waffnete Männer. Nun wird zwar gleich vom Stadthause in die Districte geschickt, die Nationalgarde aufgeboten, allein Gewalt mag man gegen die Weiber nicht brauchen, und so gelingt es den Rotten in das Stadthaus einzubre- chen, sich des Waffenvorraths dort zu bemächtigen. End- lich kommt Bewegung in den Haufen; ein junger Mann, Maillard, der sich bei Eroberung der Bastille ausgezeich- net, tritt an die Spitze, verspricht die Menge nach Ver- sailles zu führen, läßt Weiber und Männer, wohl 6000, unter Trommelschlag antreten. Hernach hat er vor Ge- richt ausgesagt, er habe das, weil er den Ruf: nach Versailles! gehört, lediglich zu dem Zwecke gethan, das Stadthaus zu befreien. Schon sind sie fort, da rücken von allen Seiten Nationalgarden auf den Greveplatz: es ist für die Ordnung hier nichts mehr zu thun, allein sie sel- ber schließen der Bewegung sich an; die besoldeten Com- pagnien führen das Wort. Als Lafayette herbeikommt, treten ihn Deputirte aus ihrer Mitte an, verlangen drin- gend, nach Versailles geführt zu werden, denn der Kö- nig müsse nach Paris. Dessen aber weigerte sich Lafayette, widerstand Stunden lang, auch als sein Leben bedroht ward; erst als ihm der Gemeinderath nicht allein die Vollmacht, sondern den Befehl dazu ertheilte und ihm zugleich vier seiner Mitglieder zugesellte, um die Wünsche der Hauptstadt dem Könige vorzutragen, gab er nach, doch unter der Bedingung daß die Hälfte der freiwilligen Nationalgarde ihn begleite. Denn mit ihrem Beistande
waffnete Männer. Nun wird zwar gleich vom Stadthauſe in die Diſtricte geſchickt, die Nationalgarde aufgeboten, allein Gewalt mag man gegen die Weiber nicht brauchen, und ſo gelingt es den Rotten in das Stadthaus einzubre- chen, ſich des Waffenvorraths dort zu bemächtigen. End- lich kommt Bewegung in den Haufen; ein junger Mann, Maillard, der ſich bei Eroberung der Baſtille ausgezeich- net, tritt an die Spitze, verſpricht die Menge nach Ver- ſailles zu führen, läßt Weiber und Männer, wohl 6000, unter Trommelſchlag antreten. Hernach hat er vor Ge- richt ausgeſagt, er habe das, weil er den Ruf: nach Verſailles! gehört, lediglich zu dem Zwecke gethan, das Stadthaus zu befreien. Schon ſind ſie fort, da rücken von allen Seiten Nationalgarden auf den Greveplatz: es iſt für die Ordnung hier nichts mehr zu thun, allein ſie ſel- ber ſchließen der Bewegung ſich an; die beſoldeten Com- pagnien führen das Wort. Als Lafayette herbeikommt, treten ihn Deputirte aus ihrer Mitte an, verlangen drin- gend, nach Verſailles geführt zu werden, denn der Kö- nig müſſe nach Paris. Deſſen aber weigerte ſich Lafayette, widerſtand Stunden lang, auch als ſein Leben bedroht ward; erſt als ihm der Gemeinderath nicht allein die Vollmacht, ſondern den Befehl dazu ertheilte und ihm zugleich vier ſeiner Mitglieder zugeſellte, um die Wünſche der Hauptſtadt dem Könige vorzutragen, gab er nach, doch unter der Bedingung daß die Hälfte der freiwilligen Nationalgarde ihn begleite. Denn mit ihrem Beiſtande
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waffnete Männer. Nun wird zwar gleich vom Stadthauſe
in die Diſtricte geſchickt, die Nationalgarde aufgeboten,
allein Gewalt mag man gegen die Weiber nicht brauchen,
und ſo gelingt es den Rotten in das Stadthaus einzubre-
chen, ſich des Waffenvorraths dort zu bemächtigen. End-
lich kommt Bewegung in den Haufen; ein junger Mann,
Maillard, der ſich bei Eroberung der Baſtille ausgezeich-
net, tritt an die Spitze, verſpricht die Menge nach Ver-
ſailles zu führen, läßt Weiber und Männer, wohl 6000,
unter Trommelſchlag antreten. Hernach hat er vor Ge-
richt ausgeſagt, er habe das, weil er den Ruf: nach
Verſailles! gehört, lediglich zu dem Zwecke gethan, das
Stadthaus zu befreien. Schon ſind ſie fort, da rücken von
allen Seiten Nationalgarden auf den Greveplatz: es iſt
für die Ordnung hier nichts mehr zu thun, allein ſie ſel-
ber ſchließen der Bewegung ſich an; die beſoldeten Com-
pagnien führen das Wort. Als Lafayette herbeikommt,
treten ihn Deputirte aus ihrer Mitte an, verlangen drin-
gend, nach Verſailles geführt zu werden, denn der Kö-
nig müſſe nach Paris. Deſſen aber weigerte ſich Lafayette,
widerſtand Stunden lang, auch als ſein Leben bedroht
ward; erſt als ihm der Gemeinderath nicht allein die
Vollmacht, ſondern den Befehl dazu ertheilte und ihm
zugleich vier ſeiner Mitglieder zugeſellte, um die Wünſche
der Hauptſtadt dem Könige vorzutragen, gab er nach,
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Nationalgarde ihn begleite. Denn mit ihrem Beiſtande
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/297>, abgerufen am 27.11.2024.
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