bewegen -- und tausend Mark waren wirklich nicht zu viel: es galt ja die Existenz einer ganzen Familie neu zu begründen! -- und dann mußte er doch, wenn er sich so als Anwalt des socialen Elends vor ihr gerirte, damit entschieden Eindruck auf sie machen -- das war klar. Ergo -- los denn! 'rin ins Verjniegen! --
Einen Augenblick dachte Adam noch an Herrn Quöck. Aber nein! Dieser Mensch, der also mit der Couponscheere auf die Welt gekommen war, besaß kein Verständniß für das Unglück Anderer. Wohl möglich, daß Herr Quöck ihm, Adam, aus persönlicher Gewogenheit die Summe lieh -- aber der brave Mann blieb trotzdem der Herr Vetter von der Frau Lydia -- und wer weiß! -- -- es ist jedenfalls immer besser, immer praktischer und in der Regel auch bequemer, mit dem Egoismus und den ordinärsten Lebensinstinkten seiner "Nächsten" lieber etwas zu viel, als zu wenig zu rechnen. Ohne An- deutungen Frau Lange gegenüber würde es bei Herrn Quöck doch nicht abgehen. Andeutungen jedoch -- na! was da unter Umständen für ein edler Brei herauskommen kann, wenn man sotane "Andeutungen" sich selber überläßt --: Adam hatte das etzliche Male auf sehr kitzliche Art erfahren müssen in seinem Leben und an seiner höchsteigenen Person dazu. Also Vorsicht! Eines Tages, darauf mußte er sich gefaßt machen, fand er sonst seinen Weg zu Lydia in einen rechtschaffenen Nesselacker verwandelt -- und für die Posaunenengel seiner Hoffnungen und Erwartungen
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bewegen — und tauſend Mark waren wirklich nicht zu viel: es galt ja die Exiſtenz einer ganzen Familie neu zu begründen! — und dann mußte er doch, wenn er ſich ſo als Anwalt des ſocialen Elends vor ihr gerirte, damit entſchieden Eindruck auf ſie machen — das war klar. Ergo — los denn! 'rin ins Verjniegen! —
Einen Augenblick dachte Adam noch an Herrn Quöck. Aber nein! Dieſer Menſch, der alſo mit der Couponſcheere auf die Welt gekommen war, beſaß kein Verſtändniß für das Unglück Anderer. Wohl möglich, daß Herr Quöck ihm, Adam, aus perſönlicher Gewogenheit die Summe lieh — aber der brave Mann blieb trotzdem der Herr Vetter von der Frau Lydia — und wer weiß! — — es iſt jedenfalls immer beſſer, immer praktiſcher und in der Regel auch bequemer, mit dem Egoismus und den ordinärſten Lebensinſtinkten ſeiner „Nächſten“ lieber etwas zu viel, als zu wenig zu rechnen. Ohne An- deutungen Frau Lange gegenüber würde es bei Herrn Quöck doch nicht abgehen. Andeutungen jedoch — na! was da unter Umſtänden für ein edler Brei herauskommen kann, wenn man ſotane „Andeutungen“ ſich ſelber überläßt —: Adam hatte das etzliche Male auf ſehr kitzliche Art erfahren müſſen in ſeinem Leben und an ſeiner höchſteigenen Perſon dazu. Alſo Vorſicht! Eines Tages, darauf mußte er ſich gefaßt machen, fand er ſonſt ſeinen Weg zu Lydia in einen rechtſchaffenen Neſſelacker verwandelt — und für die Poſaunenengel ſeiner Hoffnungen und Erwartungen
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bewegen — und tauſend Mark waren wirklich
nicht zu viel: es galt ja die Exiſtenz einer ganzen
Familie neu zu begründen! — und dann mußte er
doch, wenn er ſich ſo als Anwalt des ſocialen
Elends vor ihr gerirte, damit entſchieden Eindruck
auf ſie machen — das war klar. Ergo — los
denn! 'rin ins Verjniegen! —
Einen Augenblick dachte Adam noch an Herrn
Quöck. Aber nein! Dieſer Menſch, der alſo mit
der Couponſcheere auf die Welt gekommen war, beſaß
kein Verſtändniß für das Unglück Anderer. Wohl
möglich, daß Herr Quöck ihm, Adam, aus perſönlicher
Gewogenheit die Summe lieh — aber der brave
Mann blieb trotzdem der Herr Vetter von der Frau
Lydia — und wer weiß! — — es iſt jedenfalls
immer beſſer, immer praktiſcher und in der Regel
auch bequemer, mit dem Egoismus und den ordinärſten
Lebensinſtinkten ſeiner „Nächſten“ lieber etwas zu
viel, als zu wenig zu rechnen. Ohne An-
deutungen Frau Lange gegenüber würde es bei Herrn
Quöck doch nicht abgehen. Andeutungen jedoch —
na! was da unter Umſtänden für ein edler Brei
herauskommen kann, wenn man ſotane „Andeutungen“
ſich ſelber überläßt —: Adam hatte das etzliche
Male auf ſehr kitzliche Art erfahren müſſen in ſeinem
Leben und an ſeiner höchſteigenen Perſon dazu. Alſo
Vorſicht! Eines Tages, darauf mußte er ſich gefaßt
machen, fand er ſonſt ſeinen Weg zu Lydia in einen
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/379>, abgerufen am 22.11.2024.
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