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Cubach, Michael: Einer gläubigen und andächtigen Seelen vermehrtes tägliches Bet- Buß- Lob- Und Danck-Opffer. Leipzig, 1699.

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Gebet eines Studiosi Philosophiä.
mir zwar nicht unbewust/ daß die Philosophia we-
gen des Mißbrauchs/ und wie sie bey den abergläu-
bigen Heyden gefunden worden/ in heiliger Schrifft
ein schlechtes Lob hat/ daß sie nemlich die Menschen
verführe/ und daß du sie wollest umbringen/ ver-
werffen/ und zur Thorheit machen. So weiß ich
doch auch/ daß sie in ihrem rechtmäßigen Brauch/
und wie sie bey uns Christen getrieben wird/ deine
sonderbare Gabe sey/ und grossen Nutzen schaffe.
Denn durch solch Philosophisch Erkäntniß kan man
wissen die Krafft der Elementen/ der Zeit Anfang/
Mittel und Ende/ wie der Tag zu-und abnehme/
wie die Zeit des Jahres sich ändere/ und wie das Jahr
herumb lauffe/ wie die Sterne stehen/ die Art der
zahmen und wilden Thiere/ wie der Wind so stür-
me/ und was die Leute im Sinne haben/ mancherley
Art der Pflantzen und Krafft der Wurtzeln/ und
was dergleichen herrliche Wissenschafften mehr
seyn/ dadurch du grosser GOtt in der Natur erkant/
gelobet und erhöhet wirst. Weil ich denn mein Ge-
müthe auff dieses nöthige und nützliche Studium
gewendet/ und darinnen etwas erbauliches zu be-
greiffen/ Begierde trage. So bitte ich dich kindlich
und demüthiglich/ du wollest mir darzu deine himm-
lische Weißheit verleihen/ welche alles weiß/ was
heimlich und verborgen ist/ daß sie mich auff ihren
Weg führe und regiere/ meinen blöden Verstand
erleuchte/ und mir/ was ich nicht weiß/ offenbahre/
was ich nicht verstehe/ erläutere. Weil aber deine
göttliche Weißheit nicht in eine boßhafftige Seele
kömmt/ noch in einem Leibe der Sünden unter-
worffen wohnet/ sondern sich für und für gibt in
die heiligen Seelen; So verleihe mir ein gotts-
fürchtiges Hertz/ daß ich mit andächtigem Gebet

mei-
P

Gebet eines Studioſi Philoſophiä.
mir zwar nicht unbewuſt/ daß die Philoſophia we-
gen des Mißbrauchs/ und wie ſie bey den abergläu-
bigen Heyden gefunden worden/ in heiliger Schrifft
ein ſchlechtes Lob hat/ daß ſie nemlich die Menſchen
verführe/ und daß du ſie wolleſt umbringen/ ver-
werffen/ und zur Thorheit machen. So weiß ich
doch auch/ daß ſie in ihrem rechtmäßigen Brauch/
und wie ſie bey uns Chriſten getrieben wird/ deine
ſonderbare Gabe ſey/ und groſſen Nutzen ſchaffe.
Denn durch ſolch Philoſophiſch Erkäntniß kan man
wiſſen die Krafft der Elementen/ der Zeit Anfang/
Mittel und Ende/ wie der Tag zu-und abnehme/
wie die Zeit des Jahres ſich ändere/ und wie das Jahꝛ
herumb lauffe/ wie die Sterne ſtehen/ die Art der
zahmen und wilden Thiere/ wie der Wind ſo ſtür-
me/ und was die Leute im Sinne haben/ mancherley
Art der Pflantzen und Krafft der Wurtzeln/ und
was dergleichen herrliche Wiſſenſchafften mehr
ſeyn/ dadurch du groſſer GOtt in der Natur erkant/
gelobet und erhöhet wirſt. Weil ich denn mein Ge-
müthe auff dieſes nöthige und nützliche Studium
gewendet/ und darinnen etwas erbauliches zu be-
greiffen/ Begierde trage. So bitte ich dich kindlich
und demüthiglich/ du wolleſt mir darzu deine himm-
liſche Weißheit verleihen/ welche alles weiß/ was
heimlich und verborgen iſt/ daß ſie mich auff ihren
Weg führe und regiere/ meinen blöden Verſtand
erleuchte/ und mir/ was ich nicht weiß/ offenbahre/
was ich nicht verſtehe/ erläutere. Weil aber deine
göttliche Weißheit nicht in eine boßhafftige Seele
kömmt/ noch in einem Leibe der Sünden unter-
worffen wohnet/ ſondern ſich für und für gibt in
die heiligen Seelen; So verleihe mir ein gotts-
fürchtiges Hertz/ daß ich mit andächtigem Gebet

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[225/0257] Gebet eines Studioſi Philoſophiä. mir zwar nicht unbewuſt/ daß die Philoſophia we- gen des Mißbrauchs/ und wie ſie bey den abergläu- bigen Heyden gefunden worden/ in heiliger Schrifft ein ſchlechtes Lob hat/ daß ſie nemlich die Menſchen verführe/ und daß du ſie wolleſt umbringen/ ver- werffen/ und zur Thorheit machen. So weiß ich doch auch/ daß ſie in ihrem rechtmäßigen Brauch/ und wie ſie bey uns Chriſten getrieben wird/ deine ſonderbare Gabe ſey/ und groſſen Nutzen ſchaffe. Denn durch ſolch Philoſophiſch Erkäntniß kan man wiſſen die Krafft der Elementen/ der Zeit Anfang/ Mittel und Ende/ wie der Tag zu-und abnehme/ wie die Zeit des Jahres ſich ändere/ und wie das Jahꝛ herumb lauffe/ wie die Sterne ſtehen/ die Art der zahmen und wilden Thiere/ wie der Wind ſo ſtür- me/ und was die Leute im Sinne haben/ mancherley Art der Pflantzen und Krafft der Wurtzeln/ und was dergleichen herrliche Wiſſenſchafften mehr ſeyn/ dadurch du groſſer GOtt in der Natur erkant/ gelobet und erhöhet wirſt. Weil ich denn mein Ge- müthe auff dieſes nöthige und nützliche Studium gewendet/ und darinnen etwas erbauliches zu be- greiffen/ Begierde trage. So bitte ich dich kindlich und demüthiglich/ du wolleſt mir darzu deine himm- liſche Weißheit verleihen/ welche alles weiß/ was heimlich und verborgen iſt/ daß ſie mich auff ihren Weg führe und regiere/ meinen blöden Verſtand erleuchte/ und mir/ was ich nicht weiß/ offenbahre/ was ich nicht verſtehe/ erläutere. Weil aber deine göttliche Weißheit nicht in eine boßhafftige Seele kömmt/ noch in einem Leibe der Sünden unter- worffen wohnet/ ſondern ſich für und für gibt in die heiligen Seelen; So verleihe mir ein gotts- fürchtiges Hertz/ daß ich mit andächtigem Gebet mei- P

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Zitationshilfe: Cubach, Michael: Einer gläubigen und andächtigen Seelen vermehrtes tägliches Bet- Buß- Lob- Und Danck-Opffer. Leipzig, 1699, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cubach_betbuch_1699/257>, abgerufen am 24.11.2024.