adern entspringen unzählbare kleinere Schlag- adern und Blutadern, die gleich den Wurzeln und Aesten eines Baumes sich in alle Theile des Leibes ausbreiten. Allein obgleich Gehirn und Herz die ersten Quellen des Lebens, der Empfin- dung und Bewegung sind, so würden sie doch bald erschöpft werden, wenn die Ströme, die sich aus denselben ergießen, sich nicht gleich den Flüs- sen, die in das Meer zurücklaufen, in das Herz zurückfließen könnten, oder wenn nicht der Mangel dessen, was sie und der ganze Körper besonders durch die beständige Ausdünstung verlieren, ohne Verzug ersetzt würde. Die zur Verdauung der Nahrung, und Absonderung unsrer mannichfalti- gen Feuchtigkeiten und Säfte sind darum den Her- zen eben so unentbehrlich, als ihnen das Herz und Gehirn ist, und beyder Wirkungen beziehen sich auf einander. Wie unentbehrlich sind nicht in dieser Absicht die Muskeln, die Drüsen, die Leber, die Gallenblase, ihre Feuchtigkeiten, die Knochen und alle äußerlichen und innerlichen Häute des mensch- lichen Körpers! Welch ein tiefer Verstand, welch eine unaussprechliche Weisheit mußte nicht das Wesen besitzen, welches zwischen so vielerley und so verschiednen Theilen eine genane Freundschaft stiften; wie sehr mußte es nach Absicht, Zahl, Maas und Gewicht handeln, wenn dieser Bund
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adern entſpringen unzählbare kleinere Schlag- adern und Blutadern, die gleich den Wurzeln und Aeſten eines Baumes ſich in alle Theile des Leibes ausbreiten. Allein obgleich Gehirn und Herz die erſten Quellen des Lebens, der Empfin- dung und Bewegung ſind, ſo würden ſie doch bald erſchöpft werden, wenn die Ströme, die ſich aus denſelben ergießen, ſich nicht gleich den Flüſ- ſen, die in das Meer zurücklaufen, in das Herz zurückfließen könnten, oder wenn nicht der Mangel deſſen, was ſie und der ganze Körper beſonders durch die beſtändige Ausdünſtung verlieren, ohne Verzug erſetzt würde. Die zur Verdauung der Nahrung, und Abſonderung unſrer mannichfalti- gen Feuchtigkeiten und Säfte ſind darum den Her- zen eben ſo unentbehrlich, als ihnen das Herz und Gehirn iſt, und beyder Wirkungen beziehen ſich auf einander. Wie unentbehrlich ſind nicht in dieſer Abſicht die Muſkeln, die Drüſen, die Leber, die Gallenblaſe, ihre Feuchtigkeiten, die Knochen und alle äußerlichen und innerlichen Häute des menſch- lichen Körpers! Welch ein tiefer Verſtand, welch eine unausſprechliche Weisheit mußte nicht das Weſen beſitzen, welches zwiſchen ſo vielerley und ſo verſchiednen Theilen eine genane Freundſchaft ſtiften; wie ſehr mußte es nach Abſicht, Zahl, Maas und Gewicht handeln, wenn dieſer Bund
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adern entſpringen unzählbare kleinere Schlag-
adern und Blutadern, die gleich den Wurzeln
und Aeſten eines Baumes ſich in alle Theile des
Leibes ausbreiten. Allein obgleich Gehirn und
Herz die erſten Quellen des Lebens, der Empfin-
dung und Bewegung ſind, ſo würden ſie doch
bald erſchöpft werden, wenn die Ströme, die ſich
aus denſelben ergießen, ſich nicht gleich den Flüſ-
ſen, die in das Meer zurücklaufen, in das Herz
zurückfließen könnten, oder wenn nicht der Mangel
deſſen, was ſie und der ganze Körper beſonders
durch die beſtändige Ausdünſtung verlieren, ohne
Verzug erſetzt würde. Die zur Verdauung der
Nahrung, und Abſonderung unſrer mannichfalti-
gen Feuchtigkeiten und Säfte ſind darum den Her-
zen eben ſo unentbehrlich, als ihnen das Herz und
Gehirn iſt, und beyder Wirkungen beziehen ſich auf
einander. Wie unentbehrlich ſind nicht in dieſer
Abſicht die Muſkeln, die Drüſen, die Leber, die
Gallenblaſe, ihre Feuchtigkeiten, die Knochen und
alle äußerlichen und innerlichen Häute des menſch-
lichen Körpers! Welch ein tiefer Verſtand, welch
eine unausſprechliche Weisheit mußte nicht das
Weſen beſitzen, welches zwiſchen ſo vielerley und
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/289>, abgerufen am 21.11.2024.
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