Dieses betraf die Reformirten, ihre endliche Wiederein- setzung in einen geringen Theil ihrer seit so lange verlore- nen bürgerlichen Rechte, nicht als ob sie wieder Zutritt zu bürgerlichen Ämtern erhalten sollten, nur daß ihre Ehen, Geburten und Todesfälle künftig der gesetzlichen Anerkennung und Bezeugung nicht entbehrten. Das Par- lament ließ sich nicht aufhalten; es sagte sich in der- selben Sitzung von jedem Antheile an der Einzeichnung des Anleiheedicts aus dem Grunde los, weil die Stim- men nicht gezählt wären.
Tags darauf verwies der König den Herzog von Or- leans auf eines seiner Landgüter, ließ zwei Parlaments- räthe, Sabathier und Freteau auf die hierischen Inseln bringen. Das Parlament ward nach Versailles beschieden und sein Protest dort aus dem Protocoll ausgemerzt; und daß man sich ja nicht unterstehe ihn wiederherzustellen! Doch versichert der König zugleich, sein Wort wegen der Reichsstände, spätestens auf das Jahr 1791, werde ihm heilig seyn. Damit niemand bezweifeln könne, auf welcher Seite die gute Sache sey, ward Brienne mit dem Erzbis- thum Sens, weit reicher als sein bisheriges, der nicht minder habsüchtige Lamoignon mit einem großen Geldge- schenke belohnt. Das Parlament beschränkte sich auf einen 1788. Jan. 4.Beschluß gegen die Verhaftsbriefe, ganz im Allgemeinen, als streitend mit dem Staats- und dem Naturrechte. Allein auch diese kleine Genugthuung ward ihm aus seinem Pro- tocoll gestrichen. Aber es kam wieder und machte nun auf
Dieſes betraf die Reformirten, ihre endliche Wiederein- ſetzung in einen geringen Theil ihrer ſeit ſo lange verlore- nen bürgerlichen Rechte, nicht als ob ſie wieder Zutritt zu bürgerlichen Ämtern erhalten ſollten, nur daß ihre Ehen, Geburten und Todesfälle künftig der geſetzlichen Anerkennung und Bezeugung nicht entbehrten. Das Par- lament ließ ſich nicht aufhalten; es ſagte ſich in der- ſelben Sitzung von jedem Antheile an der Einzeichnung des Anleiheedicts aus dem Grunde los, weil die Stim- men nicht gezählt wären.
Tags darauf verwies der König den Herzog von Or- leans auf eines ſeiner Landgüter, ließ zwei Parlaments- räthe, Sabathier und Fréteau auf die hieriſchen Inſeln bringen. Das Parlament ward nach Verſailles beſchieden und ſein Proteſt dort aus dem Protocoll ausgemerzt; und daß man ſich ja nicht unterſtehe ihn wiederherzuſtellen! Doch verſichert der König zugleich, ſein Wort wegen der Reichsſtände, ſpäteſtens auf das Jahr 1791, werde ihm heilig ſeyn. Damit niemand bezweifeln könne, auf welcher Seite die gute Sache ſey, ward Brienne mit dem Erzbis- thum Sens, weit reicher als ſein bisheriges, der nicht minder habſüchtige Lamoignon mit einem großen Geldge- ſchenke belohnt. Das Parlament beſchränkte ſich auf einen 1788. Jan. 4.Beſchluß gegen die Verhaftsbriefe, ganz im Allgemeinen, als ſtreitend mit dem Staats- und dem Naturrechte. Allein auch dieſe kleine Genugthuung ward ihm aus ſeinem Pro- tocoll geſtrichen. Aber es kam wieder und machte nun auf
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0136"n="126"/>
Dieſes betraf die Reformirten, ihre endliche Wiederein-<lb/>ſetzung in einen geringen Theil ihrer ſeit ſo lange verlore-<lb/>
nen bürgerlichen Rechte, nicht als ob ſie wieder Zutritt<lb/>
zu bürgerlichen Ämtern erhalten ſollten, nur daß ihre<lb/>
Ehen, Geburten und Todesfälle künftig der geſetzlichen<lb/>
Anerkennung und Bezeugung nicht entbehrten. Das Par-<lb/>
lament ließ ſich nicht aufhalten; es ſagte ſich in der-<lb/>ſelben Sitzung von jedem Antheile an der Einzeichnung<lb/>
des Anleiheedicts aus dem Grunde los, weil die Stim-<lb/>
men nicht gezählt wären.</p><lb/><p>Tags darauf verwies der König den Herzog von Or-<lb/>
leans auf eines ſeiner Landgüter, ließ zwei Parlaments-<lb/>
räthe, Sabathier und Fréteau auf die hieriſchen Inſeln<lb/>
bringen. Das Parlament ward nach Verſailles beſchieden<lb/>
und ſein Proteſt dort aus dem Protocoll ausgemerzt; und<lb/>
daß man ſich ja nicht unterſtehe ihn wiederherzuſtellen!<lb/>
Doch verſichert der König zugleich, ſein Wort wegen der<lb/>
Reichsſtände, ſpäteſtens auf das Jahr 1791, werde ihm<lb/>
heilig ſeyn. Damit niemand bezweifeln könne, auf welcher<lb/>
Seite die gute Sache ſey, ward Brienne mit dem Erzbis-<lb/>
thum Sens, weit reicher als ſein bisheriges, der nicht<lb/>
minder habſüchtige Lamoignon mit einem großen Geldge-<lb/>ſchenke belohnt. Das Parlament beſchränkte ſich auf einen<lb/><noteplace="left">1788.<lb/>
Jan. 4.</note>Beſchluß gegen die Verhaftsbriefe, ganz im Allgemeinen,<lb/>
als ſtreitend mit dem Staats- und dem Naturrechte. Allein<lb/>
auch dieſe kleine Genugthuung ward ihm aus ſeinem Pro-<lb/>
tocoll geſtrichen. Aber es kam wieder und machte nun auf<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[126/0136]
Dieſes betraf die Reformirten, ihre endliche Wiederein-
ſetzung in einen geringen Theil ihrer ſeit ſo lange verlore-
nen bürgerlichen Rechte, nicht als ob ſie wieder Zutritt
zu bürgerlichen Ämtern erhalten ſollten, nur daß ihre
Ehen, Geburten und Todesfälle künftig der geſetzlichen
Anerkennung und Bezeugung nicht entbehrten. Das Par-
lament ließ ſich nicht aufhalten; es ſagte ſich in der-
ſelben Sitzung von jedem Antheile an der Einzeichnung
des Anleiheedicts aus dem Grunde los, weil die Stim-
men nicht gezählt wären.
Tags darauf verwies der König den Herzog von Or-
leans auf eines ſeiner Landgüter, ließ zwei Parlaments-
räthe, Sabathier und Fréteau auf die hieriſchen Inſeln
bringen. Das Parlament ward nach Verſailles beſchieden
und ſein Proteſt dort aus dem Protocoll ausgemerzt; und
daß man ſich ja nicht unterſtehe ihn wiederherzuſtellen!
Doch verſichert der König zugleich, ſein Wort wegen der
Reichsſtände, ſpäteſtens auf das Jahr 1791, werde ihm
heilig ſeyn. Damit niemand bezweifeln könne, auf welcher
Seite die gute Sache ſey, ward Brienne mit dem Erzbis-
thum Sens, weit reicher als ſein bisheriges, der nicht
minder habſüchtige Lamoignon mit einem großen Geldge-
ſchenke belohnt. Das Parlament beſchränkte ſich auf einen
Beſchluß gegen die Verhaftsbriefe, ganz im Allgemeinen,
als ſtreitend mit dem Staats- und dem Naturrechte. Allein
auch dieſe kleine Genugthuung ward ihm aus ſeinem Pro-
tocoll geſtrichen. Aber es kam wieder und machte nun auf
1788.
Jan. 4.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/136>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.