Cubach, Michael: Einer gläubigen und andächtigen Seelen vermehrtes tägliches Bet- Buß- Lob- Und Danck-Opffer. Leipzig, 1699.Gebet eines Philosophi. bessert und vermehret werden könne. Nicht ein ge-ringes ists auch/ den Unterscheid haben zwischen dem/ was ehrlich und lasterhafft/ löblich und schänd- lich/ der Tugend und Erbarkeit gemäß oder zuwider ist. Daß nun dieses alles ein Mensch weiß und verste- het/ das ist/ O lieber GOtt/ dein Geschenck und deine Gabe. Derowegen weil auch du/ liebster GOtt/ mir solche Geschenck und Gaben mitgetheilet hast/ so dan- cke ich dir billich dafür von Hertzen/ und bitte dich de- müthiglich/ hilff/ daß ich auch in dem rechten Schran- cken solcher Welt-Weißheit möge verbleiben/ mich nicht etwa lasse den Stoltz und Hoffart einnehmen/ und andere neben mir verachte/ denn das ist warlich ein greulicher Schandfleck an einem gelehrten Man- ne/ wenn er viel auf sich selbst hält/ und ihm einbildet/ ob er den Witz allein gefressen/ und seines gleichen an Geschickligkeit in der gantzen Welt nicht zu finden wäre. Ach an dieser Seuche seynd ihrer viel mehr ge- storben/ als an der Pestilentz/ denn du/ lieber GOtt/ hast ja iederzeit den Hochmuth geschändet/ und end- lich gestürtzet. Dar umb hilff/ daß ich mich dafür hü- ten/ mein Elend recht erkennen und gläuben lerne/ denn alles/ was ich habe/ habe ich allein von dir und deiner Gnade empfangen/ vielweniger laß mich in diesen gefährlichen Weg gerathen/ daß ich die Philo- sophiam und Welt-Weißheit deiner göttlichen Weiß- beit und Wort wolte vorziehen/ und dieselben zum Richter in Glaubens-Sachen gebrauchen/ denn solche Vermessenheit hat ihrer viel gestürtzet/ daß sie vom Licht in die Finsterniß/ von der Warheit in die Lügen und schreckliche Irrthum gefallen seynd/ sondern vielmehr/ weil die Philosophia allein mit weltlichen/ und der Vernunfft unterworffenen Dingen/ umbgehet/ die geistliche/ himmlische/ ewige Güter
Gebet eines Philoſophi. beſſert und vermehret werden könne. Nicht ein ge-ringes iſts auch/ den Unterſcheid haben zwiſchen dem/ was ehrlich und laſterhafft/ löblich und ſchänd- lich/ der Tugend und Erbarkeit gemäß oder zuwider iſt. Daß nun dieſes alles ein Menſch weiß und verſte- het/ das iſt/ O lieber GOtt/ dein Geſchenck und deine Gabe. Derowegen weil auch du/ liebſter GOtt/ mir ſolche Geſchenck und Gaben mitgetheilet haſt/ ſo dan- cke ich dir billich dafür von Hertzen/ und bitte dich de- müthiglich/ hilff/ daß ich auch in dem rechten Schran- cken ſolcher Welt-Weißheit möge verbleiben/ mich nicht etwa laſſe den Stoltz und Hoffart einnehmen/ und andere neben mir verachte/ denn das iſt warlich ein greulicher Schandfleck an einem gelehrten Man- ne/ wenn er viel auf ſich ſelbſt hält/ und ihm einbildet/ ob er den Witz allein gefreſſen/ und ſeines gleichen an Geſchickligkeit in der gantzen Welt nicht zu finden wäre. Ach an dieſer Seuche ſeynd ihrer viel mehr ge- ſtorben/ als an der Peſtilentz/ denn du/ lieber GOtt/ haſt ja iederzeit den Hochmuth geſchändet/ und end- lich geſtürtzet. Dar umb hilff/ daß ich mich dafür hü- ten/ mein Elend recht erkennen und gläuben lerne/ denn alles/ was ich habe/ habe ich allein von dir und deiner Gnade empfangen/ vielweniger laß mich in dieſen gefährlichen Weg gerathen/ daß ich die Philo- ſophiam und Welt-Weißheit deineꝛ göttlichen Weiß- beit und Wort wolte vorziehen/ und dieſelben zum Richter in Glaubens-Sachen gebrauchen/ denn ſolche Vermeſſenheit hat ihrer viel geſtürtzet/ daß ſie vom Licht in die Finſterniß/ von der Warheit in die Lügen und ſchreckliche Irrthum gefallen ſeynd/ ſondern vielmehr/ weil die Philoſophia allein mit weltlichen/ und der Vernunfft unterworffenen Dingen/ umbgehet/ die geiſtliche/ himmliſche/ ewige Güter
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Gebet eines Philoſophi.
beſſert und vermehret werden könne. Nicht ein ge-
ringes iſts auch/ den Unterſcheid haben zwiſchen
dem/ was ehrlich und laſterhafft/ löblich und ſchänd-
lich/ der Tugend und Erbarkeit gemäß oder zuwider
iſt. Daß nun dieſes alles ein Menſch weiß und verſte-
het/ das iſt/ O lieber GOtt/ dein Geſchenck und deine
Gabe. Derowegen weil auch du/ liebſter GOtt/ mir
ſolche Geſchenck und Gaben mitgetheilet haſt/ ſo dan-
cke ich dir billich dafür von Hertzen/ und bitte dich de-
müthiglich/ hilff/ daß ich auch in dem rechten Schran-
cken ſolcher Welt-Weißheit möge verbleiben/ mich
nicht etwa laſſe den Stoltz und Hoffart einnehmen/
und andere neben mir verachte/ denn das iſt warlich
ein greulicher Schandfleck an einem gelehrten Man-
ne/ wenn er viel auf ſich ſelbſt hält/ und ihm einbildet/
ob er den Witz allein gefreſſen/ und ſeines gleichen an
Geſchickligkeit in der gantzen Welt nicht zu finden
wäre. Ach an dieſer Seuche ſeynd ihrer viel mehr ge-
ſtorben/ als an der Peſtilentz/ denn du/ lieber GOtt/
haſt ja iederzeit den Hochmuth geſchändet/ und end-
lich geſtürtzet. Dar umb hilff/ daß ich mich dafür hü-
ten/ mein Elend recht erkennen und gläuben lerne/
denn alles/ was ich habe/ habe ich allein von dir und
deiner Gnade empfangen/ vielweniger laß mich in
dieſen gefährlichen Weg gerathen/ daß ich die Philo-
ſophiam und Welt-Weißheit deineꝛ göttlichen Weiß-
beit und Wort wolte vorziehen/ und dieſelben zum
Richter in Glaubens-Sachen gebrauchen/ denn
ſolche Vermeſſenheit hat ihrer viel geſtürtzet/ daß
ſie vom Licht in die Finſterniß/ von der Warheit
in die Lügen und ſchreckliche Irrthum gefallen
ſeynd/ ſondern vielmehr/ weil die Philoſophia allein
mit weltlichen/ und der Vernunfft unterworffenen
Dingen/ umbgehet/ die geiſtliche/ himmliſche/ ewige
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