Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792.LVIII. Betrachtung. chen Dingen zu reden. Der Christ verbindet alsomit seinen Urtheilen über die Anstalten der Obrig- keit, Freymüthigkeit und Ehrfurcht, und erlaubt sich weder schriftlich noch mündlich etwas Anzügli- ches. Willig unterwirft er sich den Gesetzen des Vaterlandes, aber nicht aus Furcht vor der Strafe; denn so bald diese wegfiele, würde auch sein Gehorsam aufhören, sondern aus Gewissenstrieb*) und aus Gehorsam gegen Gott und Jesum. Nie wird er sich weigern, die gewöhnlichen Abgaben zu entrichten, weil er weis, daß sie zu den Bedürfnissen des Staa- tes nöthig sind, daß ohne sie die Wohlfahrt und Si- cherheit der ganzen Gesellschaft nicht erhalten werden kann, und wenn auch Fälle kommen, wo für ihn die öffentlichen Abgaben drückend werden: so entzieht er sich ihnen doch nicht, sondern opfert sein Privatin- teresse willig dem allgemeinen Besten auf. Ja der christliche Unterthan ist sogar bereit, sein Vaterland mit gewafneter Hand zu vertheidigen, so bald es nö- thig ist, und eben weil er Christ ist, wird es ihm auch nicht an Tapferkeit und Heldenmuth fehlen, son- dern er wird durch sein Beyspiel zeigen, wie sehr das Christenthum eine jede Tugend erhöhe und vollkomm- ner mache. Der Christ wird also seiner rechtmäßi- gen Obrigkeit gehorchen, und ihre Gesetze treulich beobachten, so lange sie mit den Gesetzen Gottes nicht streiten. Er wird den Höchsten preisen, wenn er *) Röm. 13, 5. B b 3
LVIII. Betrachtung. chen Dingen zu reden. Der Chriſt verbindet alſomit ſeinen Urtheilen über die Anſtalten der Obrig- keit, Freymüthigkeit und Ehrfurcht, und erlaubt ſich weder ſchriftlich noch mündlich etwas Anzügli- ches. Willig unterwirft er ſich den Geſetzen des Vaterlandes, aber nicht aus Furcht vor der Strafe; denn ſo bald dieſe wegfiele, würde auch ſein Gehorſam aufhören, ſondern aus Gewiſſenstrieb*) und aus Gehorſam gegen Gott und Jeſum. Nie wird er ſich weigern, die gewöhnlichen Abgaben zu entrichten, weil er weis, daß ſie zu den Bedürfniſſen des Staa- tes nöthig ſind, daß ohne ſie die Wohlfahrt und Si- cherheit der ganzen Geſellſchaft nicht erhalten werden kann, und wenn auch Fälle kommen, wo für ihn die öffentlichen Abgaben drückend werden: ſo entzieht er ſich ihnen doch nicht, ſondern opfert ſein Privatin- tereſſe willig dem allgemeinen Beſten auf. Ja der chriſtliche Unterthan iſt ſogar bereit, ſein Vaterland mit gewafneter Hand zu vertheidigen, ſo bald es nö- thig iſt, und eben weil er Chriſt iſt, wird es ihm auch nicht an Tapferkeit und Heldenmuth fehlen, ſon- dern er wird durch ſein Beyſpiel zeigen, wie ſehr das Chriſtenthum eine jede Tugend erhöhe und vollkomm- ner mache. Der Chriſt wird alſo ſeiner rechtmäßi- gen Obrigkeit gehorchen, und ihre Geſetze treulich beobachten, ſo lange ſie mit den Geſetzen Gottes nicht ſtreiten. Er wird den Höchſten preiſen, wenn er *) Röm. 13, 5. B b 3
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LVIII. Betrachtung.
chen Dingen zu reden. Der Chriſt verbindet alſo
mit ſeinen Urtheilen über die Anſtalten der Obrig-
keit, Freymüthigkeit und Ehrfurcht, und erlaubt
ſich weder ſchriftlich noch mündlich etwas Anzügli-
ches. Willig unterwirft er ſich den Geſetzen des
Vaterlandes, aber nicht aus Furcht vor der Strafe;
denn ſo bald dieſe wegfiele, würde auch ſein Gehorſam
aufhören, ſondern aus Gewiſſenstrieb *) und aus
Gehorſam gegen Gott und Jeſum. Nie wird er ſich
weigern, die gewöhnlichen Abgaben zu entrichten,
weil er weis, daß ſie zu den Bedürfniſſen des Staa-
tes nöthig ſind, daß ohne ſie die Wohlfahrt und Si-
cherheit der ganzen Geſellſchaft nicht erhalten werden
kann, und wenn auch Fälle kommen, wo für ihn die
öffentlichen Abgaben drückend werden: ſo entzieht er
ſich ihnen doch nicht, ſondern opfert ſein Privatin-
tereſſe willig dem allgemeinen Beſten auf. Ja der
chriſtliche Unterthan iſt ſogar bereit, ſein Vaterland
mit gewafneter Hand zu vertheidigen, ſo bald es nö-
thig iſt, und eben weil er Chriſt iſt, wird es ihm
auch nicht an Tapferkeit und Heldenmuth fehlen, ſon-
dern er wird durch ſein Beyſpiel zeigen, wie ſehr das
Chriſtenthum eine jede Tugend erhöhe und vollkomm-
ner mache. Der Chriſt wird alſo ſeiner rechtmäßi-
gen Obrigkeit gehorchen, und ihre Geſetze treulich
beobachten, ſo lange ſie mit den Geſetzen Gottes
nicht ſtreiten. Er wird den Höchſten preiſen, wenn
er
*) Röm. 13, 5.
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