in einander gelegen, fest, zärtlich. Dabei hatten sie sich voll in die Augen gesehen. Sie gehörten nun zusammen und sie mußten sich schon treu sein. -- --
Das weiße Taschentuch Lydias flatterte immer noch, Adam schwenkte den Hut. Der weiße, hin- und herzitternde Punkt verschwamm nun und verblaßte mehr und mehr, jetzt war er ganz und gar von der Entfernung aufgeschluckt. Der Perron war leer ge- worden. Adam blieb noch einen Augenblick stehen, blickte vor sich hin, freute sich, daß Lydia diskret die Geldgeschichte auch nicht mit der kleinsten An- deutung wieder berührt hatte, dann wandte er sich um, ging langsam durch die Vorhalle dem Ausgang zu und stieg langsam die Steintreppe hinunter, die vom Bahnhofsportal auf die Straße führte. Er befand sich in einem seelisch sehr merkwürdigen Zu- stande. Lydias Abreise stimmte ihn beinahe senti- mental, that ihm beinahe weh. Er wunderte sich darüber und schüttelte den Kopf. --
in einander gelegen, feſt, zärtlich. Dabei hatten ſie ſich voll in die Augen geſehen. Sie gehörten nun zuſammen und ſie mußten ſich ſchon treu ſein. — —
Das weiße Taſchentuch Lydias flatterte immer noch, Adam ſchwenkte den Hut. Der weiße, hin- und herzitternde Punkt verſchwamm nun und verblaßte mehr und mehr, jetzt war er ganz und gar von der Entfernung aufgeſchluckt. Der Perron war leer ge- worden. Adam blieb noch einen Augenblick ſtehen, blickte vor ſich hin, freute ſich, daß Lydia diskret die Geldgeſchichte auch nicht mit der kleinſten An- deutung wieder berührt hatte, dann wandte er ſich um, ging langſam durch die Vorhalle dem Ausgang zu und ſtieg langſam die Steintreppe hinunter, die vom Bahnhofsportal auf die Straße führte. Er befand ſich in einem ſeeliſch ſehr merkwürdigen Zu- ſtande. Lydias Abreiſe ſtimmte ihn beinahe ſenti- mental, that ihm beinahe weh. Er wunderte ſich darüber und ſchüttelte den Kopf. —
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in einander gelegen, feſt, zärtlich. Dabei hatten ſie
ſich voll in die Augen geſehen. Sie gehörten nun
zuſammen und ſie mußten ſich ſchon treu ſein. — —
Das weiße Taſchentuch Lydias flatterte immer
noch, Adam ſchwenkte den Hut. Der weiße, hin- und
herzitternde Punkt verſchwamm nun und verblaßte
mehr und mehr, jetzt war er ganz und gar von der
Entfernung aufgeſchluckt. Der Perron war leer ge-
worden. Adam blieb noch einen Augenblick ſtehen,
blickte vor ſich hin, freute ſich, daß Lydia diskret
die Geldgeſchichte auch nicht mit der kleinſten An-
deutung wieder berührt hatte, dann wandte er ſich
um, ging langſam durch die Vorhalle dem Ausgang
zu und ſtieg langſam die Steintreppe hinunter, die
vom Bahnhofsportal auf die Straße führte. Er
befand ſich in einem ſeeliſch ſehr merkwürdigen Zu-
ſtande. Lydias Abreiſe ſtimmte ihn beinahe ſenti-
mental, that ihm beinahe weh. Er wunderte ſich
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/464>, abgerufen am 21.11.2024.
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