züchten und in die Höhe zu schwingen. Man muß mit seiner Zeit "fortschreiten." Also hat man eines Tages die Pflicht, "Fabrikant" zu werden. Das ist einfach.
Traugott Quöck sen. besaß einen Sohn, an den er "viel drangewandt" hatte, das heißt: Viel Geld, viel Mühe, Geduld, Lebensspesen, Nachsicht -- und schließlich war es ihm auch nicht darauf ange- kommen, ein kleines Bündel unerfüllt gebliebener Hoffnungen an seinen eingeborenen Filius noch extra "dranzuwenden". --
Nach dem Tode seines Vaters hatte es Trau- gott Quöck jun. für nützlich befunden, sich schon in jüngeren Läuften seines angenehm gesicherten Lebens zum jovialen Menschen herauszufexen. Er hatte die "Fabrik" seines Vaters, deren Mitinhaber er ein paar Jahre hindurch formell gewesen, nach dem Tode ihres Begründers schleunigst verkauft, war in die nächste größere Stadt versiedelt -- und "verwaltete" nun sein Vermögen, "speku- lirte" ein Wenig zum Zeitvertreib, war Mitglied einer bierbräulichen Aktiengesellschaft -- er saß so- gar in ihrem "Verwaltungsrathe"! -- und genoß im Uebrigen sein Leben harmlos, einfach, bescheiden, ge- müthlich, höchstens mit einem nur ganz kleinen, nur ganz spröden Stich in's Raffinirte, befriedigte zeit- weilig, wie es gerade kam, auch seine "geistigen Be- dürfnisse", ging 'mal in's Theater, 'mal in's Concert, unterstützte mit Vorliebe einen Verein, der es sich angelegen sein ließ, für Vermehrung der öffentlichen Aborte und Retiraden Sorge zu tragen, trug einen
züchten und in die Höhe zu ſchwingen. Man muß mit ſeiner Zeit „fortſchreiten.“ Alſo hat man eines Tages die Pflicht, „Fabrikant“ zu werden. Das iſt einfach.
Traugott Quöck sen. beſaß einen Sohn, an den er „viel drangewandt“ hatte, das heißt: Viel Geld, viel Mühe, Geduld, Lebensſpeſen, Nachſicht — und ſchließlich war es ihm auch nicht darauf ange- kommen, ein kleines Bündel unerfüllt gebliebener Hoffnungen an ſeinen eingeborenen Filius noch extra „dranzuwenden“. —
Nach dem Tode ſeines Vaters hatte es Trau- gott Quöck jun. für nützlich befunden, ſich ſchon in jüngeren Läuften ſeines angenehm geſicherten Lebens zum jovialen Menſchen herauszufexen. Er hatte die „Fabrik“ ſeines Vaters, deren Mitinhaber er ein paar Jahre hindurch formell geweſen, nach dem Tode ihres Begründers ſchleunigſt verkauft, war in die nächſte größere Stadt verſiedelt — und „verwaltete“ nun ſein Vermögen, „ſpeku- lirte“ ein Wenig zum Zeitvertreib, war Mitglied einer bierbräulichen Aktiengeſellſchaft — er ſaß ſo- gar in ihrem „Verwaltungsrathe“! — und genoß im Uebrigen ſein Leben harmlos, einfach, beſcheiden, ge- müthlich, höchſtens mit einem nur ganz kleinen, nur ganz ſpröden Stich in's Raffinirte, befriedigte zeit- weilig, wie es gerade kam, auch ſeine „geiſtigen Be- dürfniſſe“, ging 'mal in's Theater, 'mal in's Concert, unterſtützte mit Vorliebe einen Verein, der es ſich angelegen ſein ließ, für Vermehrung der öffentlichen Aborte und Retiraden Sorge zu tragen, trug einen
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züchten und in die Höhe zu ſchwingen. Man muß
mit ſeiner Zeit „fortſchreiten.“ Alſo hat man eines
Tages die Pflicht, „Fabrikant“ zu werden. Das iſt einfach.
Traugott Quöck sen. beſaß einen Sohn, an den
er „viel drangewandt“ hatte, das heißt: Viel Geld,
viel Mühe, Geduld, Lebensſpeſen, Nachſicht — und
ſchließlich war es ihm auch nicht darauf ange-
kommen, ein kleines Bündel unerfüllt gebliebener
Hoffnungen an ſeinen eingeborenen Filius noch
extra „dranzuwenden“. —
Nach dem Tode ſeines Vaters hatte es Trau-
gott Quöck jun. für nützlich befunden, ſich ſchon in
jüngeren Läuften ſeines angenehm geſicherten Lebens
zum jovialen Menſchen herauszufexen. Er hatte
die „Fabrik“ ſeines Vaters, deren Mitinhaber er ein
paar Jahre hindurch formell geweſen, nach dem
Tode ihres Begründers ſchleunigſt verkauft,
war in die nächſte größere Stadt verſiedelt —
und „verwaltete“ nun ſein Vermögen, „ſpeku-
lirte“ ein Wenig zum Zeitvertreib, war Mitglied
einer bierbräulichen Aktiengeſellſchaft — er ſaß ſo-
gar in ihrem „Verwaltungsrathe“! — und genoß im
Uebrigen ſein Leben harmlos, einfach, beſcheiden, ge-
müthlich, höchſtens mit einem nur ganz kleinen, nur
ganz ſpröden Stich in's Raffinirte, befriedigte zeit-
weilig, wie es gerade kam, auch ſeine „geiſtigen Be-
dürfniſſe“, ging 'mal in's Theater, 'mal in's Concert,
unterſtützte mit Vorliebe einen Verein, der es ſich
angelegen ſein ließ, für Vermehrung der öffentlichen
Aborte und Retiraden Sorge zu tragen, trug einen
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/40>, abgerufen am 21.11.2024.
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