Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.nur so, daß sie nicht zu ihrem eignen Daseyn und zur Fortdauer desselben der Einwirkung andrer bedürfte. Die Sonne, deren Wirkungen so groß, so ausgebreitet und wundervoll sind, von deren Glanze die Schönheit, von deren Wärme das Leben der ganzen Natur abzuhangen scheint, würde nicht Eine Blume aus dem Schooße der Erde hervorlocken, wenn ihr nicht die wohlthä- tigen Wolken und die dienstfertigen Winde zu Hülfe kämen. So ist alles in der Natur, was auf dieser Seite betrachtet die Seele vor Erstau- nen kaum zu sich selbst kommen läßt, und die er- habensten Gedanken darinnen hervorbringt, auf einer andern Seite wieder klein, verliert seine Größe, und seine Grenzen warnen uns vor der Entheiligung unsrer Bewunderung. Aber wenn wir bis zu der Ursache, die selbst keine Wirkung mehr ist, bis zur Ursache aller Ursachen empor- gestiegen sind: Wie sicher sind wir nicht, daß wir jemals unsre Bewunderung zu bereuen Ur- sache haben werden? Keine noch so edle, so vortreffliche und er- ihr
nur ſo, daß ſie nicht zu ihrem eignen Daſeyn und zur Fortdauer deſſelben der Einwirkung andrer bedürfte. Die Sonne, deren Wirkungen ſo groß, ſo ausgebreitet und wundervoll ſind, von deren Glanze die Schönheit, von deren Wärme das Leben der ganzen Natur abzuhangen ſcheint, würde nicht Eine Blume aus dem Schooße der Erde hervorlocken, wenn ihr nicht die wohlthä- tigen Wolken und die dienſtfertigen Winde zu Hülfe kämen. So iſt alles in der Natur, was auf dieſer Seite betrachtet die Seele vor Erſtau- nen kaum zu ſich ſelbſt kommen läßt, und die er- habenſten Gedanken darinnen hervorbringt, auf einer andern Seite wieder klein, verliert ſeine Größe, und ſeine Grenzen warnen uns vor der Entheiligung unſrer Bewunderung. Aber wenn wir bis zu der Urſache, die ſelbſt keine Wirkung mehr iſt, bis zur Urſache aller Urſachen empor- geſtiegen ſind: Wie ſicher ſind wir nicht, daß wir jemals unſre Bewunderung zu bereuen Ur- ſache haben werden? Keine noch ſo edle, ſo vortreffliche und er- ihr
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nur ſo, daß ſie nicht zu ihrem eignen Daſeyn und
zur Fortdauer deſſelben der Einwirkung andrer
bedürfte. Die Sonne, deren Wirkungen ſo
groß, ſo ausgebreitet und wundervoll ſind, von
deren Glanze die Schönheit, von deren Wärme
das Leben der ganzen Natur abzuhangen ſcheint,
würde nicht Eine Blume aus dem Schooße der
Erde hervorlocken, wenn ihr nicht die wohlthä-
tigen Wolken und die dienſtfertigen Winde zu
Hülfe kämen. So iſt alles in der Natur, was
auf dieſer Seite betrachtet die Seele vor Erſtau-
nen kaum zu ſich ſelbſt kommen läßt, und die er-
habenſten Gedanken darinnen hervorbringt, auf
einer andern Seite wieder klein, verliert ſeine
Größe, und ſeine Grenzen warnen uns vor der
Entheiligung unſrer Bewunderung. Aber wenn
wir bis zu der Urſache, die ſelbſt keine Wirkung
mehr iſt, bis zur Urſache aller Urſachen empor-
geſtiegen ſind: Wie ſicher ſind wir nicht, daß
wir jemals unſre Bewunderung zu bereuen Ur-
ſache haben werden?
Keine noch ſo edle, ſo vortreffliche und er-
habne Erkenntniß kann mit der Erkenntniß des-
jenigen verglichen werden, welcher ſagen kann:
Hebet eure Augen in die Höhe und ſehet,
wer hat ſolche Dinge geſchaffen und führet
ihr
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