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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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geradeso ein Anhänger der sogenannten "freien
Liebe" sind -- wie ich. Das heißt: wohl ebenfalls
nur in der .. Praxis -- denn theoretisch werden
Sie aus gewichtigen, socialen Gründen die ,freie
Liebe' ebenso sehr verwerfen -- wie ich es thue. Nun
ist aber einer der Hauptparagraphen dieser prak-
tisch angewandten ,freien Liebe', daß das Weib den
Mann verlassen darf, sobald es seiner überdrüssig ge-
worden ist. Nun ist aber die hier momentan zwischen
uns sitzende junge Dame Ihrer so ziemlich überdrüssig
geworden, wie sie mir soeben gestanden hat, und
hätte Lust, mir ihre Gunst zuzuwenden. Ergo
werden Sie nur consequent sein, mein Herr, wenn
Sie die Dame sofort freigeben und -- mir über-
lassen. -- Nicht wahr? -- Sie begreifen --? "

Auf diesen feierlichen Appell schien der Herr aller-
dings nicht besonders vorbereitet gewesen zu sein. Er
machte ein mehr verblüfftes, denn verwundertes Gesicht
und fuhr mit den Augen rathlos zwischen Adam und
seinem ungetreuen kleinen Weibe hin und her. Endlich
knirschte er ein gepreßtes "Mein Herr --!" heraus,
dem gleich darauf ein ebenso heiseres "Emmy --!" folgte.

Die Dame ließ ihre beiden Kämpen sich balgen.
Sie saß wieder sehr steif, sehr reservirt, sehr unnah-
bar da. An den Nachbartischen war es auffallend
ruhiger geworden.

"Unverschämte Frechheit --!"

"Aber ... mein Gott! Wünschen Sie denn
noch etwas?" wandte sich Adam mit gemachtem
Erstaunen an sein Gegenüber. "Die Sache muß


geradeſo ein Anhänger der ſogenannten „freien
Liebe“ ſind — wie ich. Das heißt: wohl ebenfalls
nur in der .. Praxis — denn theoretiſch werden
Sie aus gewichtigen, ſocialen Gründen die ‚freie
Liebe‘ ebenſo ſehr verwerfen — wie ich es thue. Nun
iſt aber einer der Hauptparagraphen dieſer prak-
tiſch angewandten ‚freien Liebe‘, daß das Weib den
Mann verlaſſen darf, ſobald es ſeiner überdrüſſig ge-
worden iſt. Nun iſt aber die hier momentan zwiſchen
uns ſitzende junge Dame Ihrer ſo ziemlich überdrüſſig
geworden, wie ſie mir ſoeben geſtanden hat, und
hätte Luſt, mir ihre Gunſt zuzuwenden. Ergo
werden Sie nur conſequent ſein, mein Herr, wenn
Sie die Dame ſofort freigeben und — mir über-
laſſen. — Nicht wahr? — Sie begreifen —? “

Auf dieſen feierlichen Appell ſchien der Herr aller-
dings nicht beſonders vorbereitet geweſen zu ſein. Er
machte ein mehr verblüfftes, denn verwundertes Geſicht
und fuhr mit den Augen rathlos zwiſchen Adam und
ſeinem ungetreuen kleinen Weibe hin und her. Endlich
knirſchte er ein gepreßtes „Mein Herr —!“ heraus,
dem gleich darauf ein ebenſo heiſeres „Emmy —!“ folgte.

Die Dame ließ ihre beiden Kämpen ſich balgen.
Sie ſaß wieder ſehr ſteif, ſehr reſervirt, ſehr unnah-
bar da. An den Nachbartiſchen war es auffallend
ruhiger geworden.

„Unverſchämte Frechheit —!“

„Aber ... mein Gott! Wünſchen Sie denn
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[173/0181] geradeſo ein Anhänger der ſogenannten „freien Liebe“ ſind — wie ich. Das heißt: wohl ebenfalls nur in der .. Praxis — denn theoretiſch werden Sie aus gewichtigen, ſocialen Gründen die ‚freie Liebe‘ ebenſo ſehr verwerfen — wie ich es thue. Nun iſt aber einer der Hauptparagraphen dieſer prak- tiſch angewandten ‚freien Liebe‘, daß das Weib den Mann verlaſſen darf, ſobald es ſeiner überdrüſſig ge- worden iſt. Nun iſt aber die hier momentan zwiſchen uns ſitzende junge Dame Ihrer ſo ziemlich überdrüſſig geworden, wie ſie mir ſoeben geſtanden hat, und hätte Luſt, mir ihre Gunſt zuzuwenden. Ergo werden Sie nur conſequent ſein, mein Herr, wenn Sie die Dame ſofort freigeben und — mir über- laſſen. — Nicht wahr? — Sie begreifen —? “ Auf dieſen feierlichen Appell ſchien der Herr aller- dings nicht beſonders vorbereitet geweſen zu ſein. Er machte ein mehr verblüfftes, denn verwundertes Geſicht und fuhr mit den Augen rathlos zwiſchen Adam und ſeinem ungetreuen kleinen Weibe hin und her. Endlich knirſchte er ein gepreßtes „Mein Herr —!“ heraus, dem gleich darauf ein ebenſo heiſeres „Emmy —!“ folgte. Die Dame ließ ihre beiden Kämpen ſich balgen. Sie ſaß wieder ſehr ſteif, ſehr reſervirt, ſehr unnah- bar da. An den Nachbartiſchen war es auffallend ruhiger geworden. „Unverſchämte Frechheit —!“ „Aber ... mein Gott! Wünſchen Sie denn noch etwas?“ wandte ſich Adam mit gemachtem Erſtaunen an ſein Gegenüber. „Die Sache muß

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/181>, abgerufen am 11.12.2024.