einem verbogenen Rucke in die Höhe und tastete schwerfällig-ungelenk nach seinem Hute. Die Kellnerin kam auf ihn zugelaufen.
"Was habe ich --?" fragte Adam mit schwerer, unsicherer Zunge.
"Du willst schon gehen --? Warum denn --?"
"Mir ist nicht wohl .. Das ist auch 'n Dunst -- 'ne Luft -- 'n Gestank -- hier -- nicht zum Aushalten! . Also wie viel Bier? . Und .. und .. das .. das Bröt -- chen --?"
Leni rechnete mürrisch zusammen. Sie hatte wieder ihr erstes, abweisendes, verächtlich achselzucken- des Benehmen angenommen. Adam warf das Geld auf den Tisch. Das Weib war ihm jetzt verflucht gleichgültig. Nur 'raus aus dieser entsetzlichen Bude! Er hatte keine Zeit, den Beichtvater zu spielen .. oder verpflichtende Zärtlichkeiten sich abschmeicheln zu lassen.
"Adieu! Ich komm morgen wieder --"
"Ach Du! Geh' nur! Du bist ooch nicht an- ders --"
"Du wirst ja sehen, daß ich Wort halte -- --"
"Meinetwegen brauchst Du nich zu kommen --"
"Nu denn nich, meine Theure! Adieu!"
An der Thür sah sich Adam noch einmal um. Das war ein graues, widerlich verqualmtes, schwer- fällig hin- und herschaukelndes Bild, was er da vor sich hatte. Leni war verschwunden, wie hinwegge- nommen, verschluckt. Nein! doch nicht. Da hinten am Buffet flirrte ihre rothe Taille in falbem, ver-
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einem verbogenen Rucke in die Höhe und taſtete ſchwerfällig-ungelenk nach ſeinem Hute. Die Kellnerin kam auf ihn zugelaufen.
„Was habe ich —?“ fragte Adam mit ſchwerer, unſicherer Zunge.
„Du willſt ſchon gehen —? Warum denn —?“
„Mir iſt nicht wohl .. Das iſt auch 'n Dunſt — 'ne Luft — 'n Geſtank — hier — nicht zum Aushalten! . Alſo wie viel Bier? . Und .. und .. das .. das Bröt — chen —?“
Leni rechnete mürriſch zuſammen. Sie hatte wieder ihr erſtes, abweiſendes, verächtlich achſelzucken- des Benehmen angenommen. Adam warf das Geld auf den Tiſch. Das Weib war ihm jetzt verflucht gleichgültig. Nur 'raus aus dieſer entſetzlichen Bude! Er hatte keine Zeit, den Beichtvater zu ſpielen .. oder verpflichtende Zärtlichkeiten ſich abſchmeicheln zu laſſen.
„Adieu! Ich komm morgen wieder —“
„Ach Du! Geh' nur! Du biſt ooch nicht an- ders —“
„Du wirſt ja ſehen, daß ich Wort halte — —“
„Meinetwegen brauchſt Du nich zu kommen —“
„Nu denn nich, meine Theure! Adieu!“
An der Thür ſah ſich Adam noch einmal um. Das war ein graues, widerlich verqualmtes, ſchwer- fällig hin- und herſchaukelndes Bild, was er da vor ſich hatte. Leni war verſchwunden, wie hinwegge- nommen, verſchluckt. Nein! doch nicht. Da hinten am Buffet flirrte ihre rothe Taille in falbem, ver-
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einem verbogenen Rucke in die Höhe und taſtete
ſchwerfällig-ungelenk nach ſeinem Hute. Die Kellnerin
kam auf ihn zugelaufen.
„Was habe ich —?“ fragte Adam mit ſchwerer,
unſicherer Zunge.
„Du willſt ſchon gehen —? Warum denn —?“
„Mir iſt nicht wohl .. Das iſt auch 'n Dunſt
— 'ne Luft — 'n Geſtank — hier — nicht zum
Aushalten! . Alſo wie viel Bier? . Und .. und ..
das .. das Bröt — chen —?“
Leni rechnete mürriſch zuſammen. Sie hatte
wieder ihr erſtes, abweiſendes, verächtlich achſelzucken-
des Benehmen angenommen. Adam warf das Geld
auf den Tiſch. Das Weib war ihm jetzt verflucht
gleichgültig. Nur 'raus aus dieſer entſetzlichen Bude!
Er hatte keine Zeit, den Beichtvater zu ſpielen ..
oder verpflichtende Zärtlichkeiten ſich abſchmeicheln
zu laſſen.
„Adieu! Ich komm morgen wieder —“
„Ach Du! Geh' nur! Du biſt ooch nicht an-
ders —“
„Du wirſt ja ſehen, daß ich Wort halte — —“
„Meinetwegen brauchſt Du nich zu kommen —“
„Nu denn nich, meine Theure! Adieu!“
An der Thür ſah ſich Adam noch einmal um.
Das war ein graues, widerlich verqualmtes, ſchwer-
fällig hin- und herſchaukelndes Bild, was er da vor
ſich hatte. Leni war verſchwunden, wie hinwegge-
nommen, verſchluckt. Nein! doch nicht. Da hinten
am Buffet flirrte ihre rothe Taille in falbem, ver-
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/411>, abgerufen am 23.11.2024.
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