länglichen Grund überreden ließe? Jch kann mich nicht davon überreden lassen, weil ich aus der ganzen Geschichte der menschlichen Erkennt- niß von Gott deutlich sehe, daß ihn die Men- schen eher und zugleich besser aus seinem unmittel- baren Unterrichte erkannt haben, als aus ihrer eignen vernünftigen Betrachtung seiner Werke, die eben deswegen, ob sie gleich deutlich von sei- nem Daseyn und seinen Vollkommenheiten zeu- gen, mehr bestimmt zu seyn scheinen, dasjenige zu bestätigen, was sie vorher schon aus seinem an sich wahren und gewissen unmittelbaren Un- terrichte von ihm wußten, als ihre ersten Weg- weiser und Führer zu ihm zu seyn.
Der Mensch würde ohne Grund glauben, daß eine Offenbarung von Gott käme, wenn er nicht vorher überführt wäre, daß wirklich ein Gott sey? -- Und warum würde er ohne Grund glauben, daß Gott sey, wenn er ihn durch eine unmittelbare Offenbarung von seiner Wirklichkeit und seinen Eigenschaften benachrich- tigte? Jst es dem Wesen, das alles vermag, un- möglich, sich dem Menschen in seinem Daseyn und mit seinen Vollkommenheiten anders, als durch seine Werke zu offenbaren? Sollte er in einem Menschen, der noch niemals über seine
Werke
länglichen Grund überreden ließe? Jch kann mich nicht davon überreden laſſen, weil ich aus der ganzen Geſchichte der menſchlichen Erkennt- niß von Gott deutlich ſehe, daß ihn die Men- ſchen eher und zugleich beſſer aus ſeinem unmittel- baren Unterrichte erkannt haben, als aus ihrer eignen vernünftigen Betrachtung ſeiner Werke, die eben deswegen, ob ſie gleich deutlich von ſei- nem Daſeyn und ſeinen Vollkommenheiten zeu- gen, mehr beſtimmt zu ſeyn ſcheinen, dasjenige zu beſtätigen, was ſie vorher ſchon aus ſeinem an ſich wahren und gewiſſen unmittelbaren Un- terrichte von ihm wußten, als ihre erſten Weg- weiſer und Führer zu ihm zu ſeyn.
Der Menſch würde ohne Grund glauben, daß eine Offenbarung von Gott käme, wenn er nicht vorher überführt wäre, daß wirklich ein Gott ſey? — Und warum würde er ohne Grund glauben, daß Gott ſey, wenn er ihn durch eine unmittelbare Offenbarung von ſeiner Wirklichkeit und ſeinen Eigenſchaften benachrich- tigte? Jſt es dem Weſen, das alles vermag, un- möglich, ſich dem Menſchen in ſeinem Daſeyn und mit ſeinen Vollkommenheiten anders, als durch ſeine Werke zu offenbaren? Sollte er in einem Menſchen, der noch niemals über ſeine
Werke
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länglichen Grund überreden ließe? Jch kann
mich nicht davon überreden laſſen, weil ich aus
der ganzen Geſchichte der menſchlichen Erkennt-
niß von Gott deutlich ſehe, daß ihn die Men-
ſchen eher und zugleich beſſer aus ſeinem unmittel-
baren Unterrichte erkannt haben, als aus ihrer
eignen vernünftigen Betrachtung ſeiner Werke,
die eben deswegen, ob ſie gleich deutlich von ſei-
nem Daſeyn und ſeinen Vollkommenheiten zeu-
gen, mehr beſtimmt zu ſeyn ſcheinen, dasjenige
zu beſtätigen, was ſie vorher ſchon aus ſeinem
an ſich wahren und gewiſſen unmittelbaren Un-
terrichte von ihm wußten, als ihre erſten Weg-
weiſer und Führer zu ihm zu ſeyn.
Der Menſch würde ohne Grund glauben,
daß eine Offenbarung von Gott käme, wenn er
nicht vorher überführt wäre, daß wirklich ein
Gott ſey? — Und warum würde er ohne
Grund glauben, daß Gott ſey, wenn er ihn
durch eine unmittelbare Offenbarung von ſeiner
Wirklichkeit und ſeinen Eigenſchaften benachrich-
tigte? Jſt es dem Weſen, das alles vermag, un-
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und mit ſeinen Vollkommenheiten anders, als
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/80>, abgerufen am 16.02.2025.
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