Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.stehen. Freilich ist auch die Zahl der Ausnahmen, also der 7*
stehen. Freilich ist auch die Zahl der Ausnahmen, also der 7*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0107" n="99"/> stehen. Freilich ist auch die Zahl der Ausnahmen, also der<lb/> Fälle, in denen entweder <hi rendition="#i">k</hi> und <hi rendition="#i">g</hi> vor <hi rendition="#i">i</hi> oder vorausgesetz-<lb/> tem <hi rendition="#i">e</hi> unangefochten bleiben, oder umgekehrt <hi rendition="#i">ḱ</hi> und <hi rendition="#i">ǵ</hi> vor <hi rendition="#i">a</hi>, <hi rendition="#i">u</hi><lb/> und vor Consonanten in befremdlichster Weise sich einstellen,<lb/> eine recht erhebliche. Man hat sich eifrig bemüht, diese Aus-<lb/> nahmen zu erklären und zwar theils aus der Geschichte der ein-<lb/> zelnen Formen, so wenn dem sanskr. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="san">giri</foreign></hi> (Berg) zd. <hi rendition="#i">gairi</hi> (aus<lb/><hi rendition="#i">gari</hi>) gegenüber steht. Offenbar ist <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="san">giri</foreign></hi> eine jüngere Form.<lb/> Das <hi rendition="#i">g</hi> blieb wahrscheinlich von der Zeit an, da auf das <hi rendition="#i">g</hi> ein<lb/> A-Laut folgte, etwa wie das attische <hi rendition="#i">η</hi> der Regel entgegen<lb/> in <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">χόρη</foreign></hi>, <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="ell">δέρη</foreign></hi> von der Zeit her blieb, da nach <hi rendition="#i">ρ</hi> ein zweiter<lb/> Consonant ertönte. Diese Erklärungsart, die man Atavismus<lb/> nennen könnte, überzeugt mich am meisten. Aber sie ist nur<lb/> auf einen kleinen Kreis von Wörtern anwendbar. Am häufig-<lb/> sten wird zur beliebteren Association gegriffen. Und wir sahen<lb/> ja im zweiten Abschnitt dieser Schrift, wie sehr dies Erklä-<lb/> rungsmittel, um im einzelnen Falle annehmbar zu sein, der<lb/> Prüfung bedarf. Es kann also da, wo es sich um Entfernung<lb/> unbequemer Ausnahmen und um den ersten Nachweis eines<lb/> Gesetzes handelt, am wenigsten überzeugen. Manche Auf-<lb/> stellungen dieser Art sucht zwar Joh. Schmidt sorgfältig zu<lb/> motiviren, so wenn er annimmt, Comparative und Superlative<lb/> hielten dann die regelrechte Palatisirung inne, wenn sie einem<lb/> Positiv mit Guttural formell ferner ständen, z. B. sanskr. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="san">ugrá-s</foreign></hi><lb/> (schrecklich), Comp. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="san">ōǵījans</foreign></hi>, folgten aber dem Laut des Posi-<lb/> tivs, wenn sie diesem ihrer Bildung nach näher ständen, z. B.<lb/> sanskr. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="san">laghú-s</foreign></hi> (leicht), Superl. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="san">lághisṭha-s</foreign></hi>. Aber es bleibt eine<lb/> grosse Anzahl von Fällen, in denen sich nichts der Art nach-<lb/> weisen lässt, wo also die Frage, warum in dem einen Fall die<lb/> angebliche Regel befolgt, in dem andern nicht befolgt wird,<lb/> völlig unbeantwortet bleibt. Das uralte <hi rendition="#i">k</hi> bleibt — unter der<lb/> Wirkung des oben so benannten Atavismus — selbst vor <hi rendition="#i">i</hi><lb/> bisweilen unverändert, z.B. sanskr. <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="san">kim</foreign></hi> (was?), Neutr. zu <hi rendition="#i"><foreign xml:lang="san">kas</foreign></hi><lb/> (wer?). Anderswo wuchern <hi rendition="#i">ḱ</hi> und <hi rendition="#i">ǵ</hi>, die man für rein laut-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">7*</fw><lb/><lb/> </p> </div> </body> </text> </TEI> [99/0107]
stehen. Freilich ist auch die Zahl der Ausnahmen, also der
Fälle, in denen entweder k und g vor i oder vorausgesetz-
tem e unangefochten bleiben, oder umgekehrt ḱ und ǵ vor a, u
und vor Consonanten in befremdlichster Weise sich einstellen,
eine recht erhebliche. Man hat sich eifrig bemüht, diese Aus-
nahmen zu erklären und zwar theils aus der Geschichte der ein-
zelnen Formen, so wenn dem sanskr. giri (Berg) zd. gairi (aus
gari) gegenüber steht. Offenbar ist giri eine jüngere Form.
Das g blieb wahrscheinlich von der Zeit an, da auf das g ein
A-Laut folgte, etwa wie das attische η der Regel entgegen
in χόρη, δέρη von der Zeit her blieb, da nach ρ ein zweiter
Consonant ertönte. Diese Erklärungsart, die man Atavismus
nennen könnte, überzeugt mich am meisten. Aber sie ist nur
auf einen kleinen Kreis von Wörtern anwendbar. Am häufig-
sten wird zur beliebteren Association gegriffen. Und wir sahen
ja im zweiten Abschnitt dieser Schrift, wie sehr dies Erklä-
rungsmittel, um im einzelnen Falle annehmbar zu sein, der
Prüfung bedarf. Es kann also da, wo es sich um Entfernung
unbequemer Ausnahmen und um den ersten Nachweis eines
Gesetzes handelt, am wenigsten überzeugen. Manche Auf-
stellungen dieser Art sucht zwar Joh. Schmidt sorgfältig zu
motiviren, so wenn er annimmt, Comparative und Superlative
hielten dann die regelrechte Palatisirung inne, wenn sie einem
Positiv mit Guttural formell ferner ständen, z. B. sanskr. ugrá-s
(schrecklich), Comp. ōǵījans, folgten aber dem Laut des Posi-
tivs, wenn sie diesem ihrer Bildung nach näher ständen, z. B.
sanskr. laghú-s (leicht), Superl. lághisṭha-s. Aber es bleibt eine
grosse Anzahl von Fällen, in denen sich nichts der Art nach-
weisen lässt, wo also die Frage, warum in dem einen Fall die
angebliche Regel befolgt, in dem andern nicht befolgt wird,
völlig unbeantwortet bleibt. Das uralte k bleibt — unter der
Wirkung des oben so benannten Atavismus — selbst vor i
bisweilen unverändert, z.B. sanskr. kim (was?), Neutr. zu kas
(wer?). Anderswo wuchern ḱ und ǵ, die man für rein laut-
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