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Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715.

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[Beginn Spaltensatz]
Aal
Aal,

ANguilla, Anguille, ist ein
bekandter Fisch, der fast
durch das gantze Jahr gut
zu verspeisen. Siehe
Natur
-Lexicon. Viele
wollen ihn wegen seiner Fettigkeit
vor schädlich halten und setzen selbi-
gen mit unter diejenigen Speisen,
so eine Heischerkeit verursachen; da-
her etliche der Meynung seyn, man
solle in Zubereitung des Aals sol-
che Dinge hinzuthun, die ihm seine
böse und ungesunde Art brechen.
Solcher Zusatz aber bestehet offt
aus contrairen Sachen, die der Gü-
te des Fisches mehr schaden als nu-
tzen. Vielmehr bleibt der Aal ein
gesunder Fisch, wo nur der Liebha-
ber seinen Magen nicht vorher ver-
derbet hat; zugeschweigen, daß er
offters ein remedium ist vor die sal-
tzigte Schärffe des Menschens.
Die Holländer wissen sich solches
treflich zu Nutze zu machen; denn
wenn sie im Sommer gar zu viel
Heringe gegessen, temperiren sie im
Herbst das scorbutische saltzigte
Wesen durch den Gebrauch der ge-
bratenen Aale, und führen endlich
solches gegen den Winter mit Au-
stern aus. Delicaten Mäulern die-
net der Aal vor eine Lecker-Speise,
daraus sie sich viel machen, und ist
absonderlich der gebratene Aal nach
Francisci Boussueti Meynung Lib.
d. Natur. Aquatilium p.
108. denen
Phlegmaticis sehr gesund. Zwar
giebet es viel Leute, die dergleichen
Fisch weder sehen noch essen kön-
nen, auch wohl gar, wenn sie an ei-
nen Ort kommen, wo solche Fische
enthalten werden, eine starcke Al-
teration
empfinden, dergleichen
[Spaltenumbruch]

Aal
wunderliche Begebenheiten Hars-
dörffer in seinem grossen
Schauplatz Lust- und Lehr-
reicher Geschichte
anführet.
Jedoch ob es gleich in der
That ein Fisch ist, der ein sehr
süsses und letzsches Fleisch hat, wor-
an man sich bald einen Eckel, zu-
mahl wenn er noch darzu in Paste-
ten geschlagen wird, essen kan, so
werden doch die meisten, wenn er
wohl zubereitet wird, dergleichen
Fisch mit Appetite verzehren. Denn
ein erfahrner Koch weiß ihn auff
vielerley Art zu zurichten, und
schmackbahr zu machen: als 1) ge-
sotten, 2) gebraten, 3) gespickt mit
Speck, 4) gespickt mit Citronen,
5) weiß in einer Pastete, 6) braun
in einer Pastete, 7) mit Sardellen
Sosse weiß, 8) mit Sardellen Sosse
braun, 9) marinirt, 10) geräu-
chert mit durchgestrichenen Erbsen,
11) geräuchert zu kochen und mit
braun Kohl zu zurichten, 12) ohne
Haut zu räuchern, u. 13) gebacken.

Aal gesottener.

Man nimmt einen Aal, reist ihn
auf und thut das Eingeweide
heraus. Darnach wird er, wenn
man ihm das Maul abgehackt, in
Stücke zerschnitten und ein wenig
guter Eßig drüber gegossen. Nach
diesem muß ein Fisch-Kessel aufgese-
tzet, und darinnen Wasser, Eßig,
Wein und Saltz, wie auch aller-
hand Kräuter, Citronen und etli-
che grosse Zwiebeln gethan werden.
So bald es anfähet recht aufzuwal-
len, legt man die Aalstücken in Kes-
sel und läst sie sieden. Weil aber
der Aal, als ein harter Fisch, nicht
leicht kan weich gesotten werden,

muß
Frauenzimmer-Lexicon. A
[Beginn Spaltensatz]
Aal
Aal,

ANguilla, Anguille, iſt ein
bekandter Fiſch, der faſt
duꝛch das gantze Jahr gut
zu verſpeiſen. Siehe
Natur
-Lexicon. Viele
wollen ihn wegen ſeiner Fettigkeit
vor ſchaͤdlich halten und ſetzen ſelbi-
gen mit unter diejenigen Speiſen,
ſo eine Heiſcherkeit verurſachen; da-
her etliche der Meynung ſeyn, man
ſolle in Zubereitung des Aals ſol-
che Dinge hinzuthun, die ihm ſeine
boͤſe und ungeſunde Art brechen.
Solcher Zuſatz aber beſtehet offt
aus contrairen Sachen, die der Guͤ-
te des Fiſches mehr ſchaden als nu-
tzen. Vielmehr bleibt der Aal ein
geſunder Fiſch, wo nur der Liebha-
ber ſeinen Magen nicht vorher ver-
derbet hat; zugeſchweigen, daß er
offters ein remedium iſt vor die ſal-
tzigte Schaͤrffe des Menſchens.
Die Hollaͤnder wiſſen ſich ſolches
treflich zu Nutze zu machen; denn
wenn ſie im Sommer gar zu viel
Heringe gegeſſen, temperiren ſie im
Herbſt das ſcorbutiſche ſaltzigte
Weſen durch den Gebrauch der ge-
bratenen Aale, und fuͤhren endlich
ſolches gegen den Winter mit Au-
ſtern aus. Delicaten Maͤulern die-
net der Aal vor eine Lecker-Speiſe,
daraus ſie ſich viel machen, und iſt
abſonderlich der gebratene Aal nach
Franciſci Bouſſueti Meynung Lib.
d. Natur. Aquatilium p.
108. denen
Phlegmaticis ſehr geſund. Zwar
giebet es viel Leute, die dergleichen
Fiſch weder ſehen noch eſſen koͤn-
nen, auch wohl gar, wenn ſie an ei-
nen Ort kommen, wo ſolche Fiſche
enthalten werden, eine ſtarcke Al-
teration
empfinden, dergleichen
[Spaltenumbruch]

Aal
wunderliche Begebenheiten Hars-
doͤrffer in ſeinem groſſen
Schauplatz Luſt- und Lehr-
reicher Geſchichte
anfuͤhret.
Jedoch ob es gleich in der
That ein Fiſch iſt, der ein ſehr
ſuͤſſes und letzſches Fleiſch hat, wor-
an man ſich bald einen Eckel, zu-
mahl wenn er noch darzu in Paſte-
ten geſchlagen wird, eſſen kan, ſo
werden doch die meiſten, wenn er
wohl zubereitet wird, dergleichen
Fiſch mit Appetite verzehren. Denn
ein erfahrner Koch weiß ihn auff
vielerley Art zu zurichten, und
ſchmackbahr zu machen: als 1) ge-
ſotten, 2) gebraten, 3) geſpickt mit
Speck, 4) geſpickt mit Citronen,
5) weiß in einer Paſtete, 6) braun
in einer Paſtete, 7) mit Sardellen
Soſſe weiß, 8) mit Sardellen Soſſe
braun, 9) marinirt, 10) geraͤu-
chert mit durchgeſtrichenen Erbſen,
11) geraͤuchert zu kochen und mit
braun Kohl zu zurichten, 12) ohne
Haut zu raͤuchern, u. 13) gebacken.

Aal geſottener.

Man nimmt einen Aal, reiſt ihn
auf und thut das Eingeweide
heraus. Darnach wird er, wenn
man ihm das Maul abgehackt, in
Stuͤcke zerſchnitten und ein wenig
guter Eßig druͤber gegoſſen. Nach
dieſem muß ein Fiſch-Keſſel aufgeſe-
tzet, und darinnen Waſſer, Eßig,
Wein und Saltz, wie auch aller-
hand Kraͤuter, Citronen und etli-
che groſſe Zwiebeln gethan werden.
So bald es anfaͤhet recht aufzuwal-
len, legt man die Aalſtuͤcken in Keſ-
ſel und laͤſt ſie ſieden. Weil aber
der Aal, als ein harter Fiſch, nicht
leicht kan weich geſotten werden,

muß
Frauenzim̃er-Lexicon. A
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[0023] Aal Aal Aal, ANguilla, Anguille, iſt ein bekandter Fiſch, der faſt duꝛch das gantze Jahr gut zu verſpeiſen. Siehe Natur-Lexicon. Viele wollen ihn wegen ſeiner Fettigkeit vor ſchaͤdlich halten und ſetzen ſelbi- gen mit unter diejenigen Speiſen, ſo eine Heiſcherkeit verurſachen; da- her etliche der Meynung ſeyn, man ſolle in Zubereitung des Aals ſol- che Dinge hinzuthun, die ihm ſeine boͤſe und ungeſunde Art brechen. Solcher Zuſatz aber beſtehet offt aus contrairen Sachen, die der Guͤ- te des Fiſches mehr ſchaden als nu- tzen. Vielmehr bleibt der Aal ein geſunder Fiſch, wo nur der Liebha- ber ſeinen Magen nicht vorher ver- derbet hat; zugeſchweigen, daß er offters ein remedium iſt vor die ſal- tzigte Schaͤrffe des Menſchens. Die Hollaͤnder wiſſen ſich ſolches treflich zu Nutze zu machen; denn wenn ſie im Sommer gar zu viel Heringe gegeſſen, temperiren ſie im Herbſt das ſcorbutiſche ſaltzigte Weſen durch den Gebrauch der ge- bratenen Aale, und fuͤhren endlich ſolches gegen den Winter mit Au- ſtern aus. Delicaten Maͤulern die- net der Aal vor eine Lecker-Speiſe, daraus ſie ſich viel machen, und iſt abſonderlich der gebratene Aal nach Franciſci Bouſſueti Meynung Lib. d. Natur. Aquatilium p. 108. denen Phlegmaticis ſehr geſund. Zwar giebet es viel Leute, die dergleichen Fiſch weder ſehen noch eſſen koͤn- nen, auch wohl gar, wenn ſie an ei- nen Ort kommen, wo ſolche Fiſche enthalten werden, eine ſtarcke Al- teration empfinden, dergleichen wunderliche Begebenheiten Hars- doͤrffer in ſeinem groſſen Schauplatz Luſt- und Lehr- reicher Geſchichte anfuͤhret. Jedoch ob es gleich in der That ein Fiſch iſt, der ein ſehr ſuͤſſes und letzſches Fleiſch hat, wor- an man ſich bald einen Eckel, zu- mahl wenn er noch darzu in Paſte- ten geſchlagen wird, eſſen kan, ſo werden doch die meiſten, wenn er wohl zubereitet wird, dergleichen Fiſch mit Appetite verzehren. Denn ein erfahrner Koch weiß ihn auff vielerley Art zu zurichten, und ſchmackbahr zu machen: als 1) ge- ſotten, 2) gebraten, 3) geſpickt mit Speck, 4) geſpickt mit Citronen, 5) weiß in einer Paſtete, 6) braun in einer Paſtete, 7) mit Sardellen Soſſe weiß, 8) mit Sardellen Soſſe braun, 9) marinirt, 10) geraͤu- chert mit durchgeſtrichenen Erbſen, 11) geraͤuchert zu kochen und mit braun Kohl zu zurichten, 12) ohne Haut zu raͤuchern, u. 13) gebacken. Aal geſottener. Man nimmt einen Aal, reiſt ihn auf und thut das Eingeweide heraus. Darnach wird er, wenn man ihm das Maul abgehackt, in Stuͤcke zerſchnitten und ein wenig guter Eßig druͤber gegoſſen. Nach dieſem muß ein Fiſch-Keſſel aufgeſe- tzet, und darinnen Waſſer, Eßig, Wein und Saltz, wie auch aller- hand Kraͤuter, Citronen und etli- che groſſe Zwiebeln gethan werden. So bald es anfaͤhet recht aufzuwal- len, legt man die Aalſtuͤcken in Keſ- ſel und laͤſt ſie ſieden. Weil aber der Aal, als ein harter Fiſch, nicht leicht kan weich geſotten werden, muß Frauenzim̃er-Lexicon. A

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Zitationshilfe: Corvinus, Gottlieb Siegmund: Nutzbares, galantes und curiöses Frauenzimmer-Lexicon. Leipzig, 1715, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/corvinus_frauenzimmer_1715/23>, abgerufen am 23.11.2024.