Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Mutter eines Priesters.

Wie hoch pflegt eine Mutter beglückt zu sein
in der Erhebung und in dem Glücke ihres Sohnes!
Der Sohn hat ein Amt bekommen, oder er ist
durch eine Heirath in eine wohlhabende, angesehene
Familie eingetreten, oder es ist ihm sonst eine
Auszeichnung zu Theile geworden: Welche Freude
für die Mutter, wie beglückend! Vollends, wenn
sie das Bewußtsein hegen darf, daß ihr Sohn sein
Glück auch ihr zu verdanken habe, daß die Art,
wie sie ihn erzogen hat, der Weg gewesen zu seiner
jetzigen Erhebung.

Wie hoch daher die Beglückung einer christlichen
Mutter, welche einen Sohn hat. der Priester ge-
worden ist! Denn betrachten wir die priesterliche
Würde mit dem Auge des Glaubens, so gibt es
eine höhere Würde auf Erden nicht. Leider ur-
theilen wir meist nur zu sehr blos nach dem
Scheine; vielleicht tritt uns in manchen Priestern,
welche wir kennen, das Bewußtsein und die Ab-
prägung der priesterlichen Würde wenig in's Auge,
sie wollen uns als ganz gewöhnliche Menschen er-
scheinen, sind's auch vielleicht, weil sie, von der
Hoheit ihres Berufes nicht durchdrungen, kein wahr-
haft priesterliches Leben führen. So geschieht's
denn, daß man von der priesterlichen Würde, die
doch hoch ist, wie der Himmel, nur eine geringe
Vorstellung hat, ja sie geringschätzt.

Und dennoch - sie ist hoch wie der Himmel.
Ist ein kostbarer Edelstein darum weniger kostbar,
weil der, welcher ihn besitzt, ihn nicht zu schätzen

Die Mutter eines Priesters.

Wie hoch pflegt eine Mutter beglückt zu sein
in der Erhebung und in dem Glücke ihres Sohnes!
Der Sohn hat ein Amt bekommen, oder er ist
durch eine Heirath in eine wohlhabende, angesehene
Familie eingetreten, oder es ist ihm sonst eine
Auszeichnung zu Theile geworden: Welche Freude
für die Mutter, wie beglückend! Vollends, wenn
sie das Bewußtsein hegen darf, daß ihr Sohn sein
Glück auch ihr zu verdanken habe, daß die Art,
wie sie ihn erzogen hat, der Weg gewesen zu seiner
jetzigen Erhebung.

Wie hoch daher die Beglückung einer christlichen
Mutter, welche einen Sohn hat. der Priester ge-
worden ist! Denn betrachten wir die priesterliche
Würde mit dem Auge des Glaubens, so gibt es
eine höhere Würde auf Erden nicht. Leider ur-
theilen wir meist nur zu sehr blos nach dem
Scheine; vielleicht tritt uns in manchen Priestern,
welche wir kennen, das Bewußtsein und die Ab-
prägung der priesterlichen Würde wenig in's Auge,
sie wollen uns als ganz gewöhnliche Menschen er-
scheinen, sind's auch vielleicht, weil sie, von der
Hoheit ihres Berufes nicht durchdrungen, kein wahr-
haft priesterliches Leben führen. So geschieht's
denn, daß man von der priesterlichen Würde, die
doch hoch ist, wie der Himmel, nur eine geringe
Vorstellung hat, ja sie geringschätzt.

Und dennoch – sie ist hoch wie der Himmel.
Ist ein kostbarer Edelstein darum weniger kostbar,
weil der, welcher ihn besitzt, ihn nicht zu schätzen

<TEI>
  <text xml:id="C889_001_1874">
    <group>
      <text>
        <body>
          <div>
            <pb facs="#f0324" xml:id="C889_001_1874_pb0113_0001" n="113"/>
            <head rendition="#c">Die Mutter eines Priesters.</head><lb/>
            <p>Wie hoch pflegt eine Mutter beglückt zu sein<lb/>
in der Erhebung und in dem Glücke ihres Sohnes!<lb/>
Der Sohn hat ein Amt bekommen, oder er ist<lb/>
durch eine Heirath in eine wohlhabende, angesehene<lb/>
Familie eingetreten, oder es ist ihm sonst eine<lb/>
Auszeichnung zu Theile geworden: Welche Freude<lb/>
für die Mutter, wie beglückend! Vollends, wenn<lb/>
sie das Bewußtsein hegen darf, daß ihr Sohn sein<lb/>
Glück auch ihr zu verdanken habe, daß die Art,<lb/>
wie sie ihn erzogen hat, der Weg gewesen zu seiner<lb/>
jetzigen Erhebung.</p>
            <p>Wie hoch daher die Beglückung einer christlichen<lb/>
Mutter, welche einen Sohn hat. der Priester ge-<lb/>
worden ist! Denn betrachten wir die priesterliche<lb/>
Würde mit dem Auge des Glaubens, so gibt es<lb/>
eine höhere Würde auf Erden nicht. Leider ur-<lb/>
theilen wir meist nur zu sehr blos nach dem<lb/>
Scheine; vielleicht tritt uns in manchen Priestern,<lb/>
welche wir kennen, das Bewußtsein und die Ab-<lb/>
prägung der priesterlichen Würde wenig in's Auge,<lb/>
sie wollen uns als ganz gewöhnliche Menschen er-<lb/>
scheinen, sind's auch vielleicht, weil sie, von der<lb/>
Hoheit ihres Berufes nicht durchdrungen, kein wahr-<lb/>
haft priesterliches Leben führen. So geschieht's<lb/>
denn, daß man von der priesterlichen Würde, die<lb/>
doch hoch ist, wie der Himmel, nur eine geringe<lb/>
Vorstellung hat, ja sie geringschätzt.</p>
            <p>Und dennoch &#x2013; sie ist hoch wie der Himmel.<lb/>
Ist ein kostbarer Edelstein darum weniger kostbar,<lb/>
weil der, welcher ihn besitzt, ihn nicht zu schätzen<lb/></p>
          </div>
        </body>
      </text>
    </group>
  </text>
</TEI>
[113/0324] Die Mutter eines Priesters. Wie hoch pflegt eine Mutter beglückt zu sein in der Erhebung und in dem Glücke ihres Sohnes! Der Sohn hat ein Amt bekommen, oder er ist durch eine Heirath in eine wohlhabende, angesehene Familie eingetreten, oder es ist ihm sonst eine Auszeichnung zu Theile geworden: Welche Freude für die Mutter, wie beglückend! Vollends, wenn sie das Bewußtsein hegen darf, daß ihr Sohn sein Glück auch ihr zu verdanken habe, daß die Art, wie sie ihn erzogen hat, der Weg gewesen zu seiner jetzigen Erhebung. Wie hoch daher die Beglückung einer christlichen Mutter, welche einen Sohn hat. der Priester ge- worden ist! Denn betrachten wir die priesterliche Würde mit dem Auge des Glaubens, so gibt es eine höhere Würde auf Erden nicht. Leider ur- theilen wir meist nur zu sehr blos nach dem Scheine; vielleicht tritt uns in manchen Priestern, welche wir kennen, das Bewußtsein und die Ab- prägung der priesterlichen Würde wenig in's Auge, sie wollen uns als ganz gewöhnliche Menschen er- scheinen, sind's auch vielleicht, weil sie, von der Hoheit ihres Berufes nicht durchdrungen, kein wahr- haft priesterliches Leben führen. So geschieht's denn, daß man von der priesterlichen Würde, die doch hoch ist, wie der Himmel, nur eine geringe Vorstellung hat, ja sie geringschätzt. Und dennoch – sie ist hoch wie der Himmel. Ist ein kostbarer Edelstein darum weniger kostbar, weil der, welcher ihn besitzt, ihn nicht zu schätzen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/324
Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/324>, abgerufen am 22.11.2024.