Liebe schuldig ist. "Ihr Männer", ermahnt der Herr, "liebet euere Frauen, wie Christus Seine Kirche liebet!" Und welcher christliche Vater liebte nicht seine Kinder? Also ein durch Liebe gemildertes und geleitetes Regiment; aber immer ein Regiment. Der Vater soll es handhaben; er muß es handhaben, soll anders das Werk der Erziehung wohl von stat- ten gehen.
Wo ist ein Staat auf Erden, der nicht seine Obrigkeit hätte? Jedermann sieht, daß es ohne dies nicht geht. Es muß, soll Ordnung und Ruhe be- stehen und das Wohl des Landes gedeihen, ein Kai- ser oder König oder eine oberste Behörde mit ihrem Präsidenten an der Spitze stehen; also eine Obrigkeit. Ihr Wille, in der Anerkennung der bestehenden oder in Erlassung neuer Gesetze ist maßgebend für Alle; sie wacht über die Beobachtung derselben und be- steht darauf; sie übt über die Widerstrebenden Straf- gewalt. So die weltliche Obrigkeit in den Staaten und in den irdischen Angelegenheiten. Aehnlich ist in der Kirche ein Oberhaupt über Alle, und Ober- hirten in den einzelnen Bezirken und gleichfalls Ge- setz und Vorschrift, Überwachung und Strafe. Es kann nicht anders, es muß so sein, soll ein staat- licher oder kirchlicher Verein bestehen und seinem Zwecke entsprechend die Wohlfahrt der Mitglieder, der Untergebenen begründen und fördern.
Ganz dieselbe Bewandtniß hat es mit der Fa- milie. Soll ihre Wohlfahrt gedeihen, soll also, was ja den Haupttheil der Wohlfahrt einer Familie aus- macht, die Erziehung der Kinder wohl von statten gehen, so muß es in ihr ähnlich sein, es muß ein Regiment in ihr bestehen, sie muß ein Oberhaupt
Liebe schuldig ist. „Ihr Männer“, ermahnt der Herr, „liebet euere Frauen, wie Christus Seine Kirche liebet!“ Und welcher christliche Vater liebte nicht seine Kinder? Also ein durch Liebe gemildertes und geleitetes Regiment; aber immer ein Regiment. Der Vater soll es handhaben; er muß es handhaben, soll anders das Werk der Erziehung wohl von stat- ten gehen.
Wo ist ein Staat auf Erden, der nicht seine Obrigkeit hätte? Jedermann sieht, daß es ohne dies nicht geht. Es muß, soll Ordnung und Ruhe be- stehen und das Wohl des Landes gedeihen, ein Kai- ser oder König oder eine oberste Behörde mit ihrem Präsidenten an der Spitze stehen; also eine Obrigkeit. Ihr Wille, in der Anerkennung der bestehenden oder in Erlassung neuer Gesetze ist maßgebend für Alle; sie wacht über die Beobachtung derselben und be- steht darauf; sie übt über die Widerstrebenden Straf- gewalt. So die weltliche Obrigkeit in den Staaten und in den irdischen Angelegenheiten. Aehnlich ist in der Kirche ein Oberhaupt über Alle, und Ober- hirten in den einzelnen Bezirken und gleichfalls Ge- setz und Vorschrift, Überwachung und Strafe. Es kann nicht anders, es muß so sein, soll ein staat- licher oder kirchlicher Verein bestehen und seinem Zwecke entsprechend die Wohlfahrt der Mitglieder, der Untergebenen begründen und fördern.
Ganz dieselbe Bewandtniß hat es mit der Fa- milie. Soll ihre Wohlfahrt gedeihen, soll also, was ja den Haupttheil der Wohlfahrt einer Familie aus- macht, die Erziehung der Kinder wohl von statten gehen, so muß es in ihr ähnlich sein, es muß ein Regiment in ihr bestehen, sie muß ein Oberhaupt
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Liebe schuldig ist. „Ihr Männer“, ermahnt der Herr,
„liebet euere Frauen, wie Christus Seine Kirche
liebet!“ Und welcher christliche Vater liebte nicht
seine Kinder? Also ein durch Liebe gemildertes und
geleitetes Regiment; aber immer ein Regiment.
Der Vater soll es handhaben; er muß es handhaben,
soll anders das Werk der Erziehung wohl von stat-
ten gehen.
Wo ist ein Staat auf Erden, der nicht seine
Obrigkeit hätte? Jedermann sieht, daß es ohne dies
nicht geht. Es muß, soll Ordnung und Ruhe be-
stehen und das Wohl des Landes gedeihen, ein Kai-
ser oder König oder eine oberste Behörde mit ihrem
Präsidenten an der Spitze stehen; also eine Obrigkeit.
Ihr Wille, in der Anerkennung der bestehenden oder
in Erlassung neuer Gesetze ist maßgebend für Alle;
sie wacht über die Beobachtung derselben und be-
steht darauf; sie übt über die Widerstrebenden Straf-
gewalt. So die weltliche Obrigkeit in den Staaten
und in den irdischen Angelegenheiten. Aehnlich ist
in der Kirche ein Oberhaupt über Alle, und Ober-
hirten in den einzelnen Bezirken und gleichfalls Ge-
setz und Vorschrift, Überwachung und Strafe. Es
kann nicht anders, es muß so sein, soll ein staat-
licher oder kirchlicher Verein bestehen und seinem
Zwecke entsprechend die Wohlfahrt der Mitglieder, der
Untergebenen begründen und fördern.
Ganz dieselbe Bewandtniß hat es mit der Fa-
milie. Soll ihre Wohlfahrt gedeihen, soll also, was
ja den Haupttheil der Wohlfahrt einer Familie aus-
macht, die Erziehung der Kinder wohl von statten
gehen, so muß es in ihr ähnlich sein, es muß ein
Regiment in ihr bestehen, sie muß ein Oberhaupt
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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/96>, abgerufen am 09.11.2024.
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