Grafen Lamark; an der anderen Seite stand diesesmal ein- leitend die Königin. Seit dem März dauerte die Unterhand- lung, am 10ten Mai gab Mirabeau seine Zusage. Er ver- pflichtete sich den wahren Interessen der Monarchie mit sei- nem ganzen Ansehn zu dienen, da er den Gedanken nicht er- trage, nur zu einer großen Zerstörung geholfen zu haben. Es genügt, um in seinen Sinn einzugehen, daß Alles, wozu er sich verpflichtete, auf der Grundlage dieses Satzes beruht: "Ich erkläre dem Könige daß ich eine Gegenrevolution für eben so gefährlich und verbrecherisch halte, wie ich von der anderen Seite für chimärisch jede Hoffnung und jeden Plan halte in Frankreich eine Regierung zu begründen, deren Haupt der nothwendigen Gewalt ermangelt dem Gesetze eine kräftige Vollziehung zu geben." Ludwig antwortete, er habe von jeher nur eine gesetzlich beschränkte Macht ge- wünscht. Dreiundvierzig Noten wurden seitdem zwischen dem Königspaare und Mirabeau gewechselt, einige Mi- nister ins Vertrauen gezogen, und Ende Mai erlangte Mirabeau eine geheime Unterredung mit der Königin in einem der königlichen Gärten. Beim Abschiede erbat er sich die Hand der Königin zum Kusse und rief: "Madame, die Monarchie ist gerettet." Sein Geist sprühte damals von Entwürfen und Hoffnungen: "Die Königin, schrieb er, ist der einzige Mann, den der König um sich hat."
Grafen Lamark; an der anderen Seite ſtand dieſesmal ein- leitend die Königin. Seit dem März dauerte die Unterhand- lung, am 10ten Mai gab Mirabeau ſeine Zuſage. Er ver- pflichtete ſich den wahren Intereſſen der Monarchie mit ſei- nem ganzen Anſehn zu dienen, da er den Gedanken nicht er- trage, nur zu einer großen Zerſtörung geholfen zu haben. Es genügt, um in ſeinen Sinn einzugehen, daß Alles, wozu er ſich verpflichtete, auf der Grundlage dieſes Satzes beruht: „Ich erkläre dem Könige daß ich eine Gegenrevolution für eben ſo gefährlich und verbrecheriſch halte, wie ich von der anderen Seite für chimäriſch jede Hoffnung und jeden Plan halte in Frankreich eine Regierung zu begründen, deren Haupt der nothwendigen Gewalt ermangelt dem Geſetze eine kräftige Vollziehung zu geben.“ Ludwig antwortete, er habe von jeher nur eine geſetzlich beſchränkte Macht ge- wünſcht. Dreiundvierzig Noten wurden ſeitdem zwiſchen dem Königspaare und Mirabeau gewechſelt, einige Mi- niſter ins Vertrauen gezogen, und Ende Mai erlangte Mirabeau eine geheime Unterredung mit der Königin in einem der königlichen Gärten. Beim Abſchiede erbat er ſich die Hand der Königin zum Kuſſe und rief: „Madame, die Monarchie iſt gerettet.“ Sein Geiſt ſprühte damals von Entwürfen und Hoffnungen: „Die Königin, ſchrieb er, iſt der einzige Mann, den der König um ſich hat.“
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Grafen Lamark; an der anderen Seite ſtand dieſesmal ein-
leitend die Königin. Seit dem März dauerte die Unterhand-
lung, am 10ten Mai gab Mirabeau ſeine Zuſage. Er ver-
pflichtete ſich den wahren Intereſſen der Monarchie mit ſei-
nem ganzen Anſehn zu dienen, da er den Gedanken nicht er-
trage, nur zu einer großen Zerſtörung geholfen zu haben. Es
genügt, um in ſeinen Sinn einzugehen, daß Alles, wozu er
ſich verpflichtete, auf der Grundlage dieſes Satzes beruht:
„Ich erkläre dem Könige daß ich eine Gegenrevolution für
eben ſo gefährlich und verbrecheriſch halte, wie ich von der
anderen Seite für chimäriſch jede Hoffnung und jeden Plan
halte in Frankreich eine Regierung zu begründen, deren
Haupt der nothwendigen Gewalt ermangelt dem Geſetze
eine kräftige Vollziehung zu geben.“ Ludwig antwortete,
er habe von jeher nur eine geſetzlich beſchränkte Macht ge-
wünſcht. Dreiundvierzig Noten wurden ſeitdem zwiſchen
dem Königspaare und Mirabeau gewechſelt, einige Mi-
niſter ins Vertrauen gezogen, und Ende Mai erlangte
Mirabeau eine geheime Unterredung mit der Königin in
einem der königlichen Gärten. Beim Abſchiede erbat er
ſich die Hand der Königin zum Kuſſe und rief: „Madame,
die Monarchie iſt gerettet.“ Sein Geiſt ſprühte damals
von Entwürfen und Hoffnungen: „Die Königin, ſchrieb
er, iſt der einzige Mann, den der König um ſich hat.“
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/334>, abgerufen am 30.11.2024.
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