Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.XXXVIII. Betrachtung. wie sehr er von allen ehrgeizigen Absichten entferntwar; denn sonst würde er nicht bis ins dreyßigste Jahr in der Dunkelheit gelebt, er würde schon in sei- nen frühern Jahren durch die Anwendung seiner un- gemeinen Talente, sich die Bahn zu künftiger Ehre eröfnet haben. Ehe er aber sein großes Lehramt an- trat, ließ er sich von Johanne taufen, wobey er auf die feyerlichste Art den göttlichen Ruf zu diesem wich- tigen Geschäfte erhielt, wobey er recht öffentlich für den Sohn Gottes, für den Heiland und Herrn der Welt erklärt wurde, besonders durch die Stimme: das ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!*) Hierauf begab er sich, durch göttlichen An- trieb, in eine rauhe Wüste, zwischen Jerusalem und Jericho, welche von wilden Thieren bewohnt wurde, wo er sich vierzig Tage hindurch aufhielt. Hier in dieser Einsamkeit dachte er gewiß über den großen Beruf nach, dem er sich von nun an widmen sollte; hier befestigte er sich ohne Zweifel in den Gesinnun- gen, die sich zu demselben schickten; hier wurden die großen Entwürfe zu seiner redlichen Amtsführung gemacht; hier kamen die menschenfreundlichen Ent- schließungen zur Reife, denen er nachher getreu blieb. Hier dachte er darüber nach, wie er einem so verdor- benem Volke, als das Jsraelitische war, die göttlichen Lehren vortragen, und die ihm mitgetheilten höhern Geistes- *) Matth. 3, 17. Q 5
XXXVIII. Betrachtung. wie ſehr er von allen ehrgeizigen Abſichten entferntwar; denn ſonſt würde er nicht bis ins dreyßigſte Jahr in der Dunkelheit gelebt, er würde ſchon in ſei- nen frühern Jahren durch die Anwendung ſeiner un- gemeinen Talente, ſich die Bahn zu künftiger Ehre eröfnet haben. Ehe er aber ſein großes Lehramt an- trat, ließ er ſich von Johanne taufen, wobey er auf die feyerlichſte Art den göttlichen Ruf zu dieſem wich- tigen Geſchäfte erhielt, wobey er recht öffentlich für den Sohn Gottes, für den Heiland und Herrn der Welt erklärt wurde, beſonders durch die Stimme: das iſt mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe!*) Hierauf begab er ſich, durch göttlichen An- trieb, in eine rauhe Wüſte, zwiſchen Jeruſalem und Jericho, welche von wilden Thieren bewohnt wurde, wo er ſich vierzig Tage hindurch aufhielt. Hier in dieſer Einſamkeit dachte er gewiß über den großen Beruf nach, dem er ſich von nun an widmen ſollte; hier befeſtigte er ſich ohne Zweifel in den Geſinnun- gen, die ſich zu demſelben ſchickten; hier wurden die großen Entwürfe zu ſeiner redlichen Amtsführung gemacht; hier kamen die menſchenfreundlichen Ent- ſchließungen zur Reife, denen er nachher getreu blieb. Hier dachte er darüber nach, wie er einem ſo verdor- benem Volke, als das Jſraelitiſche war, die göttlichen Lehren vortragen, und die ihm mitgetheilten höhern Geiſtes- *) Matth. 3, 17. Q 5
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XXXVIII. Betrachtung.
wie ſehr er von allen ehrgeizigen Abſichten entfernt
war; denn ſonſt würde er nicht bis ins dreyßigſte
Jahr in der Dunkelheit gelebt, er würde ſchon in ſei-
nen frühern Jahren durch die Anwendung ſeiner un-
gemeinen Talente, ſich die Bahn zu künftiger Ehre
eröfnet haben. Ehe er aber ſein großes Lehramt an-
trat, ließ er ſich von Johanne taufen, wobey er auf
die feyerlichſte Art den göttlichen Ruf zu dieſem wich-
tigen Geſchäfte erhielt, wobey er recht öffentlich für
den Sohn Gottes, für den Heiland und Herrn der
Welt erklärt wurde, beſonders durch die Stimme:
das iſt mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen
habe! *) Hierauf begab er ſich, durch göttlichen An-
trieb, in eine rauhe Wüſte, zwiſchen Jeruſalem und
Jericho, welche von wilden Thieren bewohnt wurde,
wo er ſich vierzig Tage hindurch aufhielt. Hier in
dieſer Einſamkeit dachte er gewiß über den großen
Beruf nach, dem er ſich von nun an widmen ſollte;
hier befeſtigte er ſich ohne Zweifel in den Geſinnun-
gen, die ſich zu demſelben ſchickten; hier wurden die
großen Entwürfe zu ſeiner redlichen Amtsführung
gemacht; hier kamen die menſchenfreundlichen Ent-
ſchließungen zur Reife, denen er nachher getreu blieb.
Hier dachte er darüber nach, wie er einem ſo verdor-
benem Volke, als das Jſraelitiſche war, die göttlichen
Lehren vortragen, und die ihm mitgetheilten höhern
Geiſtes-
*) Matth. 3, 17.
Q 5
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