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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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entgegen. "Guten Abend, Herr Referendar! Guten
Abend, Emmy! Ich freue mich, daß ich Sie einmal
wiedersehe. Und noch dazu unter diesen pikanten Ver-
hältnissen ... in diesem süßen Nebeneinander ...
Darf ich einen Augenblick Platz nehmen --?"

"Bitte!"

Adam fühlte sich plötzlich sehr souverän und spott-
lustig aufgelegt. Ihn dünkte, er hätte die beiden
Menschen da vollständig in der Hand -- und ein
klein Wenig mit ihnen zu spielen, müßte ein Kapital-
vergnügen sein, das er sich nach den Zeiten der
Dürre, die er soeben mit Hedwig durchlebt, wohl
leisten dürfte. Der genossene Wein, der ihm schon
eine vage Andeutung von Rausch angeheftet, machte
nicht minder seinen stachelnden Einfluß gelten.

"Nun, mein gnädiges Fräulein, wie gefällt Ihnen
eigentlich mein neuer Nachfolger im Amte --
oder darf ich ihn nur für meinen Stellvertreter
halten --?"

Adam sog nachlässig an seiner Virginia. Sie
war wieder einmal ausgegangen. "Die Dinger sind
wie die Weiber: man muß sie in Einemfort poussiren ..
sonst gehen sie aus ... das heißt: sie gehen in ein
anderes Lager über. Ich will übrigens damit bei-
leibe nicht gesagt haben, Herr Referendar, daß bei
Ihnen Nordpoltemperatur herrschte --" witzelte
Adam und hielt sich ein brennendes Streichholz vor
die Cigarre.

"Ich verstehe Sie nicht, Herr Doctor --" er-
klärte Herr von Bodenburg pikirt.

entgegen. „Guten Abend, Herr Referendar! Guten
Abend, Emmy! Ich freue mich, daß ich Sie einmal
wiederſehe. Und noch dazu unter dieſen pikanten Ver-
hältniſſen ... in dieſem ſüßen Nebeneinander ...
Darf ich einen Augenblick Platz nehmen —?“

„Bitte!“

Adam fühlte ſich plötzlich ſehr ſouverän und ſpott-
luſtig aufgelegt. Ihn dünkte, er hätte die beiden
Menſchen da vollſtändig in der Hand — und ein
klein Wenig mit ihnen zu ſpielen, müßte ein Kapital-
vergnügen ſein, das er ſich nach den Zeiten der
Dürre, die er ſoeben mit Hedwig durchlebt, wohl
leiſten dürfte. Der genoſſene Wein, der ihm ſchon
eine vage Andeutung von Rauſch angeheftet, machte
nicht minder ſeinen ſtachelnden Einfluß gelten.

„Nun, mein gnädiges Fräulein, wie gefällt Ihnen
eigentlich mein neuer Nachfolger im Amte —
oder darf ich ihn nur für meinen Stellvertreter
halten —?“

Adam ſog nachläſſig an ſeiner Virginia. Sie
war wieder einmal ausgegangen. „Die Dinger ſind
wie die Weiber: man muß ſie in Einemfort pouſſiren ..
ſonſt gehen ſie aus ... das heißt: ſie gehen in ein
anderes Lager über. Ich will übrigens damit bei-
leibe nicht geſagt haben, Herr Referendar, daß bei
Ihnen Nordpoltemperatur herrſchte —“ witzelte
Adam und hielt ſich ein brennendes Streichholz vor
die Cigarre.

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[279/0287] entgegen. „Guten Abend, Herr Referendar! Guten Abend, Emmy! Ich freue mich, daß ich Sie einmal wiederſehe. Und noch dazu unter dieſen pikanten Ver- hältniſſen ... in dieſem ſüßen Nebeneinander ... Darf ich einen Augenblick Platz nehmen —?“ „Bitte!“ Adam fühlte ſich plötzlich ſehr ſouverän und ſpott- luſtig aufgelegt. Ihn dünkte, er hätte die beiden Menſchen da vollſtändig in der Hand — und ein klein Wenig mit ihnen zu ſpielen, müßte ein Kapital- vergnügen ſein, das er ſich nach den Zeiten der Dürre, die er ſoeben mit Hedwig durchlebt, wohl leiſten dürfte. Der genoſſene Wein, der ihm ſchon eine vage Andeutung von Rauſch angeheftet, machte nicht minder ſeinen ſtachelnden Einfluß gelten. „Nun, mein gnädiges Fräulein, wie gefällt Ihnen eigentlich mein neuer Nachfolger im Amte — oder darf ich ihn nur für meinen Stellvertreter halten —?“ Adam ſog nachläſſig an ſeiner Virginia. Sie war wieder einmal ausgegangen. „Die Dinger ſind wie die Weiber: man muß ſie in Einemfort pouſſiren .. ſonſt gehen ſie aus ... das heißt: ſie gehen in ein anderes Lager über. Ich will übrigens damit bei- leibe nicht geſagt haben, Herr Referendar, daß bei Ihnen Nordpoltemperatur herrſchte —“ witzelte Adam und hielt ſich ein brennendes Streichholz vor die Cigarre. „Ich verſtehe Sie nicht, Herr Doctor —“ er- klärte Herr von Bodenburg pikirt.

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/287>, abgerufen am 24.11.2024.