seine Schadlust wird vereitelt. Ja, ja, nun sehe ich es, daß Gott es weise eingerichtet hat. Der Boh- nenstrauch aber darf dicker sein, weil die Vögel diese Frucht nicht verschlucken können, erwiederte ich.
In ähnlicher Weise lernte ich von ihm, Gottes Weisheit an den Knoten des Halmes, an der Be- deckung der Körner in den Aehren und an tausend andern Beispielen der Natur bewundern. Das machte mir sichtbare Freude, die er mir durch folgendes Ge- spräch recht zum Bewußtsein brachte. Sag mir, mein Kind, sprach er, warum bist du so froh? Ich ant- wortete: "Es ist ja so schönes Wetter, deß freuen sich die Vögelein, und ich sollte nicht froh sein? Wir werden eine gute Ernte und zu essen haben und auch den Armen mittheilen können. Darauf freue ich mich schon jetzt. An jeder Blume, an jedem Halme, an jeder Aehre glänzet die Güte und Weisheit Gottes, wie du mich lehrtest. Das zu wissen, macht mir Freude. - Vater, wenn's hier schon so schön ist, wie viel schöner muß es im Himmel sein!"
Als wir unter solchen Gesprächen an das Ende des Kampes (eingehägtes Ackerstück) gekommen waren, wo ein dicker Baumstamm lag, setzten wir uns da- rauf und Vater lehrte mich das Gebet: "Dir dienen, Gott, ist Seligkeit. - So leben, wie es dir gefällt, - Bringt größere Zufriedenheit, - Als alles Geld und Gut der Welt!"
War nachher, nachdem die übliche Hausandacht vollendet war, noch Zeit und Muße übrig, so wurde auf dem Hofe ein allgemeines Spiel, woran Groß und Klein Theil nahm, gewöhnlich Ballspiel, ange- ordnet. Auf des Vaters Commando: "Genug für heute!" hatte Alles ein Ende.
seine Schadlust wird vereitelt. Ja, ja, nun sehe ich es, daß Gott es weise eingerichtet hat. Der Boh- nenstrauch aber darf dicker sein, weil die Vögel diese Frucht nicht verschlucken können, erwiederte ich.
In ähnlicher Weise lernte ich von ihm, Gottes Weisheit an den Knoten des Halmes, an der Be- deckung der Körner in den Aehren und an tausend andern Beispielen der Natur bewundern. Das machte mir sichtbare Freude, die er mir durch folgendes Ge- spräch recht zum Bewußtsein brachte. Sag mir, mein Kind, sprach er, warum bist du so froh? Ich ant- wortete: „Es ist ja so schönes Wetter, deß freuen sich die Vögelein, und ich sollte nicht froh sein? Wir werden eine gute Ernte und zu essen haben und auch den Armen mittheilen können. Darauf freue ich mich schon jetzt. An jeder Blume, an jedem Halme, an jeder Aehre glänzet die Güte und Weisheit Gottes, wie du mich lehrtest. Das zu wissen, macht mir Freude. – Vater, wenn's hier schon so schön ist, wie viel schöner muß es im Himmel sein!“
Als wir unter solchen Gesprächen an das Ende des Kampes (eingehägtes Ackerstück) gekommen waren, wo ein dicker Baumstamm lag, setzten wir uns da- rauf und Vater lehrte mich das Gebet: „Dir dienen, Gott, ist Seligkeit. – So leben, wie es dir gefällt, – Bringt größere Zufriedenheit, – Als alles Geld und Gut der Welt!“
War nachher, nachdem die übliche Hausandacht vollendet war, noch Zeit und Muße übrig, so wurde auf dem Hofe ein allgemeines Spiel, woran Groß und Klein Theil nahm, gewöhnlich Ballspiel, ange- ordnet. Auf des Vaters Commando: „Genug für heute!“ hatte Alles ein Ende.
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seine Schadlust wird vereitelt. Ja, ja, nun sehe ich
es, daß Gott es weise eingerichtet hat. Der Boh-
nenstrauch aber darf dicker sein, weil die Vögel diese
Frucht nicht verschlucken können, erwiederte ich.
In ähnlicher Weise lernte ich von ihm, Gottes
Weisheit an den Knoten des Halmes, an der Be-
deckung der Körner in den Aehren und an tausend
andern Beispielen der Natur bewundern. Das machte
mir sichtbare Freude, die er mir durch folgendes Ge-
spräch recht zum Bewußtsein brachte. Sag mir, mein
Kind, sprach er, warum bist du so froh? Ich ant-
wortete: „Es ist ja so schönes Wetter, deß freuen sich
die Vögelein, und ich sollte nicht froh sein? Wir
werden eine gute Ernte und zu essen haben und auch
den Armen mittheilen können. Darauf freue ich mich
schon jetzt. An jeder Blume, an jedem Halme, an
jeder Aehre glänzet die Güte und Weisheit Gottes,
wie du mich lehrtest. Das zu wissen, macht mir
Freude. – Vater, wenn's hier schon so schön ist,
wie viel schöner muß es im Himmel sein!“
Als wir unter solchen Gesprächen an das Ende
des Kampes (eingehägtes Ackerstück) gekommen waren,
wo ein dicker Baumstamm lag, setzten wir uns da-
rauf und Vater lehrte mich das Gebet: „Dir dienen,
Gott, ist Seligkeit. – So leben, wie es dir gefällt,
– Bringt größere Zufriedenheit, – Als alles Geld
und Gut der Welt!“
War nachher, nachdem die übliche Hausandacht
vollendet war, noch Zeit und Muße übrig, so wurde
auf dem Hofe ein allgemeines Spiel, woran Groß
und Klein Theil nahm, gewöhnlich Ballspiel, ange-
ordnet. Auf des Vaters Commando: „Genug für
heute!“ hatte Alles ein Ende.
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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/159>, abgerufen am 23.11.2024.
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