im Allgemeinen genehmigt, allein seine Dauer noch nicht bestimmt. Auf Barnave's Vorschlag beschloß man dieser Entscheidung so lange Anstand zu geben, bis die königliche Sanction der Beschlüsse vom 4ten August eingegangen wäre. War es aber weise oder auch nur anständig, Ver- fassungsbestimmungen so zu sagen von dem Wohlverhal- ten des Königs abhängig zu machen? Die königliche Ant- wort kam; sie rühmte den Geist jener Beschlüsse, sprach dabei Bedenken gegen einige Puncte in der mildesten Fas- sung aus, machte diese gerade nur als Bedenken, keines- wegs als Ablehnung geltend, als z. B. die financielle Schwierigkeit, gerade jetzt die Capitalien zurückzahlen zu müssen, mit welchen die Richterstellen erkauft worden, die Nothwendigkeit mit dem heiligen Stuhle wegen der abzu- schaffenden Annaten zuvörderst in Unterhandlung zu treten. Am tiefsten traf die Bemerkung über den Zehenten, so leise sie ausgesprochen war. Das Opfer, von Seiten der Geist- lichkeit gebracht, erhielt alles Lob; allein warum den Grundbesitzern ein Geschenk mit so vielen Millionen ma- chen? Warum nicht lieber diese zum allgemeinen Nutzen der bedrängten Staatscasse zuweisen? So gerecht diese Rüge war, sie konnte nicht ungelegener kommen, Mira- beau hatte durch ähnliche Äußerungen schon früher den Verdruß der Versammlung erregt. Man fühlte keine Nei- gung eine Übereilung einzusehen, die man außer Stand zu verbessern war. Denn schon war die Kunde von die- sen Beschlüssen durch ganz Frankreich erschollen, die kleinern
im Allgemeinen genehmigt, allein ſeine Dauer noch nicht beſtimmt. Auf Barnave’s Vorſchlag beſchloß man dieſer Entſcheidung ſo lange Anſtand zu geben, bis die königliche Sanction der Beſchlüſſe vom 4ten Auguſt eingegangen wäre. War es aber weiſe oder auch nur anſtändig, Ver- faſſungsbeſtimmungen ſo zu ſagen von dem Wohlverhal- ten des Königs abhängig zu machen? Die königliche Ant- wort kam; ſie rühmte den Geiſt jener Beſchlüſſe, ſprach dabei Bedenken gegen einige Puncte in der mildeſten Faſ- ſung aus, machte dieſe gerade nur als Bedenken, keines- wegs als Ablehnung geltend, als z. B. die financielle Schwierigkeit, gerade jetzt die Capitalien zurückzahlen zu müſſen, mit welchen die Richterſtellen erkauft worden, die Nothwendigkeit mit dem heiligen Stuhle wegen der abzu- ſchaffenden Annaten zuvörderſt in Unterhandlung zu treten. Am tiefſten traf die Bemerkung über den Zehenten, ſo leiſe ſie ausgeſprochen war. Das Opfer, von Seiten der Geiſt- lichkeit gebracht, erhielt alles Lob; allein warum den Grundbeſitzern ein Geſchenk mit ſo vielen Millionen ma- chen? Warum nicht lieber dieſe zum allgemeinen Nutzen der bedrängten Staatscaſſe zuweiſen? So gerecht dieſe Rüge war, ſie konnte nicht ungelegener kommen, Mira- beau hatte durch ähnliche Äußerungen ſchon früher den Verdruß der Verſammlung erregt. Man fühlte keine Nei- gung eine Übereilung einzuſehen, die man außer Stand zu verbeſſern war. Denn ſchon war die Kunde von die- ſen Beſchlüſſen durch ganz Frankreich erſchollen, die kleinern
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im Allgemeinen genehmigt, allein ſeine Dauer noch nicht
beſtimmt. Auf Barnave’s Vorſchlag beſchloß man dieſer
Entſcheidung ſo lange Anſtand zu geben, bis die königliche
Sanction der Beſchlüſſe vom 4ten Auguſt eingegangen
wäre. War es aber weiſe oder auch nur anſtändig, Ver-
faſſungsbeſtimmungen ſo zu ſagen von dem Wohlverhal-
ten des Königs abhängig zu machen? Die königliche Ant-
wort kam; ſie rühmte den Geiſt jener Beſchlüſſe, ſprach
dabei Bedenken gegen einige Puncte in der mildeſten Faſ-
ſung aus, machte dieſe gerade nur als Bedenken, keines-
wegs als Ablehnung geltend, als z. B. die financielle
Schwierigkeit, gerade jetzt die Capitalien zurückzahlen zu
müſſen, mit welchen die Richterſtellen erkauft worden, die
Nothwendigkeit mit dem heiligen Stuhle wegen der abzu-
ſchaffenden Annaten zuvörderſt in Unterhandlung zu treten.
Am tiefſten traf die Bemerkung über den Zehenten, ſo leiſe
ſie ausgeſprochen war. Das Opfer, von Seiten der Geiſt-
lichkeit gebracht, erhielt alles Lob; allein warum den
Grundbeſitzern ein Geſchenk mit ſo vielen Millionen ma-
chen? Warum nicht lieber dieſe zum allgemeinen Nutzen
der bedrängten Staatscaſſe zuweiſen? So gerecht dieſe
Rüge war, ſie konnte nicht ungelegener kommen, Mira-
beau hatte durch ähnliche Äußerungen ſchon früher den
Verdruß der Verſammlung erregt. Man fühlte keine Nei-
gung eine Übereilung einzuſehen, die man außer Stand
zu verbeſſern war. Denn ſchon war die Kunde von die-
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/282>, abgerufen am 25.11.2024.
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