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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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schwelgte in den Elegie'n des Herbstes, deren trans-
parente Faschingsbuntheit ihn entzückte. Mit der Sonne,
der vollen, goldenen Sonne, war er nach und nach in
ein ganz leidliches Verhältniß gekommen. Er liebte ein
gutes Glas Wein, eine gute, mittelschwere Felix-Brasil-
Cigarre, eine gute Virginia-Cigarette. Und ob auch die
brutale Welt der Objecte seiner Epidermis und dem, was
dahinterstak, manchmal recht impertinent mitspielte und
zusetzte -- Adam hatte sich fast so Etwas wie Humor
und kaustisches Behagen angeschafft. Er studirte
sich mit coquetter Selbstironie und kümmerte sich doch
um das Elend der "Masse", das sein weiches Herz
zeitweilig mächtig ergriff. Er klügelte pädagogische
Weltbeglückungssysteme aus, träumte von einem euro-
päischen Staatenbunde, studirte tapfer Sociologie,
und hielt es der Mühe für werth, Broschüren über
den deutschen Gymnasiallehrer, dem er herzlich gram
war .. er hatte den Kerl eben gar sehr in der Nähe
kennen gelernt .. und über das Proletariat des Geistes
zu schreiben. Er hielt es der Mühe für werth, sich
immer leidenschaftlicher als Germanen zu fühlen, die
Poesie und historische Gewaltigkeit des deutschen Kaiser-
thums zu begreifen .. und den Juden glühender, immer
glühender, wilder, fanatischer zu hassen .. mit unschönem
fressendem, persönlichem Hasse. Das war's: Adam
hatte sich eben weiterentwickelt, er war ein natür-
liches Opfer seiner Fortentwicklung geworden. Ein-
mal hatte er sich auf den Sternenpolstern und in
den Hängematten des Kosmos herumgeräkelt und
ausgeflegelt. Einmal war sein Seelenleben ein brei-

ſchwelgte in den Elegie'n des Herbſtes, deren trans-
parente Faſchingsbuntheit ihn entzückte. Mit der Sonne,
der vollen, goldenen Sonne, war er nach und nach in
ein ganz leidliches Verhältniß gekommen. Er liebte ein
gutes Glas Wein, eine gute, mittelſchwere Felix-Braſil-
Cigarre, eine gute Virginia-Cigarette. Und ob auch die
brutale Welt der Objecte ſeiner Epidermis und dem, was
dahinterſtak, manchmal recht impertinent mitſpielte und
zuſetzte — Adam hatte ſich faſt ſo Etwas wie Humor
und kauſtiſches Behagen angeſchafft. Er ſtudirte
ſich mit coquetter Selbſtironie und kümmerte ſich doch
um das Elend der „Maſſe“, das ſein weiches Herz
zeitweilig mächtig ergriff. Er klügelte pädagogiſche
Weltbeglückungsſyſteme aus, träumte von einem euro-
päiſchen Staatenbunde, ſtudirte tapfer Sociologie,
und hielt es der Mühe für werth, Broſchüren über
den deutſchen Gymnaſiallehrer, dem er herzlich gram
war .. er hatte den Kerl eben gar ſehr in der Nähe
kennen gelernt .. und über das Proletariat des Geiſtes
zu ſchreiben. Er hielt es der Mühe für werth, ſich
immer leidenſchaftlicher als Germanen zu fühlen, die
Poeſie und hiſtoriſche Gewaltigkeit des deutſchen Kaiſer-
thums zu begreifen .. und den Juden glühender, immer
glühender, wilder, fanatiſcher zu haſſen .. mit unſchönem
freſſendem, perſönlichem Haſſe. Das war's: Adam
hatte ſich eben weiterentwickelt, er war ein natür-
liches Opfer ſeiner Fortentwicklung geworden. Ein-
mal hatte er ſich auf den Sternenpolſtern und in
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[361/0369] ſchwelgte in den Elegie'n des Herbſtes, deren trans- parente Faſchingsbuntheit ihn entzückte. Mit der Sonne, der vollen, goldenen Sonne, war er nach und nach in ein ganz leidliches Verhältniß gekommen. Er liebte ein gutes Glas Wein, eine gute, mittelſchwere Felix-Braſil- Cigarre, eine gute Virginia-Cigarette. Und ob auch die brutale Welt der Objecte ſeiner Epidermis und dem, was dahinterſtak, manchmal recht impertinent mitſpielte und zuſetzte — Adam hatte ſich faſt ſo Etwas wie Humor und kauſtiſches Behagen angeſchafft. Er ſtudirte ſich mit coquetter Selbſtironie und kümmerte ſich doch um das Elend der „Maſſe“, das ſein weiches Herz zeitweilig mächtig ergriff. Er klügelte pädagogiſche Weltbeglückungsſyſteme aus, träumte von einem euro- päiſchen Staatenbunde, ſtudirte tapfer Sociologie, und hielt es der Mühe für werth, Broſchüren über den deutſchen Gymnaſiallehrer, dem er herzlich gram war .. er hatte den Kerl eben gar ſehr in der Nähe kennen gelernt .. und über das Proletariat des Geiſtes zu ſchreiben. Er hielt es der Mühe für werth, ſich immer leidenſchaftlicher als Germanen zu fühlen, die Poeſie und hiſtoriſche Gewaltigkeit des deutſchen Kaiſer- thums zu begreifen .. und den Juden glühender, immer glühender, wilder, fanatiſcher zu haſſen .. mit unſchönem freſſendem, perſönlichem Haſſe. Das war's: Adam hatte ſich eben weiterentwickelt, er war ein natür- liches Opfer ſeiner Fortentwicklung geworden. Ein- mal hatte er ſich auf den Sternenpolſtern und in den Hängematten des Kosmos herumgeräkelt und ausgeflegelt. Einmal war ſein Seelenleben ein brei-

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/369>, abgerufen am 22.11.2024.