"Adam!" fuhr Lydia auf. Der schnellte jählings um. Sollte doch noch Hoffnung sein? ... Sollte er heute Abend doch noch zu einem ... hm! ... zu jenem -- Ziele kommen .. zu jenem unklaren Ziele, das er zu erreichen ersehnte .. das ihn lockte .. und vor dem er doch zurückschrak? -- Leidenschaft und Berechnung stritten in seiner Brust. Aber er beherrschte sich. Er nahm eine nachlässige, ironische Haltung an. Die Hände lehnte er hinter dem Rücken gegen die Tischplatte und kreuzte die Beine.
"Gnädige Frau --?"
"Es ist genug --"
Lydia ging zu ihrem Schreibtisch hinüber. Dort stand sie, Adam abgekehrt, eine Weile starr, bewe- gungslos, wie in einen tiefen Strudel tumultuarisch ringender Gedanken und Gefühle hinabgezogen.
"Sie erlauben mir noch eine Ihrer köstlichen Cigaretten, gnädige Frau --?"
Lydia wandte sich langsam wieder um. Sie war sehr bleich. Von der Nase zum Munde herunter zog sich eine scharfgeschnittene Falte, wie ein Signal bodenloser Verachtung.
"Bitte sehr, Herr Doctor!" Die Stimme klang müde und höhnisch zugleich.
"Sie sehen, gnädige Frau .. das Feuerfangen ist gefährlich .. und .. und .. undankbar .." stichelte Adam -- "aber es wird Zeit, daß ich mich auf- mache .." fuhr er fort und zog seine Uhr -- "Sie sind müde von den .. den Anstrengungen des
„Adam!“ fuhr Lydia auf. Der ſchnellte jählings um. Sollte doch noch Hoffnung ſein? ... Sollte er heute Abend doch noch zu einem ... hm! ... zu jenem — Ziele kommen .. zu jenem unklaren Ziele, das er zu erreichen erſehnte .. das ihn lockte .. und vor dem er doch zurückſchrak? — Leidenſchaft und Berechnung ſtritten in ſeiner Bruſt. Aber er beherrſchte ſich. Er nahm eine nachläſſige, ironiſche Haltung an. Die Hände lehnte er hinter dem Rücken gegen die Tiſchplatte und kreuzte die Beine.
„Gnädige Frau —?“
„Es iſt genug —“
Lydia ging zu ihrem Schreibtiſch hinüber. Dort ſtand ſie, Adam abgekehrt, eine Weile ſtarr, bewe- gungslos, wie in einen tiefen Strudel tumultuariſch ringender Gedanken und Gefühle hinabgezogen.
„Sie erlauben mir noch eine Ihrer köſtlichen Cigaretten, gnädige Frau —?“
Lydia wandte ſich langſam wieder um. Sie war ſehr bleich. Von der Naſe zum Munde herunter zog ſich eine ſcharfgeſchnittene Falte, wie ein Signal bodenloſer Verachtung.
„Bitte ſehr, Herr Doctor!“ Die Stimme klang müde und höhniſch zugleich.
„Sie ſehen, gnädige Frau .. das Feuerfangen iſt gefährlich .. und .. und .. undankbar ..“ ſtichelte Adam — „aber es wird Zeit, daß ich mich auf- mache ..“ fuhr er fort und zog ſeine Uhr — „Sie ſind müde von den .. den Anſtrengungen des
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„Adam!“ fuhr Lydia auf. Der ſchnellte jählings
um. Sollte doch noch Hoffnung ſein? ... Sollte er
heute Abend doch noch zu einem ... hm! ... zu
jenem — Ziele kommen .. zu jenem unklaren
Ziele, das er zu erreichen erſehnte .. das ihn
lockte .. und vor dem er doch zurückſchrak? —
Leidenſchaft und Berechnung ſtritten in ſeiner Bruſt.
Aber er beherrſchte ſich. Er nahm eine nachläſſige,
ironiſche Haltung an. Die Hände lehnte er hinter
dem Rücken gegen die Tiſchplatte und kreuzte die
Beine.
„Gnädige Frau —?“
„Es iſt genug —“
Lydia ging zu ihrem Schreibtiſch hinüber. Dort
ſtand ſie, Adam abgekehrt, eine Weile ſtarr, bewe-
gungslos, wie in einen tiefen Strudel tumultuariſch
ringender Gedanken und Gefühle hinabgezogen.
„Sie erlauben mir noch eine Ihrer köſtlichen
Cigaretten, gnädige Frau —?“
Lydia wandte ſich langſam wieder um. Sie
war ſehr bleich. Von der Naſe zum Munde
herunter zog ſich eine ſcharfgeſchnittene Falte, wie
ein Signal bodenloſer Verachtung.
„Bitte ſehr, Herr Doctor!“ Die Stimme klang
müde und höhniſch zugleich.
„Sie ſehen, gnädige Frau .. das Feuerfangen
iſt gefährlich .. und .. und .. undankbar ..“ ſtichelte
Adam — „aber es wird Zeit, daß ich mich auf-
mache ..“ fuhr er fort und zog ſeine Uhr —
„Sie ſind müde von den .. den Anſtrengungen des
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/163>, abgerufen am 04.12.2024.
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