Wenn das Weltgebäude und die Theile, aus denen es zusammengesetzt ist, von sich selbst und nothwendig wären, so hätte kein einziger von ihnen von Ewigkeit her, ohne eine ihm eigne Art des Daseyns, der Einrichtung, der Bil- dung, der Gestalt, Bewegung und Ruhe seyn können. Sie müßten alle diese Eigenschaften eben sowohl von sich selbst haben, als überhaupt ihr Daseyn. Wenn ein Theil der Welt das, was es in diesem Augenblicke hat, das, wodurch es sich von andern Dingen unterscheidet, nicht allezeit gehabt hat, nicht immer gewesen ist, was es ist, noch immer dasselbe seyn wird: So ist es nicht selbstständig. Wenn es, was es ist, durch ein andres Wesen ist, so hat es einen Anfang. Was aber einen Anfang hat, dem kommt kein nothwendiges Daseyn zu. Wären die verschied- nen Theile der Welt, die grössern und kleinern Körper, aus denen sie besteht, ewig und selbst- ständig, so müßte kein einziger von ihnen seiner Gestalt, Einrichtung und Bildung, keiner seiner Richtung und Bewegung, die er irgend in einem Augenblicke seiner Existenz hat, beraubt werden können; sie müßten alle unveränderlich; keiner von ihnen müßte jemals eine Auflösung und Zer- störung, eine neue Bildung und Zusammensetzung leiden, eben darum, weil jeder in seinem Daseyn
und
Wenn das Weltgebäude und die Theile, aus denen es zuſammengeſetzt iſt, von ſich ſelbſt und nothwendig wären, ſo hätte kein einziger von ihnen von Ewigkeit her, ohne eine ihm eigne Art des Daſeyns, der Einrichtung, der Bil- dung, der Geſtalt, Bewegung und Ruhe ſeyn können. Sie müßten alle dieſe Eigenſchaften eben ſowohl von ſich ſelbſt haben, als überhaupt ihr Daſeyn. Wenn ein Theil der Welt das, was es in dieſem Augenblicke hat, das, wodurch es ſich von andern Dingen unterſcheidet, nicht allezeit gehabt hat, nicht immer geweſen iſt, was es iſt, noch immer daſſelbe ſeyn wird: So iſt es nicht ſelbſtſtändig. Wenn es, was es iſt, durch ein andres Weſen iſt, ſo hat es einen Anfang. Was aber einen Anfang hat, dem kommt kein nothwendiges Daſeyn zu. Wären die verſchied- nen Theile der Welt, die gröſſern und kleinern Körper, aus denen ſie beſteht, ewig und ſelbſt- ſtändig, ſo müßte kein einziger von ihnen ſeiner Geſtalt, Einrichtung und Bildung, keiner ſeiner Richtung und Bewegung, die er irgend in einem Augenblicke ſeiner Exiſtenz hat, beraubt werden können; ſie müßten alle unveränderlich; keiner von ihnen müßte jemals eine Auflöſung und Zer- ſtörung, eine neue Bildung und Zuſammenſetzung leiden, eben darum, weil jeder in ſeinem Daſeyn
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Wenn das Weltgebäude und die Theile,
aus denen es zuſammengeſetzt iſt, von ſich ſelbſt
und nothwendig wären, ſo hätte kein einziger von
ihnen von Ewigkeit her, ohne eine ihm eigne
Art des Daſeyns, der Einrichtung, der Bil-
dung, der Geſtalt, Bewegung und Ruhe ſeyn
können. Sie müßten alle dieſe Eigenſchaften
eben ſowohl von ſich ſelbſt haben, als überhaupt
ihr Daſeyn. Wenn ein Theil der Welt das,
was es in dieſem Augenblicke hat, das, wodurch
es ſich von andern Dingen unterſcheidet, nicht
allezeit gehabt hat, nicht immer geweſen iſt, was
es iſt, noch immer daſſelbe ſeyn wird: So iſt es
nicht ſelbſtſtändig. Wenn es, was es iſt, durch
ein andres Weſen iſt, ſo hat es einen Anfang.
Was aber einen Anfang hat, dem kommt kein
nothwendiges Daſeyn zu. Wären die verſchied-
nen Theile der Welt, die gröſſern und kleinern
Körper, aus denen ſie beſteht, ewig und ſelbſt-
ſtändig, ſo müßte kein einziger von ihnen ſeiner
Geſtalt, Einrichtung und Bildung, keiner ſeiner
Richtung und Bewegung, die er irgend in einem
Augenblicke ſeiner Exiſtenz hat, beraubt werden
können; ſie müßten alle unveränderlich; keiner
von ihnen müßte jemals eine Auflöſung und Zer-
ſtörung, eine neue Bildung und Zuſammenſetzung
leiden, eben darum, weil jeder in ſeinem Daſeyn
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/171>, abgerufen am 25.11.2024.
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