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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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Kann ich denn einem Andern geben, was ich
selbst nicht habe? Wie soll denn eine Mutter ihren
Kindern den Geist der christlichen Frömmigkeit ein-
hauchen, wenn sie ihn selbst nicht hat? Oder, wer
kann einem Andern Anweisung oder Anleitung ge-
ben in einer Sache, welche er selbst nicht versteht?
Nehmen wir die geringfügigsten Dinge, oder ein
Handwerk, ein Kunst, eine Wissenschaft, - um
Andere darin anzuleiten, muß man - Jeder
weiß es - sie erst selbst gelernt haben. Sollte
es mit der Gottesfurcht und Frömmigkeit anders
sein? O nein, da ist es nur noch viel mehr der
Fall, wie in allen übrigen Dingen: Man muß
sie, um Andere zu ihr anzuleiten, zuvor selbst sich
angeeignet haben. Doch die Sache ist so wichtig,
wir müssen nothwendig ein wenig näher in sie ein-
gehen.

Zuvor wird es wohl einer Mutter, welcher der
Geist christlicher Frömmigkeit abgeht, überhaupt am
Herzen liegen, ihre Kinder dazu anzuleiten? Nie-
mand thut etwas Rechtes für eine Sache, welche
ihm gleichgültig ist. Siehe da den Grund, warum
manche Eltern, oder bleiben wir bei den Müttern,
warum manche Mutter sich so wenig oder gar
nicht darum kümmern, daß ihre Kinder gottes-
fürchtig und fromm werden. Alles lernen in man-
chem Hause die Kinder von der Mutter, häusliche
Beschäftigungen, Geschicklichkeiten, Artigkeiten; nur,
was zu einem echt christlichen, gottgefälligen Leben
gehört, Religion und christliche Tugend, Eifer zum
Gebete am Morgen, am Abende, bei Tische; Liebe
und Eifer für Kirche und Gottesdienst, die Uebungen

Kann ich denn einem Andern geben, was ich
selbst nicht habe? Wie soll denn eine Mutter ihren
Kindern den Geist der christlichen Frömmigkeit ein-
hauchen, wenn sie ihn selbst nicht hat? Oder, wer
kann einem Andern Anweisung oder Anleitung ge-
ben in einer Sache, welche er selbst nicht versteht?
Nehmen wir die geringfügigsten Dinge, oder ein
Handwerk, ein Kunst, eine Wissenschaft, – um
Andere darin anzuleiten, muß man – Jeder
weiß es – sie erst selbst gelernt haben. Sollte
es mit der Gottesfurcht und Frömmigkeit anders
sein? O nein, da ist es nur noch viel mehr der
Fall, wie in allen übrigen Dingen: Man muß
sie, um Andere zu ihr anzuleiten, zuvor selbst sich
angeeignet haben. Doch die Sache ist so wichtig,
wir müssen nothwendig ein wenig näher in sie ein-
gehen.

Zuvor wird es wohl einer Mutter, welcher der
Geist christlicher Frömmigkeit abgeht, überhaupt am
Herzen liegen, ihre Kinder dazu anzuleiten? Nie-
mand thut etwas Rechtes für eine Sache, welche
ihm gleichgültig ist. Siehe da den Grund, warum
manche Eltern, oder bleiben wir bei den Müttern,
warum manche Mutter sich so wenig oder gar
nicht darum kümmern, daß ihre Kinder gottes-
fürchtig und fromm werden. Alles lernen in man-
chem Hause die Kinder von der Mutter, häusliche
Beschäftigungen, Geschicklichkeiten, Artigkeiten; nur,
was zu einem echt christlichen, gottgefälligen Leben
gehört, Religion und christliche Tugend, Eifer zum
Gebete am Morgen, am Abende, bei Tische; Liebe
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[31/0242] Kann ich denn einem Andern geben, was ich selbst nicht habe? Wie soll denn eine Mutter ihren Kindern den Geist der christlichen Frömmigkeit ein- hauchen, wenn sie ihn selbst nicht hat? Oder, wer kann einem Andern Anweisung oder Anleitung ge- ben in einer Sache, welche er selbst nicht versteht? Nehmen wir die geringfügigsten Dinge, oder ein Handwerk, ein Kunst, eine Wissenschaft, – um Andere darin anzuleiten, muß man – Jeder weiß es – sie erst selbst gelernt haben. Sollte es mit der Gottesfurcht und Frömmigkeit anders sein? O nein, da ist es nur noch viel mehr der Fall, wie in allen übrigen Dingen: Man muß sie, um Andere zu ihr anzuleiten, zuvor selbst sich angeeignet haben. Doch die Sache ist so wichtig, wir müssen nothwendig ein wenig näher in sie ein- gehen. Zuvor wird es wohl einer Mutter, welcher der Geist christlicher Frömmigkeit abgeht, überhaupt am Herzen liegen, ihre Kinder dazu anzuleiten? Nie- mand thut etwas Rechtes für eine Sache, welche ihm gleichgültig ist. Siehe da den Grund, warum manche Eltern, oder bleiben wir bei den Müttern, warum manche Mutter sich so wenig oder gar nicht darum kümmern, daß ihre Kinder gottes- fürchtig und fromm werden. Alles lernen in man- chem Hause die Kinder von der Mutter, häusliche Beschäftigungen, Geschicklichkeiten, Artigkeiten; nur, was zu einem echt christlichen, gottgefälligen Leben gehört, Religion und christliche Tugend, Eifer zum Gebete am Morgen, am Abende, bei Tische; Liebe und Eifer für Kirche und Gottesdienst, die Uebungen

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/242>, abgerufen am 27.11.2024.