"Hm! . Und Sie täuschen sich wirklich nicht selbst, Herr Doctor --? Was hat Sie auf einmal so in den Harnisch gebracht, wo Sie doch, so viel ich mich wenigstens erinnern kann, früher -- --"
"Jawohl! Früher! -- Kommen Sie nur so! Das sieht Ihnen ähnlich! 'N Weib! Nun ja! Aber ich bin eben Gott sei Dank! ein And'rer ge- worden -- ich -- ich bin -- --" Adam war doch etwas unsicher, kleinlaut, betreten geworden. Lydia merkte diese zarte Nuance sehr fein heraus. Sie wurde kühner. Und jetzt zuckte eine Vermuthung in ihr auf, kurz, jäh, schießend und so unmittelbar, daß sie fast unverknüpft, selbständig erschien, aber darum nur um so nachdrücklicher zwang, um so mehr und um so schneller überzeugte.
"Ich werde Ihnen sagen, Herr Doctor, wem Sie mit dem Gelde helfen wollen -- und damit sind dann auch die bewußten direkten Gründe bloßgelegt -- --"
"Nun --?" fragte Adam, halb ehrlich-neugierig, halb verlegen, jedenfalls sehr peinlich berührt, so etwas wie geheimes Schuldbewußtsein in der Brust.
"Sie wollen das Geld für -- für -- Irmers haben --?"
"Nun --? Und wenn das der Fall wäre -- --" antwortete Adam überlaut, mit affektirtem Trotz --
"Sie -- Sie lieben Hedwig Irmer --?" Lydia hatte doch sehr leise gesprochen.
„Hm! . Und Sie täuſchen ſich wirklich nicht ſelbſt, Herr Doctor —? Was hat Sie auf einmal ſo in den Harniſch gebracht, wo Sie doch, ſo viel ich mich wenigſtens erinnern kann, früher — —“
„Jawohl! Früher! — Kommen Sie nur ſo! Das ſieht Ihnen ähnlich! 'N Weib! Nun ja! Aber ich bin eben Gott ſei Dank! ein And'rer ge- worden — ich — ich bin — —“ Adam war doch etwas unſicher, kleinlaut, betreten geworden. Lydia merkte dieſe zarte Nuance ſehr fein heraus. Sie wurde kühner. Und jetzt zuckte eine Vermuthung in ihr auf, kurz, jäh, ſchießend und ſo unmittelbar, daß ſie faſt unverknüpft, ſelbſtändig erſchien, aber darum nur um ſo nachdrücklicher zwang, um ſo mehr und um ſo ſchneller überzeugte.
„Ich werde Ihnen ſagen, Herr Doctor, wem Sie mit dem Gelde helfen wollen — und damit ſind dann auch die bewußten direkten Gründe bloßgelegt — —“
„Nun —?“ fragte Adam, halb ehrlich-neugierig, halb verlegen, jedenfalls ſehr peinlich berührt, ſo etwas wie geheimes Schuldbewußtſein in der Bruſt.
„Sie wollen das Geld für — für — Irmers haben —?“
„Nun —? Und wenn das der Fall wäre — —“ antwortete Adam überlaut, mit affektirtem Trotz —
„Sie — Sie lieben Hedwig Irmer —?“ Lydia hatte doch ſehr leiſe geſprochen.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0396"n="388"/>
moraliſchen Anſchauungen — meine ethiſchen Prin-<lb/>
cipien ——“</p><lb/><p>„Hm! . Und Sie täuſchen ſich wirklich nicht ſelbſt,<lb/>
Herr Doctor —? Was hat Sie auf einmal ſo in<lb/>
den Harniſch gebracht, wo Sie doch, ſo viel ich mich<lb/>
wenigſtens erinnern kann, früher ——“</p><lb/><p>„Jawohl! Früher! — Kommen Sie nur ſo!<lb/>
Das ſieht Ihnen ähnlich! 'N Weib! Nun ja!<lb/>
Aber ich bin eben Gott ſei Dank! ein And'rer ge-<lb/>
worden — ich — ich bin ——“ Adam war doch<lb/>
etwas unſicher, kleinlaut, betreten geworden. Lydia<lb/>
merkte dieſe zarte Nuance ſehr fein heraus. Sie<lb/>
wurde kühner. Und jetzt zuckte eine Vermuthung<lb/>
in ihr auf, kurz, jäh, ſchießend und ſo unmittelbar,<lb/>
daß ſie faſt unverknüpft, ſelbſtändig erſchien, aber<lb/>
darum nur um ſo nachdrücklicher zwang, um ſo mehr<lb/>
und um ſo ſchneller überzeugte.</p><lb/><p>„Ich werde Ihnen ſagen, Herr Doctor, wem<lb/>
Sie mit dem Gelde helfen wollen — und damit<lb/>ſind dann auch die bewußten <hirendition="#g">direkten</hi> Gründe<lb/>
bloßgelegt ——“</p><lb/><p>„Nun —?“ fragte Adam, halb ehrlich-neugierig,<lb/>
halb verlegen, jedenfalls ſehr peinlich berührt, ſo<lb/>
etwas wie geheimes Schuldbewußtſein in der Bruſt.</p><lb/><p>„Sie wollen das Geld für — für — Irmers<lb/>
haben —?“</p><lb/><p>„Nun —? Und wenn das der Fall wäre ——“<lb/>
antwortete Adam überlaut, mit affektirtem Trotz —</p><lb/><p>„Sie — Sie lieben Hedwig Irmer —?“ Lydia<lb/>
hatte doch ſehr leiſe geſprochen.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[388/0396]
moraliſchen Anſchauungen — meine ethiſchen Prin-
cipien — —“
„Hm! . Und Sie täuſchen ſich wirklich nicht ſelbſt,
Herr Doctor —? Was hat Sie auf einmal ſo in
den Harniſch gebracht, wo Sie doch, ſo viel ich mich
wenigſtens erinnern kann, früher — —“
„Jawohl! Früher! — Kommen Sie nur ſo!
Das ſieht Ihnen ähnlich! 'N Weib! Nun ja!
Aber ich bin eben Gott ſei Dank! ein And'rer ge-
worden — ich — ich bin — —“ Adam war doch
etwas unſicher, kleinlaut, betreten geworden. Lydia
merkte dieſe zarte Nuance ſehr fein heraus. Sie
wurde kühner. Und jetzt zuckte eine Vermuthung
in ihr auf, kurz, jäh, ſchießend und ſo unmittelbar,
daß ſie faſt unverknüpft, ſelbſtändig erſchien, aber
darum nur um ſo nachdrücklicher zwang, um ſo mehr
und um ſo ſchneller überzeugte.
„Ich werde Ihnen ſagen, Herr Doctor, wem
Sie mit dem Gelde helfen wollen — und damit
ſind dann auch die bewußten direkten Gründe
bloßgelegt — —“
„Nun —?“ fragte Adam, halb ehrlich-neugierig,
halb verlegen, jedenfalls ſehr peinlich berührt, ſo
etwas wie geheimes Schuldbewußtſein in der Bruſt.
„Sie wollen das Geld für — für — Irmers
haben —?“
„Nun —? Und wenn das der Fall wäre — —“
antwortete Adam überlaut, mit affektirtem Trotz —
„Sie — Sie lieben Hedwig Irmer —?“ Lydia
hatte doch ſehr leiſe geſprochen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/396>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.