ist gut, wenn der Mensch eine "reiche Partie" macht. Adam wurde mit der Partie, die er gemacht hatte, immer einverstandener. Er nahm sich vor, unter der Hand bei einem kaufmännischen Auskunftsbureau einmal genauer nach den Vermögensverhältnissen Lydias zu recherchiren -- das war doch sehr von Belang für ihn. In den letzten Tagen war ihm überdies öfter ein Gedanke zurückgekehrt, mit dem er schon vor Jahren gespielt, der sich aber wieder ver- flüchtigt hatte, weil damals zu seiner Verwirklichung blutwenig Aussicht, weil blutwenig Material vorhan- den gewesen war. Nun stand die Sache schon an- ders. Jetzt durfte er schon mit größerem Rechte an sein geliebtes "Paedagogium der Zukunft" denken. Und Adam beschloß, sich demnächst einmal ernstlich daran zu machen, die Grundprincipien dieses seines "Paedagogiums der Zukunft" zu entwerfen. --
Auf die Tage der äußeren und inneren Stürme und Katastrophen sollten die Tage ernster, gesammel- ter, "sühnender" Arbeit folgen. Ja! Er wollte ar- beiten, besaß er doch noch Ideale! Vielleicht noch zwei, vielleicht sogar noch drei, vielleicht auch nur noch eins. Er vermied es, sich zu fragen, wie dieses eine, dieses letzte "Ideal" hieße, wie es beschaffen wäre, in welcher Richtung es läge --? Er wußte, daß er diese Frage vermied, und das beunruhigte ihn. Und doch freute es ihn zugleich, daß er sich über- haupt noch entschließen konnte, im Dienste eines "Ideals" zu arbeiten. Ja! Er wolle arbeiten. Und war das im tiefsten Grunde auch nur eine
iſt gut, wenn der Menſch eine „reiche Partie“ macht. Adam wurde mit der Partie, die er gemacht hatte, immer einverſtandener. Er nahm ſich vor, unter der Hand bei einem kaufmänniſchen Auskunftsbureau einmal genauer nach den Vermögensverhältniſſen Lydias zu recherchiren — das war doch ſehr von Belang für ihn. In den letzten Tagen war ihm überdies öfter ein Gedanke zurückgekehrt, mit dem er ſchon vor Jahren geſpielt, der ſich aber wieder ver- flüchtigt hatte, weil damals zu ſeiner Verwirklichung blutwenig Ausſicht, weil blutwenig Material vorhan- den geweſen war. Nun ſtand die Sache ſchon an- ders. Jetzt durfte er ſchon mit größerem Rechte an ſein geliebtes „Paedagogium der Zukunft“ denken. Und Adam beſchloß, ſich demnächſt einmal ernſtlich daran zu machen, die Grundprincipien dieſes ſeines „Paedagogiums der Zukunft“ zu entwerfen. —
Auf die Tage der äußeren und inneren Stürme und Kataſtrophen ſollten die Tage ernſter, geſammel- ter, „ſühnender“ Arbeit folgen. Ja! Er wollte ar- beiten, beſaß er doch noch Ideale! Vielleicht noch zwei, vielleicht ſogar noch drei, vielleicht auch nur noch eins. Er vermied es, ſich zu fragen, wie dieſes eine, dieſes letzte „Ideal“ hieße, wie es beſchaffen wäre, in welcher Richtung es läge —? Er wußte, daß er dieſe Frage vermied, und das beunruhigte ihn. Und doch freute es ihn zugleich, daß er ſich über- haupt noch entſchließen konnte, im Dienſte eines „Ideals“ zu arbeiten. Ja! Er wolle arbeiten. Und war das im tiefſten Grunde auch nur eine
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iſt gut, wenn der Menſch eine „reiche Partie“ macht.
Adam wurde mit der Partie, die er gemacht hatte,
immer einverſtandener. Er nahm ſich vor, unter
der Hand bei einem kaufmänniſchen Auskunftsbureau
einmal genauer nach den Vermögensverhältniſſen
Lydias zu recherchiren — das war doch ſehr von
Belang für ihn. In den letzten Tagen war ihm
überdies öfter ein Gedanke zurückgekehrt, mit dem er
ſchon vor Jahren geſpielt, der ſich aber wieder ver-
flüchtigt hatte, weil damals zu ſeiner Verwirklichung
blutwenig Ausſicht, weil blutwenig Material vorhan-
den geweſen war. Nun ſtand die Sache ſchon an-
ders. Jetzt durfte er ſchon mit größerem Rechte an
ſein geliebtes „Paedagogium der Zukunft“
denken. Und Adam beſchloß, ſich demnächſt einmal
ernſtlich daran zu machen, die Grundprincipien dieſes
ſeines „Paedagogiums der Zukunft“ zu entwerfen. —
Auf die Tage der äußeren und inneren Stürme
und Kataſtrophen ſollten die Tage ernſter, geſammel-
ter, „ſühnender“ Arbeit folgen. Ja! Er wollte ar-
beiten, beſaß er doch noch Ideale! Vielleicht noch
zwei, vielleicht ſogar noch drei, vielleicht auch nur
noch eins. Er vermied es, ſich zu fragen, wie dieſes
eine, dieſes letzte „Ideal“ hieße, wie es beſchaffen wäre,
in welcher Richtung es läge —? Er wußte, daß
er dieſe Frage vermied, und das beunruhigte ihn.
Und doch freute es ihn zugleich, daß er ſich über-
haupt noch entſchließen konnte, im Dienſte eines
„Ideals“ zu arbeiten. Ja! Er wolle arbeiten.
Und war das im tiefſten Grunde auch nur eine
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/470>, abgerufen am 24.11.2024.
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