Siebende Betrachtung. Regeln der Behutsamkeit in Absicht auf die Nachahmung Jesu.
1. Thessal. 5, 21.
Prüfet alles; und das Gute behaltet.
Das Beyspiel des Erlösers hat sehr viel Eigen- thümliches, das wir weder nachahmen können, noch nachahmen dürfen, woferne nicht ein schädlicher Mißverstand entstehen soll. Er that vieles, was wir nicht thun dürfen, weil wir das nicht sind, was er war, und weil seine erhabene Bestimmung nicht die unsrige ist. Er war der erhabene Sohn Gottes, und als solcher hatte er große Vorrechte, worauf sich viele seiner Handlungen gründeten. Daher kam es, daß er Wunder verrichtete, daß er in einem so entscheidenden Tone sprach, wenn er lehrte, er- mahnte oder warnte. Vermöge dieses seines göttli- chen Ansehens vertrieb er die Geldwechsler und Opfer- viehhändler aus dem Vorhofe der Heiden, die sich wie eine Räuberbande daselbst gelagert hatten,*) um Ge- winn von denen zu ziehn, die zur Feyer des Oster- festes gekommen waren, und die, wegen der großen Entfernung, kein Opfervieh hatten mitbringen kön- nen, oder die gegen ihr fremdes Geld jüdische gang- bare Münzen eintauschen mußten, um die gewöhnli-
chen
*) Luc. 19, 45. 46.
Siebende Betrachtung. Regeln der Behutſamkeit in Abſicht auf die Nachahmung Jeſu.
1. Theſſal. 5, 21.
Prüfet alles; und das Gute behaltet.
Das Beyſpiel des Erlöſers hat ſehr viel Eigen- thümliches, das wir weder nachahmen können, noch nachahmen dürfen, woferne nicht ein ſchädlicher Mißverſtand entſtehen ſoll. Er that vieles, was wir nicht thun dürfen, weil wir das nicht ſind, was er war, und weil ſeine erhabene Beſtimmung nicht die unſrige iſt. Er war der erhabene Sohn Gottes, und als ſolcher hatte er große Vorrechte, worauf ſich viele ſeiner Handlungen gründeten. Daher kam es, daß er Wunder verrichtete, daß er in einem ſo entſcheidenden Tone ſprach, wenn er lehrte, er- mahnte oder warnte. Vermöge dieſes ſeines göttli- chen Anſehens vertrieb er die Geldwechsler und Opfer- viehhändler aus dem Vorhofe der Heiden, die ſich wie eine Räuberbande daſelbſt gelagert hatten,*) um Ge- winn von denen zu ziehn, die zur Feyer des Oſter- feſtes gekommen waren, und die, wegen der großen Entfernung, kein Opfervieh hatten mitbringen kön- nen, oder die gegen ihr fremdes Geld jüdiſche gang- bare Münzen eintauſchen mußten, um die gewöhnli-
chen
*) Luc. 19, 45. 46.
<TEI><text><front><divtype="preface"><pbfacs="#f0062"n="36"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="2"><head>Siebende Betrachtung.<lb/>
Regeln der Behutſamkeit in Abſicht auf die<lb/>
Nachahmung Jeſu.</head><lb/><p><hirendition="#c">1. Theſſal. 5, 21.</hi></p><lb/><p><hirendition="#c">Prüfet alles; und das Gute behaltet.</hi></p><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>as Beyſpiel des Erlöſers hat ſehr viel <hirendition="#fr">Eigen-<lb/>
thümliches,</hi> das wir weder nachahmen können,<lb/>
noch nachahmen dürfen, woferne nicht ein ſchädlicher<lb/>
Mißverſtand entſtehen ſoll. Er that vieles, was wir<lb/>
nicht thun dürfen, weil wir das nicht ſind, was er<lb/>
war, und weil ſeine erhabene Beſtimmung nicht die<lb/>
unſrige iſt. Er war der <hirendition="#fr">erhabene Sohn Gottes,</hi><lb/>
und als ſolcher hatte er <hirendition="#fr">große Vorrechte, worauf<lb/>ſich viele ſeiner Handlungen gründeten.</hi> Daher<lb/>
kam es, daß er Wunder verrichtete, daß er in einem<lb/>ſo entſcheidenden Tone ſprach, wenn er lehrte, er-<lb/>
mahnte oder warnte. Vermöge dieſes ſeines göttli-<lb/>
chen Anſehens vertrieb er die Geldwechsler und Opfer-<lb/>
viehhändler aus dem Vorhofe der Heiden, die ſich wie<lb/>
eine Räuberbande daſelbſt gelagert hatten,<noteplace="foot"n="*)">Luc. 19, 45. 46.</note> um Ge-<lb/>
winn von denen zu ziehn, die zur Feyer des Oſter-<lb/>
feſtes gekommen waren, und die, wegen der großen<lb/>
Entfernung, kein Opfervieh hatten mitbringen kön-<lb/>
nen, oder die gegen ihr fremdes Geld jüdiſche gang-<lb/>
bare Münzen eintauſchen mußten, um die gewöhnli-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">chen</fw><lb/></p></div></div></front></text></TEI>
[36/0062]
Siebende Betrachtung.
Regeln der Behutſamkeit in Abſicht auf die
Nachahmung Jeſu.
1. Theſſal. 5, 21.
Prüfet alles; und das Gute behaltet.
Das Beyſpiel des Erlöſers hat ſehr viel Eigen-
thümliches, das wir weder nachahmen können,
noch nachahmen dürfen, woferne nicht ein ſchädlicher
Mißverſtand entſtehen ſoll. Er that vieles, was wir
nicht thun dürfen, weil wir das nicht ſind, was er
war, und weil ſeine erhabene Beſtimmung nicht die
unſrige iſt. Er war der erhabene Sohn Gottes,
und als ſolcher hatte er große Vorrechte, worauf
ſich viele ſeiner Handlungen gründeten. Daher
kam es, daß er Wunder verrichtete, daß er in einem
ſo entſcheidenden Tone ſprach, wenn er lehrte, er-
mahnte oder warnte. Vermöge dieſes ſeines göttli-
chen Anſehens vertrieb er die Geldwechsler und Opfer-
viehhändler aus dem Vorhofe der Heiden, die ſich wie
eine Räuberbande daſelbſt gelagert hatten, *) um Ge-
winn von denen zu ziehn, die zur Feyer des Oſter-
feſtes gekommen waren, und die, wegen der großen
Entfernung, kein Opfervieh hatten mitbringen kön-
nen, oder die gegen ihr fremdes Geld jüdiſche gang-
bare Münzen eintauſchen mußten, um die gewöhnli-
chen
*) Luc. 19, 45. 46.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Cramer, Johann Friedrich Heinrich: Ueber die Nachahmung Jesu. Ein Erbauungsbuch für Christen. Dresden, 1792, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_nachahmung_1792/62>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.