die Gelegenheit dazu ganz aus der Welt geschafft wissen wollen -- so überlassen Sie doch bitte das Motiv mir allein -- ich werde mir wahrhaftig alle Mühe geben, ein wahnsinnig schönes Buch zu Stande zu bringen -- und dieses wahnsinnig schöne Buch, gnädige Frau -- nicht wahr? -- ich darf es Ihnen nachher widmen --?"
"Sie tragen immer Siebenmeilenstiefel, Herr Doctor ... gewöhnlich geht doch Alles viel lang- samer auf der Welt -- warum denn nur immer so stürmisch --?"
Frau Lange hatte das "immer" auffällig betont. Adam stutzte.
Ah! Nun verstand er! "Ja! .." erwiderte er mit suffisant-melancholischem Tonfall, "der Eine klappert schwerfällig mit Pantoffeln durch's Leben .. der Andere durchsaust das reizende Dasein auf einem Bicycle. Da hat nun ein Jeder so seine Art, so seine kleine Methode ... Verzeihen Sie noch ein- mal mein ... mein .. nun! mein Bedürfniß, zuweilen sehr offen .. sehr wahr zu sein, Lydia .. unprak- tisch offen .. unangenehm wahr. Aber vielleicht haben Sie auch darin Recht: dieses Bedürfniß ist wohl auch weiter nichts, als -- Einbildung. Und nun -- gute Nacht --!"
"Gute Nacht --!"
Adam verließ schnell das Zimmer. Als er den Corridor betrat, kam August, der schon gewartet zu haben schien, langsam auf ihn zugestapft. Ein Zug des Unwillens, des Verdrusses, stand auf seinem Gesicht. Mit Mühe unterdrückte er das Gähnen.
die Gelegenheit dazu ganz aus der Welt geſchafft wiſſen wollen — ſo überlaſſen Sie doch bitte das Motiv mir allein — ich werde mir wahrhaftig alle Mühe geben, ein wahnſinnig ſchönes Buch zu Stande zu bringen — und dieſes wahnſinnig ſchöne Buch, gnädige Frau — nicht wahr? — ich darf es Ihnen nachher widmen —?“
„Sie tragen immer Siebenmeilenſtiefel, Herr Doctor ... gewöhnlich geht doch Alles viel lang- ſamer auf der Welt — warum denn nur immer ſo ſtürmiſch —?“
Frau Lange hatte das „immer“ auffällig betont. Adam ſtutzte.
Ah! Nun verſtand er! „Ja! ..“ erwiderte er mit ſuffiſant-melancholiſchem Tonfall, „der Eine klappert ſchwerfällig mit Pantoffeln durch's Leben .. der Andere durchſauſt das reizende Daſein auf einem Bicycle. Da hat nun ein Jeder ſo ſeine Art, ſo ſeine kleine Methode ... Verzeihen Sie noch ein- mal mein ... mein .. nun! mein Bedürfniß, zuweilen ſehr offen .. ſehr wahr zu ſein, Lydia .. unprak- tiſch offen .. unangenehm wahr. Aber vielleicht haben Sie auch darin Recht: dieſes Bedürfniß iſt wohl auch weiter nichts, als — Einbildung. Und nun — gute Nacht —!“
„Gute Nacht —!“
Adam verließ ſchnell das Zimmer. Als er den Corridor betrat, kam Auguſt, der ſchon gewartet zu haben ſchien, langſam auf ihn zugeſtapft. Ein Zug des Unwillens, des Verdruſſes, ſtand auf ſeinem Geſicht. Mit Mühe unterdrückte er das Gähnen.
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die Gelegenheit dazu ganz aus der Welt geſchafft wiſſen
wollen — ſo überlaſſen Sie doch bitte das Motiv
mir allein — ich werde mir wahrhaftig alle Mühe geben,
ein wahnſinnig ſchönes Buch zu Stande zu bringen —
und dieſes wahnſinnig ſchöne Buch, gnädige Frau —
nicht wahr? — ich darf es Ihnen nachher widmen —?“
„Sie tragen immer Siebenmeilenſtiefel, Herr
Doctor ... gewöhnlich geht doch Alles viel lang-
ſamer auf der Welt — warum denn nur immer
ſo ſtürmiſch —?“
Frau Lange hatte das „immer“ auffällig betont.
Adam ſtutzte.
Ah! Nun verſtand er! „Ja! ..“ erwiderte er
mit ſuffiſant-melancholiſchem Tonfall, „der Eine
klappert ſchwerfällig mit Pantoffeln durch's Leben ..
der Andere durchſauſt das reizende Daſein auf einem
Bicycle. Da hat nun ein Jeder ſo ſeine Art, ſo
ſeine kleine Methode ... Verzeihen Sie noch ein-
mal mein ... mein .. nun! mein Bedürfniß, zuweilen
ſehr offen .. ſehr wahr zu ſein, Lydia .. unprak-
tiſch offen .. unangenehm wahr. Aber vielleicht
haben Sie auch darin Recht: dieſes Bedürfniß
iſt wohl auch weiter nichts, als — Einbildung.
Und nun — gute Nacht —!“
„Gute Nacht —!“
Adam verließ ſchnell das Zimmer. Als er den
Corridor betrat, kam Auguſt, der ſchon gewartet zu
haben ſchien, langſam auf ihn zugeſtapft. Ein Zug
des Unwillens, des Verdruſſes, ſtand auf ſeinem
Geſicht. Mit Mühe unterdrückte er das Gähnen.
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/165>, abgerufen am 04.12.2024.
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