Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

XV. Betrachtung.
sein brennender Eifer für Gottes Ehre nöthigte ihn
so gar, von seinen höhern Vorrechten bisweilen Ge-
brauch zu machen, sich mit Nachdruck den eingeriß-
nen Mißbräuchen zu widersetzen, und die schädliche
Gewalt der jüdischen Lehrer einzuschränken und zu
vermindern; so daß seine Schüler jene Worte des
Psalmisten auf ihn anwandten: der Eifer um dein
Haus hat mich gefressen, das ist, er reibt mich auf.
*)
Man lese nur das drey und zwanzigste Kapitel Mat-
thäi, und bewundere den göttlichen Eifer, den maje-
stätischen Ernst, die heldenmüthige Unerschrockenheit,
womit er zur Warnung des betrognen Volks, sei-
nen Vorstehern die Larve der Heucheley abzog!

Wie schön wäre es nun nicht, wenn jeder Christ,
so wie sein Herr und Vorgänger, einen erleuchteten
Eifer für Gottes Ehre bewiese; wenn es sich jeder
angelegen seyn ließe, das Seinige zur bessern Er-
kenntniß und Verehrung Gottes beyzutragen; wenn
jeder das Glück, welches er selbst genießt, auch an-
dern zu verschaffen bemüht wäre! Zeige es also, lie-
ber Mitchrist, wie sehr dir die Verherrlichung deines
Gottes am Herzen liegt! freue dich, wenn du recht-
schaffene Verehrer Gottes kennen lernst; wenn du
siehest, daß wahre Gottesfurcht sich immer weiter
ausbreitet; wenn du hörest, daß sich ein Sünder be-
kehrt, daß sich ein Gefallener wieder aufrichtet, daß

die
*) Joh. 2, 27.

XV. Betrachtung.
ſein brennender Eifer für Gottes Ehre nöthigte ihn
ſo gar, von ſeinen höhern Vorrechten bisweilen Ge-
brauch zu machen, ſich mit Nachdruck den eingeriß-
nen Mißbräuchen zu widerſetzen, und die ſchädliche
Gewalt der jüdiſchen Lehrer einzuſchränken und zu
vermindern; ſo daß ſeine Schüler jene Worte des
Pſalmiſten auf ihn anwandten: der Eifer um dein
Haus hat mich gefreſſen, das iſt, er reibt mich auf.
*)
Man leſe nur das drey und zwanzigſte Kapitel Mat-
thäi, und bewundere den göttlichen Eifer, den maje-
ſtätiſchen Ernſt, die heldenmüthige Unerſchrockenheit,
womit er zur Warnung des betrognen Volks, ſei-
nen Vorſtehern die Larve der Heucheley abzog!

Wie ſchön wäre es nun nicht, wenn jeder Chriſt,
ſo wie ſein Herr und Vorgänger, einen erleuchteten
Eifer für Gottes Ehre bewieſe; wenn es ſich jeder
angelegen ſeyn ließe, das Seinige zur beſſern Er-
kenntniß und Verehrung Gottes beyzutragen; wenn
jeder das Glück, welches er ſelbſt genießt, auch an-
dern zu verſchaffen bemüht wäre! Zeige es alſo, lie-
ber Mitchriſt, wie ſehr dir die Verherrlichung deines
Gottes am Herzen liegt! freue dich, wenn du recht-
ſchaffene Verehrer Gottes kennen lernſt; wenn du
ſieheſt, daß wahre Gottesfurcht ſich immer weiter
ausbreitet; wenn du höreſt, daß ſich ein Sünder be-
kehrt, daß ſich ein Gefallener wieder aufrichtet, daß

die
*) Joh. 2, 27.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0120" n="94"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XV.</hi> Betrachtung.</fw><lb/>
&#x017F;ein brennender Eifer für Gottes Ehre nöthigte ihn<lb/>
&#x017F;o gar, von &#x017F;einen höhern Vorrechten bisweilen Ge-<lb/>
brauch zu machen, &#x017F;ich mit Nachdruck den eingeriß-<lb/>
nen Mißbräuchen zu wider&#x017F;etzen, und die &#x017F;chädliche<lb/>
Gewalt der jüdi&#x017F;chen Lehrer einzu&#x017F;chränken und zu<lb/>
vermindern; &#x017F;o daß &#x017F;eine Schüler jene Worte des<lb/>
P&#x017F;almi&#x017F;ten auf ihn anwandten: <hi rendition="#fr">der Eifer um dein<lb/>
Haus hat mich gefre&#x017F;&#x017F;en, das i&#x017F;t, er reibt mich auf.</hi><note place="foot" n="*)">Joh. 2, 27.</note><lb/>
Man le&#x017F;e nur das drey und zwanzig&#x017F;te Kapitel Mat-<lb/>
thäi, und bewundere den göttlichen Eifer, den maje-<lb/>
&#x017F;täti&#x017F;chen Ern&#x017F;t, die heldenmüthige Uner&#x017F;chrockenheit,<lb/>
womit er zur Warnung des betrognen Volks, &#x017F;ei-<lb/>
nen Vor&#x017F;tehern die Larve der Heucheley abzog!</p><lb/>
          <p>Wie &#x017F;chön wäre es nun nicht, wenn jeder Chri&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o wie &#x017F;ein Herr und Vorgänger, einen <hi rendition="#fr">erleuchteten</hi><lb/>
Eifer für Gottes Ehre bewie&#x017F;e; wenn es &#x017F;ich jeder<lb/>
angelegen &#x017F;eyn ließe, das Seinige zur be&#x017F;&#x017F;ern Er-<lb/>
kenntniß und Verehrung Gottes beyzutragen; wenn<lb/>
jeder das Glück, welches er &#x017F;elb&#x017F;t genießt, auch an-<lb/>
dern zu ver&#x017F;chaffen bemüht wäre! Zeige es al&#x017F;o, lie-<lb/>
ber Mitchri&#x017F;t, wie &#x017F;ehr dir die Verherrlichung deines<lb/>
Gottes am Herzen liegt! freue dich, wenn du recht-<lb/>
&#x017F;chaffene Verehrer Gottes kennen lern&#x017F;t; wenn du<lb/>
&#x017F;iehe&#x017F;t, daß wahre Gottesfurcht &#x017F;ich immer weiter<lb/>
ausbreitet; wenn du höre&#x017F;t, daß &#x017F;ich ein Sünder be-<lb/>
kehrt, daß &#x017F;ich ein Gefallener wieder aufrichtet, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0120] XV. Betrachtung. ſein brennender Eifer für Gottes Ehre nöthigte ihn ſo gar, von ſeinen höhern Vorrechten bisweilen Ge- brauch zu machen, ſich mit Nachdruck den eingeriß- nen Mißbräuchen zu widerſetzen, und die ſchädliche Gewalt der jüdiſchen Lehrer einzuſchränken und zu vermindern; ſo daß ſeine Schüler jene Worte des Pſalmiſten auf ihn anwandten: der Eifer um dein Haus hat mich gefreſſen, das iſt, er reibt mich auf. *) Man leſe nur das drey und zwanzigſte Kapitel Mat- thäi, und bewundere den göttlichen Eifer, den maje- ſtätiſchen Ernſt, die heldenmüthige Unerſchrockenheit, womit er zur Warnung des betrognen Volks, ſei- nen Vorſtehern die Larve der Heucheley abzog! Wie ſchön wäre es nun nicht, wenn jeder Chriſt, ſo wie ſein Herr und Vorgänger, einen erleuchteten Eifer für Gottes Ehre bewieſe; wenn es ſich jeder angelegen ſeyn ließe, das Seinige zur beſſern Er- kenntniß und Verehrung Gottes beyzutragen; wenn jeder das Glück, welches er ſelbſt genießt, auch an- dern zu verſchaffen bemüht wäre! Zeige es alſo, lie- ber Mitchriſt, wie ſehr dir die Verherrlichung deines Gottes am Herzen liegt! freue dich, wenn du recht- ſchaffene Verehrer Gottes kennen lernſt; wenn du ſieheſt, daß wahre Gottesfurcht ſich immer weiter ausbreitet; wenn du höreſt, daß ſich ein Sünder be- kehrt, daß ſich ein Gefallener wieder aufrichtet, daß die *) Joh. 2, 27.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/120
Zitationshilfe: Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/120>, abgerufen am 21.11.2024.