jetzt, mit dem ganzen Hokuspokus doch von Herzen ein- verstanden sind! Nicht wahr? mein Lieb -- das Leben ist doch schön! doch! doch! doch! -- Allerdings! dieses ,doch!' ist sehr verdächtig --!"
Adam hatte an Fräulein Melitta den Wein be- zahlt und war nun Hedwig beim Anziehen des Jaquets behülflich.
Herr von Bodenburg und Emmy gingen in diesem Augenblicke vorüber.
Emmy warf einen kurzen, vorwurfsvollen Seiten- blick auf Adam, der, hinter Hedwig stehend, nickte ihr zärtlich-ironisch zu. Er wußte ja: Herr von Bodenburg war nur ein "Interims-Verhältniß".
Die Luft hatte sich kaum abgekühlt. Der Morgen war dick und schwer, der Himmel mit aufgebauscht massigen, gelbgrauen Wolkenlagern überzogen. Der Tag schien recht mürrisch und einsilbig werden zu wollen. Es war kaum Stimmung in diesem Wetter. Das junge, wachsende Licht drückte sich nur in breiten, verschwommenen Massen auseinander. Oefter kam ein warmer Wind angeblasen und furchte die Pfützen, die auf den Fahrdämmen standen. Er klopfte sanft auf die Büsche und Bäume und schüttelte einen kleinen, kitzelnden Regen hängen- und sitzengebliebener Tropfen herunter.
Adam fühlte sich doch etwas übernächtigt. Eine große Spannung wohnte kaum noch in seiner Seele. Er mußte öfter gähnen, so Vieles war ihm sehr gleichgültig, er sehnte sich nach einigen Stunden tiefen Schlafes. Er wäre jetzt so gern allein ge-
jetzt, mit dem ganzen Hokuspokus doch von Herzen ein- verſtanden ſind! Nicht wahr? mein Lieb — das Leben iſt doch ſchön! doch! doch! doch! — Allerdings! dieſes ‚doch!‘ iſt ſehr verdächtig —!“
Adam hatte an Fräulein Melitta den Wein be- zahlt und war nun Hedwig beim Anziehen des Jaquets behülflich.
Herr von Bodenburg und Emmy gingen in dieſem Augenblicke vorüber.
Emmy warf einen kurzen, vorwurfsvollen Seiten- blick auf Adam, der, hinter Hedwig ſtehend, nickte ihr zärtlich-ironiſch zu. Er wußte ja: Herr von Bodenburg war nur ein „Interims-Verhältniß“.
Die Luft hatte ſich kaum abgekühlt. Der Morgen war dick und ſchwer, der Himmel mit aufgebauſcht maſſigen, gelbgrauen Wolkenlagern überzogen. Der Tag ſchien recht mürriſch und einſilbig werden zu wollen. Es war kaum Stimmung in dieſem Wetter. Das junge, wachſende Licht drückte ſich nur in breiten, verſchwommenen Maſſen auseinander. Oefter kam ein warmer Wind angeblaſen und furchte die Pfützen, die auf den Fahrdämmen ſtanden. Er klopfte ſanft auf die Büſche und Bäume und ſchüttelte einen kleinen, kitzelnden Regen hängen- und ſitzengebliebener Tropfen herunter.
Adam fühlte ſich doch etwas übernächtigt. Eine große Spannung wohnte kaum noch in ſeiner Seele. Er mußte öfter gähnen, ſo Vieles war ihm ſehr gleichgültig, er ſehnte ſich nach einigen Stunden tiefen Schlafes. Er wäre jetzt ſo gern allein ge-
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jetzt, mit dem ganzen Hokuspokus doch von Herzen ein-
verſtanden ſind! Nicht wahr? mein Lieb — das Leben
iſt doch ſchön! doch! doch! doch! — Allerdings!
dieſes ‚doch!‘ iſt ſehr verdächtig —!“
Adam hatte an Fräulein Melitta den Wein be-
zahlt und war nun Hedwig beim Anziehen des
Jaquets behülflich.
Herr von Bodenburg und Emmy gingen in
dieſem Augenblicke vorüber.
Emmy warf einen kurzen, vorwurfsvollen Seiten-
blick auf Adam, der, hinter Hedwig ſtehend, nickte
ihr zärtlich-ironiſch zu. Er wußte ja: Herr von
Bodenburg war nur ein „Interims-Verhältniß“.
Die Luft hatte ſich kaum abgekühlt. Der Morgen
war dick und ſchwer, der Himmel mit aufgebauſcht
maſſigen, gelbgrauen Wolkenlagern überzogen. Der
Tag ſchien recht mürriſch und einſilbig werden zu
wollen. Es war kaum Stimmung in dieſem Wetter.
Das junge, wachſende Licht drückte ſich nur in
breiten, verſchwommenen Maſſen auseinander. Oefter
kam ein warmer Wind angeblaſen und furchte die
Pfützen, die auf den Fahrdämmen ſtanden. Er
klopfte ſanft auf die Büſche und Bäume und
ſchüttelte einen kleinen, kitzelnden Regen hängen-
und ſitzengebliebener Tropfen herunter.
Adam fühlte ſich doch etwas übernächtigt. Eine
große Spannung wohnte kaum noch in ſeiner Seele.
Er mußte öfter gähnen, ſo Vieles war ihm ſehr
gleichgültig, er ſehnte ſich nach einigen Stunden
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/293>, abgerufen am 23.11.2024.
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