſcheint, Hat ihn die Eigenliebe ſchon verkleidet, Die liſtig, ſchnell, die heimlich wirkt und ſchafft; Und wenn der Edelſte ſein innres Herz Auf Einmal nackt und ungeſchmückt erblickte; Und fände dann von mancher großen That Den kleinen Grund — im Wallen ſeines Bluts, In Ehrſucht, Laune, Zufall, wo nicht gar Im ſchlauen Spiel des niedern Eigennutzes — Verſinken würd’ er in ſein Nichts, vor Scham Vergehen — Volumnia. Mutter, dies Geſpräch — es taugt Für meine Stimmung nicht. Veturia. (unwillig und verweiſend.) So ſoll ich all’ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#VET"> <p><pb facs="#f0021" n="13"/> Noch wilder ſpricht und handelt Marcius,<lb/> Seit er vergebens um das Conſulat,<lb/> Trotz ſeiner Siege, bey den Bürgern warb.<lb/> — Wenn er aus <hi rendition="#g">Rache</hi> ſo gehandelt hätte — — —?<lb/> Dann wehe mir! Ich wüßt’ ihn lieber todt!</p> </sp><lb/> <sp who="#VOLU"> <speaker><hi rendition="#g">Volumnia</hi>.</speaker><lb/> <p>O Mutter! nein! du ſiehſt zu ſchwarz! o nein!!<lb/> Sein Stolz verſchmäht, an Niedern ſich zu rächen.</p> </sp><lb/> <sp who="#VET"> <speaker><hi rendition="#g">Veturia</hi>.</speaker><lb/> <p>Die Rache wirkt verborgen. — Gutes Kind!<lb/> Wer ſagt von jeder Handlung ſich den Grund?<lb/> Eh dieſer dem Bewußtſeyn noch erſcheint,<lb/> Hat ihn die Eigenliebe ſchon verkleidet,<lb/> Die liſtig, ſchnell, die heimlich wirkt und ſchafft;<lb/> Und wenn der Edelſte ſein innres Herz<lb/> Auf Einmal nackt und ungeſchmückt erblickte;<lb/> Und fände dann von mancher <hi rendition="#g">großen</hi> That<lb/> Den <hi rendition="#g">kleinen</hi> Grund — im Wallen ſeines Bluts,<lb/> In Ehrſucht, Laune, Zufall, wo nicht gar<lb/> Im ſchlauen Spiel des niedern Eigennutzes —<lb/> Verſinken würd’ er in ſein Nichts, vor Scham<lb/> Vergehen —</p> </sp><lb/> <sp who="#VOLU"> <speaker><hi rendition="#g">Volumnia</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Mutter, dies Geſpräch — es taugt</hi><lb/> Für meine Stimmung nicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#VET"> <speaker><hi rendition="#g">Veturia</hi>.</speaker><lb/> <stage>(unwillig und verweiſend.)</stage><lb/> <p> <hi rendition="#et">So ſoll ich all’</hi><lb/> </p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [13/0021]
Noch wilder ſpricht und handelt Marcius,
Seit er vergebens um das Conſulat,
Trotz ſeiner Siege, bey den Bürgern warb.
— Wenn er aus Rache ſo gehandelt hätte — — —?
Dann wehe mir! Ich wüßt’ ihn lieber todt!
Volumnia.
O Mutter! nein! du ſiehſt zu ſchwarz! o nein!!
Sein Stolz verſchmäht, an Niedern ſich zu rächen.
Veturia.
Die Rache wirkt verborgen. — Gutes Kind!
Wer ſagt von jeder Handlung ſich den Grund?
Eh dieſer dem Bewußtſeyn noch erſcheint,
Hat ihn die Eigenliebe ſchon verkleidet,
Die liſtig, ſchnell, die heimlich wirkt und ſchafft;
Und wenn der Edelſte ſein innres Herz
Auf Einmal nackt und ungeſchmückt erblickte;
Und fände dann von mancher großen That
Den kleinen Grund — im Wallen ſeines Bluts,
In Ehrſucht, Laune, Zufall, wo nicht gar
Im ſchlauen Spiel des niedern Eigennutzes —
Verſinken würd’ er in ſein Nichts, vor Scham
Vergehen —
Volumnia.
Mutter, dies Geſpräch — es taugt
Für meine Stimmung nicht.
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