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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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zum Essen anhalten, sondern man mußte mich ganz
ruhig gewähren lassen und sich durchaus nicht um mich
kümmern. Gerade dies aber war für mich eine uner-
trägliche Strafe und gar bald fing ich es dann zu be-
reuen an, mich böse und unzufrieden gezeigt zu haben.

Körperliche Züchtigung brachte er fast nie zur
Anwendung; er strafte mich so viel möglich, durch
mich selbst, indem er z. B. denselben Fehler mir ge-
genüber äußerte, wodurch ich ihn beleidiget hatte. Einst
saß ich, am Feuer, als er vom Felde heimkam; man
hatte grad zum ersten Male ein Fohlen vorgespannt,
um es zu gewöhnen. Mein Vater meinte, ich würde
große Lust haben, die Bezähmung des muthigen Thie-
res anzusehen, und daher lud er mich ein, mit ihm
hinzugehen. Ich aber war übler Laune, weil unsere
Mutter mir nur ein sehr kleines Stück Weißbrod
zum Butterbrod gegeben hatte. Ich antwortete also,
ich hätte sehr wenig Lust zum Ausgehen und zöge
vor, am Heerde sitzen zu bleiben. Der Vater merkte
meinen Eigensinn und erwiederte: "Wenn du keine
Lust hast, mich zu begleiten, so bleibe ja daheim!"

Nachdem ich am Morgen, bald nachdem der Vater wie-
der zum Acker gegangen war, für mein Zurückbleiben
beim Feuer dadurch bestraft war, daß mir aus dem
am Feuer stehenden Kessel heißes Wasser auf die Füße
gerieth, wollte ich am Nachmittage gerne hinaus, und
ich bat den Vater, der in der Küche mit dem Rei-
nigen des Saatkorns beschäftigt war, er möchte mit
mir zum Garten gehen, um von dem hohen Birn-
baume einige Birnen herunter zu werfen. Er aber
sprach: "Ich könnte freilich noch wohl so viel Zeit
erübrigen. Indeß habe ich gerade gar keine Lust, hin-
auszugehen, wie du diesen Morgen auch mich nicht

zum Essen anhalten, sondern man mußte mich ganz
ruhig gewähren lassen und sich durchaus nicht um mich
kümmern. Gerade dies aber war für mich eine uner-
trägliche Strafe und gar bald fing ich es dann zu be-
reuen an, mich böse und unzufrieden gezeigt zu haben.

Körperliche Züchtigung brachte er fast nie zur
Anwendung; er strafte mich so viel möglich, durch
mich selbst, indem er z. B. denselben Fehler mir ge-
genüber äußerte, wodurch ich ihn beleidiget hatte. Einst
saß ich, am Feuer, als er vom Felde heimkam; man
hatte grad zum ersten Male ein Fohlen vorgespannt,
um es zu gewöhnen. Mein Vater meinte, ich würde
große Lust haben, die Bezähmung des muthigen Thie-
res anzusehen, und daher lud er mich ein, mit ihm
hinzugehen. Ich aber war übler Laune, weil unsere
Mutter mir nur ein sehr kleines Stück Weißbrod
zum Butterbrod gegeben hatte. Ich antwortete also,
ich hätte sehr wenig Lust zum Ausgehen und zöge
vor, am Heerde sitzen zu bleiben. Der Vater merkte
meinen Eigensinn und erwiederte: „Wenn du keine
Lust hast, mich zu begleiten, so bleibe ja daheim!“

Nachdem ich am Morgen, bald nachdem der Vater wie-
der zum Acker gegangen war, für mein Zurückbleiben
beim Feuer dadurch bestraft war, daß mir aus dem
am Feuer stehenden Kessel heißes Wasser auf die Füße
gerieth, wollte ich am Nachmittage gerne hinaus, und
ich bat den Vater, der in der Küche mit dem Rei-
nigen des Saatkorns beschäftigt war, er möchte mit
mir zum Garten gehen, um von dem hohen Birn-
baume einige Birnen herunter zu werfen. Er aber
sprach: „Ich könnte freilich noch wohl so viel Zeit
erübrigen. Indeß habe ich gerade gar keine Lust, hin-
auszugehen, wie du diesen Morgen auch mich nicht

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[150/0153] zum Essen anhalten, sondern man mußte mich ganz ruhig gewähren lassen und sich durchaus nicht um mich kümmern. Gerade dies aber war für mich eine uner- trägliche Strafe und gar bald fing ich es dann zu be- reuen an, mich böse und unzufrieden gezeigt zu haben. Körperliche Züchtigung brachte er fast nie zur Anwendung; er strafte mich so viel möglich, durch mich selbst, indem er z. B. denselben Fehler mir ge- genüber äußerte, wodurch ich ihn beleidiget hatte. Einst saß ich, am Feuer, als er vom Felde heimkam; man hatte grad zum ersten Male ein Fohlen vorgespannt, um es zu gewöhnen. Mein Vater meinte, ich würde große Lust haben, die Bezähmung des muthigen Thie- res anzusehen, und daher lud er mich ein, mit ihm hinzugehen. Ich aber war übler Laune, weil unsere Mutter mir nur ein sehr kleines Stück Weißbrod zum Butterbrod gegeben hatte. Ich antwortete also, ich hätte sehr wenig Lust zum Ausgehen und zöge vor, am Heerde sitzen zu bleiben. Der Vater merkte meinen Eigensinn und erwiederte: „Wenn du keine Lust hast, mich zu begleiten, so bleibe ja daheim!“ Nachdem ich am Morgen, bald nachdem der Vater wie- der zum Acker gegangen war, für mein Zurückbleiben beim Feuer dadurch bestraft war, daß mir aus dem am Feuer stehenden Kessel heißes Wasser auf die Füße gerieth, wollte ich am Nachmittage gerne hinaus, und ich bat den Vater, der in der Küche mit dem Rei- nigen des Saatkorns beschäftigt war, er möchte mit mir zum Garten gehen, um von dem hohen Birn- baume einige Birnen herunter zu werfen. Er aber sprach: „Ich könnte freilich noch wohl so viel Zeit erübrigen. Indeß habe ich gerade gar keine Lust, hin- auszugehen, wie du diesen Morgen auch mich nicht

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/153>, abgerufen am 27.11.2024.