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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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kräftet und haltlos lehnte Adam das Haupt zurück.
Er schloß die Augen. Er fühlte sich unsäglich elend,
er hätte weinen mögen, nun schluchzte er leise auf.
Und doch war es ihm ein liebes, stilles Trostgefühl,
daß Emmy in seiner Nähe war.

Die hatte das Fenster geschlossen und die Vor-
hänge zusammengezogen. Nun ging sie nach dem
Schlafzimmer hinüber und suchte nach Leinen für die
kalten Umschläge. Sie kam mit dem Waschbecken
zurück, rückte einen Stuhl neben das Sopha und
begann ihr Liebeswerk. Die "Sünderin" war zur
Samariterin geworden.

Allmählich wurde Adam ruhiger, das unendlich
wohlthuende Gefühl der Geborgenheit kam wieder
über ihn. Er träumte leise vor sich hin, schlief
wohl öfter auch einmal eine kleine Weile, dann
sickerte er wieder zum Leben, zum annähernden Be-
greifen seiner momentanen Lage zurück. Einmal
flüsterte er "Leni" vor sich hin. Emmy hatte sich
neben ihn gesetzt, sie sah ihn mit ihren großen,
dunklen Augen traurig an, manchmal strich sie leise,
liebkosend mit ihrer kleinen, glatten, kühlen Hand
über seine Stirn oder ließ diese kleine, feste,
kühle Hand seiner Hand, die immer wieder
nach ihr suchte ... Die liebe Trösterin hatte das
Buch wieder vorgenommen und las ab und zu ein
paar Zeilen. Oefter blinzelte sie Adam von seiner
verdämmerten Sophaecke aus an und genoß mit
leisem Behagen die hellen, klaren Linien ihres schönen
Profils. Da sie ihn alle verlassen hatten, war ihm

kräftet und haltlos lehnte Adam das Haupt zurück.
Er ſchloß die Augen. Er fühlte ſich unſäglich elend,
er hätte weinen mögen, nun ſchluchzte er leiſe auf.
Und doch war es ihm ein liebes, ſtilles Troſtgefühl,
daß Emmy in ſeiner Nähe war.

Die hatte das Fenſter geſchloſſen und die Vor-
hänge zuſammengezogen. Nun ging ſie nach dem
Schlafzimmer hinüber und ſuchte nach Leinen für die
kalten Umſchläge. Sie kam mit dem Waſchbecken
zurück, rückte einen Stuhl neben das Sopha und
begann ihr Liebeswerk. Die „Sünderin“ war zur
Samariterin geworden.

Allmählich wurde Adam ruhiger, das unendlich
wohlthuende Gefühl der Geborgenheit kam wieder
über ihn. Er träumte leiſe vor ſich hin, ſchlief
wohl öfter auch einmal eine kleine Weile, dann
ſickerte er wieder zum Leben, zum annähernden Be-
greifen ſeiner momentanen Lage zurück. Einmal
flüſterte er „Leni“ vor ſich hin. Emmy hatte ſich
neben ihn geſetzt, ſie ſah ihn mit ihren großen,
dunklen Augen traurig an, manchmal ſtrich ſie leiſe,
liebkoſend mit ihrer kleinen, glatten, kühlen Hand
über ſeine Stirn oder ließ dieſe kleine, feſte,
kühle Hand ſeiner Hand, die immer wieder
nach ihr ſuchte ... Die liebe Tröſterin hatte das
Buch wieder vorgenommen und las ab und zu ein
paar Zeilen. Oefter blinzelte ſie Adam von ſeiner
verdämmerten Sophaecke aus an und genoß mit
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Profils. Da ſie ihn alle verlaſſen hatten, war ihm

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[424/0432] kräftet und haltlos lehnte Adam das Haupt zurück. Er ſchloß die Augen. Er fühlte ſich unſäglich elend, er hätte weinen mögen, nun ſchluchzte er leiſe auf. Und doch war es ihm ein liebes, ſtilles Troſtgefühl, daß Emmy in ſeiner Nähe war. Die hatte das Fenſter geſchloſſen und die Vor- hänge zuſammengezogen. Nun ging ſie nach dem Schlafzimmer hinüber und ſuchte nach Leinen für die kalten Umſchläge. Sie kam mit dem Waſchbecken zurück, rückte einen Stuhl neben das Sopha und begann ihr Liebeswerk. Die „Sünderin“ war zur Samariterin geworden. Allmählich wurde Adam ruhiger, das unendlich wohlthuende Gefühl der Geborgenheit kam wieder über ihn. Er träumte leiſe vor ſich hin, ſchlief wohl öfter auch einmal eine kleine Weile, dann ſickerte er wieder zum Leben, zum annähernden Be- greifen ſeiner momentanen Lage zurück. Einmal flüſterte er „Leni“ vor ſich hin. Emmy hatte ſich neben ihn geſetzt, ſie ſah ihn mit ihren großen, dunklen Augen traurig an, manchmal ſtrich ſie leiſe, liebkoſend mit ihrer kleinen, glatten, kühlen Hand über ſeine Stirn oder ließ dieſe kleine, feſte, kühle Hand ſeiner Hand, die immer wieder nach ihr ſuchte ... Die liebe Tröſterin hatte das Buch wieder vorgenommen und las ab und zu ein paar Zeilen. Oefter blinzelte ſie Adam von ſeiner verdämmerten Sophaecke aus an und genoß mit leiſem Behagen die hellen, klaren Linien ihres ſchönen Profils. Da ſie ihn alle verlaſſen hatten, war ihm

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/432>, abgerufen am 24.11.2024.