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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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blauschwarze Massen. Es schlug zehn Uhr. Mecha-
nisch zählte Adam die sonor widerhallenden Schläge.
Und er wußte, daß er die Entscheidung über ein
Frauenschicksal in der Hand hielt. Das schmeichelte
ihm ... das machte ihn ein Wenig eitel ... ein
Wenig stolz -- und doch zugleich merkwürdig ängst-
lich und beklommen. Er brütete eine Weile vor
sich hin, in die schwarze, schweigende Nacht hinein.
Da fühlte er einen leisen Luftzug seinen Hals be-
streichen. Hedwig war wieder eingetreten. Er
wandte sich um. -- Mochten die Würfel denn
fallen. --

"Ich habe Ihrem Herrn Vater doch nicht weh ge-
than vorhin, mein gnädiges Fräulein? Ich war einige
Male allerdings ziemlich offen und geradezu -- --"

"Ach bitte, Herr Doctor! Uebrigens ... sagten
Sie nicht selbst, daß es keine Brücke zwischen dem
Alter und der Jugend gebe -- da mußten Sie
doch offen und geradezu sein -- nicht ...?"

"Sie zürnen mir doch, mein Fräulein ... Ich
höre es aus Ihren Worten heraus -- ich be-
dauere sehr -- aber Geschichten, die Einem am
Herzen liegen ... und die Einem so sonnenklar sind
-- und die doch -- -- aber -- -- und dann
nimmt man ja immer nur ein winziges Moment
aus der ungeheuren Fülle der Gegensatzmotive
heraus -- gerade das Moment, auf welches man
durch eine, allerdings nur scheinbar zufällige Ideen-
association trifft -- so macht sich dem überall eine
gewisse Willkür breit -- eine Willkür, die aber

blauſchwarze Maſſen. Es ſchlug zehn Uhr. Mecha-
niſch zählte Adam die ſonor widerhallenden Schläge.
Und er wußte, daß er die Entſcheidung über ein
Frauenſchickſal in der Hand hielt. Das ſchmeichelte
ihm ... das machte ihn ein Wenig eitel ... ein
Wenig ſtolz — und doch zugleich merkwürdig ängſt-
lich und beklommen. Er brütete eine Weile vor
ſich hin, in die ſchwarze, ſchweigende Nacht hinein.
Da fühlte er einen leiſen Luftzug ſeinen Hals be-
ſtreichen. Hedwig war wieder eingetreten. Er
wandte ſich um. — Mochten die Würfel denn
fallen. —

„Ich habe Ihrem Herrn Vater doch nicht weh ge-
than vorhin, mein gnädiges Fräulein? Ich war einige
Male allerdings ziemlich offen und geradezu — —“

„Ach bitte, Herr Doctor! Uebrigens ... ſagten
Sie nicht ſelbſt, daß es keine Brücke zwiſchen dem
Alter und der Jugend gebe — da mußten Sie
doch offen und geradezu ſein — nicht ...?“

„Sie zürnen mir doch, mein Fräulein ... Ich
höre es aus Ihren Worten heraus — ich be-
dauere ſehr — aber Geſchichten, die Einem am
Herzen liegen ... und die Einem ſo ſonnenklar ſind
— und die doch — — aber — — und dann
nimmt man ja immer nur ein winziges Moment
aus der ungeheuren Fülle der Gegenſatzmotive
heraus — gerade das Moment, auf welches man
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[229/0237] blauſchwarze Maſſen. Es ſchlug zehn Uhr. Mecha- niſch zählte Adam die ſonor widerhallenden Schläge. Und er wußte, daß er die Entſcheidung über ein Frauenſchickſal in der Hand hielt. Das ſchmeichelte ihm ... das machte ihn ein Wenig eitel ... ein Wenig ſtolz — und doch zugleich merkwürdig ängſt- lich und beklommen. Er brütete eine Weile vor ſich hin, in die ſchwarze, ſchweigende Nacht hinein. Da fühlte er einen leiſen Luftzug ſeinen Hals be- ſtreichen. Hedwig war wieder eingetreten. Er wandte ſich um. — Mochten die Würfel denn fallen. — „Ich habe Ihrem Herrn Vater doch nicht weh ge- than vorhin, mein gnädiges Fräulein? Ich war einige Male allerdings ziemlich offen und geradezu — —“ „Ach bitte, Herr Doctor! Uebrigens ... ſagten Sie nicht ſelbſt, daß es keine Brücke zwiſchen dem Alter und der Jugend gebe — da mußten Sie doch offen und geradezu ſein — nicht ...?“ „Sie zürnen mir doch, mein Fräulein ... Ich höre es aus Ihren Worten heraus — ich be- dauere ſehr — aber Geſchichten, die Einem am Herzen liegen ... und die Einem ſo ſonnenklar ſind — und die doch — — aber — — und dann nimmt man ja immer nur ein winziges Moment aus der ungeheuren Fülle der Gegenſatzmotive heraus — gerade das Moment, auf welches man durch eine, allerdings nur ſcheinbar zufällige Ideen- aſſociation trifft — ſo macht ſich dem überall eine gewiſſe Willkür breit — eine Willkür, die aber

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/237>, abgerufen am 28.11.2024.