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Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648.

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Die neunde Predigt/
re sollen stets offen stehen/ und weder Tag noch Nacht zuge-
schlossen werden/ daß der Heyden Macht zu dir gebracht/
und ihre Könige herzu geführet werden. Denn welche
Heyden oder Königreiche dir nicht dienen wollen/ die sol-
len umbkommen/ und die Heyden verwüstet werden. Die
Herrligkeit Libani sol an dich kommen/ Tannen/ Büchen
und Buchsbaum mit einander/ zu schmücken den Ort mei-
nes Heiligthumbs/ denn Jch wil die Stete meiner Füsse
herrlich machen.

Habt ihr nicht gelesen/ wie herrlich der zukünfftige Tempel
Ezech. 40.beschrieben wird? Ezech. 40. damit kan ja ewer angefangener Baw
nimmermehr überein kommen. Aber dis ist alles geistlich zu ver-
stehen/ und gehet auff die Erweiterung der Kirchen Newes Testa-
ments/ unter welchem das Evangelium solte geprediget wer-
Marc. 16, 15.
Rom.
11, 25.
den in aller Welt/ Marc. 16. v. 15. und die Fülle der Heyden ein-
gehen/
Rom. 11. v. 25. Da ist das Haus des Herrn nichts an-
1. Tim. 3, 15.ders/ als die Gemeine des lebendigen Gottes/ 1. Tim. 3. v. 15.
Darumb ist der Satan wol ein Ertz-Sophist/ wenn er die Sprüche
der heiligen Schrifft also verkehret. Kein Wunder ists/ daß die
Jüden in etwas sind irre gemacht worden: Aber GOtt hat solche
Einwürffe durch den Propheten Haggai ablehnen lassen. Heu-
tiges Tages gaffen auch manche auff eusserliche Dinge/ und gerah-
ten darüber in Zweifel/ oder verstossen sonsten mercklich. Etzliche/
wenn sie das grosse Gepränge in den Päbstischen Kirchen sehen/ wie
da alles auffs Ansehnlichste ist angeordnet/ also/ daß dem gemeinen
Manne die Augen überall gefüllet werden/ wissen sie nicht/ was sie
ihnen einbilden sollen. Da dencket mancher: Wie wenn das die
rechte Religion were? Es gehet gleichwol fein zu/ und werden die
Fest-Tage so statlich begangen. Aber daran liget es nicht eben:
das Reich GOttes kömbt nicht mit eusserlichen Geberden/
Luc. 17, 20.Luc. 17. v. 20. das ist: Es stehet nicht in eusserlichen Wercken/ die an
Stete/ Speise/ Kleider oder Person gebunden sind/ sondern im

Glau-

Die neunde Predigt/
re ſollen ſtets offen ſtehen/ und weder Tag noch Nacht zuge-
ſchloſſen werden/ daß der Heyden Macht zu dir gebracht/
und ihre Koͤnige herzu gefuͤhret werden. Denn welche
Heyden oder Koͤnigreiche dir nicht dienen wollen/ die ſol-
len umbkommen/ und die Heyden verwuͤſtet werden. Die
Herrligkeit Libani ſol an dich kommen/ Tannen/ Buͤchen
und Buchsbaum mit einander/ zu ſchmuͤcken den Ort mei-
nes Heiligthumbs/ denn Jch wil die Stete meiner Fuͤſſe
herrlich machen.

Habt ihr nicht geleſen/ wie herrlich der zukuͤnfftige Tempel
Ezech. 40.beſchrieben wird? Ezech. 40. damit kan ja ewer angefangener Baw
nimmermehr uͤberein kommen. Aber dis iſt alles geiſtlich zu ver-
ſtehen/ und gehet auff die Erweiterung der Kirchen Newes Teſta-
ments/ unter welchem das Evangelium ſolte geprediget wer-
Marc. 16, 15.
Rom.
11, 25.
den in aller Welt/ Marc. 16. v. 15. und die Fuͤlle der Heyden ein-
gehen/
Rom. 11. v. 25. Da iſt das Haus des Herrn nichts an-
1. Tim. 3, 15.ders/ als die Gemeine des lebendigen Gottes/ 1. Tim. 3. v. 15.
Darumb iſt der Satan wol ein Ertz-Sophiſt/ wenn er die Spruͤche
der heiligen Schrifft alſo verkehret. Kein Wunder iſts/ daß die
Juͤden in etwas ſind irre gemacht worden: Aber GOtt hat ſolche
Einwuͤrffe durch den Propheten Haggai ablehnen laſſen. Heu-
tiges Tages gaffen auch manche auff euſſerliche Dinge/ und gerah-
ten daruͤber in Zweifel/ oder verſtoſſen ſonſten mercklich. Etzliche/
wenn ſie das groſſe Gepraͤnge in den Paͤbſtiſchen Kirchen ſehen/ wie
da alles auffs Anſehnlichſte iſt angeordnet/ alſo/ daß dem gemeinen
Manne die Augen uͤberall gefuͤllet werden/ wiſſen ſie nicht/ was ſie
ihnen einbilden ſollen. Da dencket mancher: Wie wenn das die
rechte Religion were? Es gehet gleichwol fein zu/ und werden die
Feſt-Tage ſo ſtatlich begangen. Aber daran liget es nicht eben:
das Reich GOttes koͤmbt nicht mit euſſerlichen Geberden/
Luc. 17, 20.Luc. 17. v. 20. das iſt: Es ſtehet nicht in euſſerlichen Wercken/ die an
Stete/ Speiſe/ Kleider oder Perſon gebunden ſind/ ſondern im

Glau-
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[156/0176] Die neunde Predigt/ re ſollen ſtets offen ſtehen/ und weder Tag noch Nacht zuge- ſchloſſen werden/ daß der Heyden Macht zu dir gebracht/ und ihre Koͤnige herzu gefuͤhret werden. Denn welche Heyden oder Koͤnigreiche dir nicht dienen wollen/ die ſol- len umbkommen/ und die Heyden verwuͤſtet werden. Die Herrligkeit Libani ſol an dich kommen/ Tannen/ Buͤchen und Buchsbaum mit einander/ zu ſchmuͤcken den Ort mei- nes Heiligthumbs/ denn Jch wil die Stete meiner Fuͤſſe herrlich machen. Habt ihr nicht geleſen/ wie herrlich der zukuͤnfftige Tempel beſchrieben wird? Ezech. 40. damit kan ja ewer angefangener Baw nimmermehr uͤberein kommen. Aber dis iſt alles geiſtlich zu ver- ſtehen/ und gehet auff die Erweiterung der Kirchen Newes Teſta- ments/ unter welchem das Evangelium ſolte geprediget wer- den in aller Welt/ Marc. 16. v. 15. und die Fuͤlle der Heyden ein- gehen/ Rom. 11. v. 25. Da iſt das Haus des Herrn nichts an- ders/ als die Gemeine des lebendigen Gottes/ 1. Tim. 3. v. 15. Darumb iſt der Satan wol ein Ertz-Sophiſt/ wenn er die Spruͤche der heiligen Schrifft alſo verkehret. Kein Wunder iſts/ daß die Juͤden in etwas ſind irre gemacht worden: Aber GOtt hat ſolche Einwuͤrffe durch den Propheten Haggai ablehnen laſſen. Heu- tiges Tages gaffen auch manche auff euſſerliche Dinge/ und gerah- ten daruͤber in Zweifel/ oder verſtoſſen ſonſten mercklich. Etzliche/ wenn ſie das groſſe Gepraͤnge in den Paͤbſtiſchen Kirchen ſehen/ wie da alles auffs Anſehnlichſte iſt angeordnet/ alſo/ daß dem gemeinen Manne die Augen uͤberall gefuͤllet werden/ wiſſen ſie nicht/ was ſie ihnen einbilden ſollen. Da dencket mancher: Wie wenn das die rechte Religion were? Es gehet gleichwol fein zu/ und werden die Feſt-Tage ſo ſtatlich begangen. Aber daran liget es nicht eben: das Reich GOttes koͤmbt nicht mit euſſerlichen Geberden/ Luc. 17. v. 20. das iſt: Es ſtehet nicht in euſſerlichen Wercken/ die an Stete/ Speiſe/ Kleider oder Perſon gebunden ſind/ ſondern im Glau- Ezech. 40. Marc. 16, 15. Rom. 11, 25. 1. Tim. 3, 15. Luc. 17, 20.

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Zitationshilfe: Cundisius, Gottfried: Der Geistreiche Prophet Haggaj. Leipzig, 1648, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cundisius_predigten_1648/176>, abgerufen am 26.11.2024.