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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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"Haben Sie dem armen Mädchen den Lauf-
paß gegeben? Sie Grausamer! .." Lydia lächelte
wirklich beleidigend spöttisch und sah ihrem Nachbar
fest ins Gesicht.

"Gnädige Frau! --"

"Lügen Sie mir doch nichts vor, Herr Doctor! .
Ich erkannte Sie längst, bevor Sie mich sahen ..
Sie gingen auf der linken Seite der Dame -- das
sagt doch genug -- nicht wahr?"

"Wenn Sie eine Zufälligkeit -- eine pure
Zufälligkeit -- nun ja doch! .. so besonders schwer
ist es ja nicht, einen Menschen zu verdächtigen --"
Adam hielt es für praktisch, den Beleidigten zu
spielen. Mit verschränkten Armen so dastehen ..
sich nicht vertheidigen, obwohl man alles Recht auf
seiner Seite hat ... sich ruhig abschlachten lassen
im süßen Vollgefühl, daß der Gegner ein schreiendes
Unrecht begeht, indem er sotanes Abschlachten eben
vollbringt: oh! . auch das kann Wollust .. beißende,
betäubende Wollust sein ..

"Herr Doctor -- ich bitte Sie! .. Aber lassen
wir das! . Was .. was gehen mich Ihre Nei-
gungen -- Ihre ... Ihre Gewohnheiten -- Ihre
sonstigen .. Beziehungen an! .. Ich wollte Ihnen
einen famosen Spaß erzählen, den ich heute früh
erlebt habe -- nun .. um es gerade heraus zu
sagen: ich -- ich habe mich -- heute früh ver-
lobt ... Was? das ist doch göttlich -- nicht?
Und Sie sehen, wie glücklich ich bin! .. Ich sage
Ihnen: wie neugeboren! da weiß man doch wenigstens

„Haben Sie dem armen Mädchen den Lauf-
paß gegeben? Sie Grauſamer! ..“ Lydia lächelte
wirklich beleidigend ſpöttiſch und ſah ihrem Nachbar
feſt ins Geſicht.

„Gnädige Frau! —“

„Lügen Sie mir doch nichts vor, Herr Doctor! .
Ich erkannte Sie längſt, bevor Sie mich ſahen ..
Sie gingen auf der linken Seite der Dame — das
ſagt doch genug — nicht wahr?“

„Wenn Sie eine Zufälligkeit — eine pure
Zufälligkeit — nun ja doch! .. ſo beſonders ſchwer
iſt es ja nicht, einen Menſchen zu verdächtigen —“
Adam hielt es für praktiſch, den Beleidigten zu
ſpielen. Mit verſchränkten Armen ſo daſtehen ..
ſich nicht vertheidigen, obwohl man alles Recht auf
ſeiner Seite hat ... ſich ruhig abſchlachten laſſen
im ſüßen Vollgefühl, daß der Gegner ein ſchreiendes
Unrecht begeht, indem er ſotanes Abſchlachten eben
vollbringt: oh! . auch das kann Wolluſt .. beißende,
betäubende Wolluſt ſein ..

„Herr Doctor — ich bitte Sie! .. Aber laſſen
wir das! . Was .. was gehen mich Ihre Nei-
gungen — Ihre ... Ihre Gewohnheiten — Ihre
ſonſtigen .. Beziehungen an! .. Ich wollte Ihnen
einen famoſen Spaß erzählen, den ich heute früh
erlebt habe — nun .. um es gerade heraus zu
ſagen: ich — ich habe mich — heute früh ver-
lobt ... Was? das iſt doch göttlich — nicht?
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[190/0198] „Haben Sie dem armen Mädchen den Lauf- paß gegeben? Sie Grauſamer! ..“ Lydia lächelte wirklich beleidigend ſpöttiſch und ſah ihrem Nachbar feſt ins Geſicht. „Gnädige Frau! —“ „Lügen Sie mir doch nichts vor, Herr Doctor! . Ich erkannte Sie längſt, bevor Sie mich ſahen .. Sie gingen auf der linken Seite der Dame — das ſagt doch genug — nicht wahr?“ „Wenn Sie eine Zufälligkeit — eine pure Zufälligkeit — nun ja doch! .. ſo beſonders ſchwer iſt es ja nicht, einen Menſchen zu verdächtigen —“ Adam hielt es für praktiſch, den Beleidigten zu ſpielen. Mit verſchränkten Armen ſo daſtehen .. ſich nicht vertheidigen, obwohl man alles Recht auf ſeiner Seite hat ... ſich ruhig abſchlachten laſſen im ſüßen Vollgefühl, daß der Gegner ein ſchreiendes Unrecht begeht, indem er ſotanes Abſchlachten eben vollbringt: oh! . auch das kann Wolluſt .. beißende, betäubende Wolluſt ſein .. „Herr Doctor — ich bitte Sie! .. Aber laſſen wir das! . Was .. was gehen mich Ihre Nei- gungen — Ihre ... Ihre Gewohnheiten — Ihre ſonſtigen .. Beziehungen an! .. Ich wollte Ihnen einen famoſen Spaß erzählen, den ich heute früh erlebt habe — nun .. um es gerade heraus zu ſagen: ich — ich habe mich — heute früh ver- lobt ... Was? das iſt doch göttlich — nicht? Und Sie ſehen, wie glücklich ich bin! .. Ich ſage Ihnen: wie neugeboren! da weiß man doch wenigſtens

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/198>, abgerufen am 04.12.2024.